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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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strigen Vortrag nochmahls wiederholte. Mei-
nes Bruders Erklärung war also diese: wie er
nicht läugnen könte, daß gegenwärtige seine Ge-
liebte, sein Hertz und Seele dergestalt eingenom-
men und gefesselt hätte, daß er ohne sie sich nicht
ferner lange mehr zu leben getrauete; ja er wolle
eher in das tieffste Meer springen, als die Hertzens-
Quaal erdulten, ohne sie zu leben. Was den
Punct der Religion anbeträffe; dieser könne
leicht abgehandelt und verglichen werden, indem
er gesonnen, sich so viel als möglich, zum Ziele
zu legen, allein seiner ihm angebohrnen Reli-
gi
on so gleich abzusagen, wäre voritzo sein Werck
gantz und gar nicht. Was im übrigen die gnädi-
gen Erklärungen des Herrn Gouverneurs anbe-
langete, so wäre zwar dieses und jenes dabey aus-
zusetzen oder zu erinnern; indem er kein Kerl wä-
re, der nach hohen Ehren und Würden strebte,
sondern mit seinem Stande zufrieden wäre, und
sich mit derjenigen Ehre begnügen liesse, welche
er sich zum öfftern mit Vergiessung seines Bluts
erworben; auch wäre ihm mit grossen Reichthü-
mern und Schätzen gar im geringsten nicht gedie-
net, sondern bloß nur eintzig und allein mit der ge-
liebten Person, indem er Reichthümer und Kost-
barkeiten satt und zur Gnüge, hoffentlich auf Le-
bens-Zeit hätte, da seines Bruders Freygebigkeit
ihn in den Stand gesetzt, daß er zu Hause ein ge-
ruhiges, honettes und stilles Leben führen könne,
mithin eben nicht ferner nöthig habe, sich in der
Welt herum zu strapaziren.

Dieses waren nun lauter Worte, die mir dem

Klan-

ſtrigen Vortrag nochmahls wiederholte. Mei-
nes Bruders Erklaͤrung war alſo dieſe: wie er
nicht laͤugnen koͤnte, daß gegenwaͤrtige ſeine Ge-
liebte, ſein Hertz und Seele dergeſtalt eingenom-
men und gefeſſelt haͤtte, daß er ohne ſie ſich nicht
ferner lange mehr zu leben getrauete; ja er wolle
eher in das tieffſte Meer ſpringen, als die Hertzens-
Quaal erdulten, ohne ſie zu leben. Was den
Punct der Religion anbetraͤffe; dieſer koͤnne
leicht abgehandelt und verglichen werden, indem
er geſonnen, ſich ſo viel als moͤglich, zum Ziele
zu legen, allein ſeiner ihm angebohrnen Reli-
gi
on ſo gleich abzuſagen, waͤre voritzo ſein Werck
gantz und gar nicht. Was im uͤbrigen die gnaͤdi-
gen Erklaͤrungen des Herrn Gouverneurs anbe-
langete, ſo waͤre zwar dieſes und jenes dabey aus-
zuſetzen oder zu erinnern; indem er kein Kerl waͤ-
re, der nach hohen Ehren und Wuͤrden ſtrebte,
ſondern mit ſeinem Stande zufrieden waͤre, und
ſich mit derjenigen Ehre begnuͤgen lieſſe, welche
er ſich zum oͤfftern mit Vergieſſung ſeines Bluts
erworben; auch waͤre ihm mit groſſen Reichthuͤ-
mern und Schaͤtzen gar im geringſten nicht gedie-
net, ſondern bloß nur eintzig und allein mit der ge-
liebten Perſon, indem er Reichthuͤmer und Koſt-
barkeiten ſatt und zur Gnuͤge, hoffentlich auf Le-
bens-Zeit haͤtte, da ſeines Bruders Freygebigkeit
ihn in den Stand geſetzt, daß er zu Hauſe ein ge-
ruhiges, honettes und ſtilles Leben fuͤhren koͤnne,
mithin eben nicht ferner noͤthig habe, ſich in der
Welt herum zu ſtrapaziren.

Dieſes waren nun lauter Worte, die mir dem

Klan-
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[175/0185] ſtrigen Vortrag nochmahls wiederholte. Mei- nes Bruders Erklaͤrung war alſo dieſe: wie er nicht laͤugnen koͤnte, daß gegenwaͤrtige ſeine Ge- liebte, ſein Hertz und Seele dergeſtalt eingenom- men und gefeſſelt haͤtte, daß er ohne ſie ſich nicht ferner lange mehr zu leben getrauete; ja er wolle eher in das tieffſte Meer ſpringen, als die Hertzens- Quaal erdulten, ohne ſie zu leben. Was den Punct der Religion anbetraͤffe; dieſer koͤnne leicht abgehandelt und verglichen werden, indem er geſonnen, ſich ſo viel als moͤglich, zum Ziele zu legen, allein ſeiner ihm angebohrnen Reli- gion ſo gleich abzuſagen, waͤre voritzo ſein Werck gantz und gar nicht. Was im uͤbrigen die gnaͤdi- gen Erklaͤrungen des Herrn Gouverneurs anbe- langete, ſo waͤre zwar dieſes und jenes dabey aus- zuſetzen oder zu erinnern; indem er kein Kerl waͤ- re, der nach hohen Ehren und Wuͤrden ſtrebte, ſondern mit ſeinem Stande zufrieden waͤre, und ſich mit derjenigen Ehre begnuͤgen lieſſe, welche er ſich zum oͤfftern mit Vergieſſung ſeines Bluts erworben; auch waͤre ihm mit groſſen Reichthuͤ- mern und Schaͤtzen gar im geringſten nicht gedie- net, ſondern bloß nur eintzig und allein mit der ge- liebten Perſon, indem er Reichthuͤmer und Koſt- barkeiten ſatt und zur Gnuͤge, hoffentlich auf Le- bens-Zeit haͤtte, da ſeines Bruders Freygebigkeit ihn in den Stand geſetzt, daß er zu Hauſe ein ge- ruhiges, honettes und ſtilles Leben fuͤhren koͤnne, mithin eben nicht ferner noͤthig habe, ſich in der Welt herum zu ſtrapaziren. Dieſes waren nun lauter Worte, die mir dem Klan-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/185>, abgerufen am 24.11.2024.