Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Pistolen und Flinten in die Lufft schiessen ließ,
den siebenden Tag fuhren oder ritten wir aufs
Land, und besahen bald diesen bald jenen Mayer-
hoff, allwo wir allezeit herrlich tractiret wurden,
den achten Tag war Ball und Masquerade, den
neundten Tag wurde uns eine Comoedie von den
Studenten und Gymnasiasten vorgestellet, die wir
Fremden allezeit reichlich beschenckten. Kurtz:
Es fället mir fast unmöglich, alle Veränderungen
der Lustbarkeiten zu beschreiben, und es wurde
kein eintziger Tag ausgesetzt, da nicht eine neue
Lust gemacht wurde, ausgenommen, die Sonn-
und Fest-Tage, an welchen alles sehr devot und
andächtig zugieng, und ohngeacht wir Protestan-
t
en zu seyn gar nicht läugneten, so gefiel doch dem
Gouverneur und seiner Familie, daß wir und
unsere Officiers ihre Kirche fleißig besuchten, aber
jedennoch, wie devot wir uns auch anstelleten, nie-
mahls eine Ceremonie mitmachten, die unserer
protestantischen Religion zuwider war, und wir
verspüreten nicht, daß ihnen diese oder jene Nach-
läßigkeit verdroß, sondern sie liessen uns in Glau-
bens-Sachen immer zu frieden, und disputirten
davon wenig oder gar nichts.

Unsere subalternen Officiers löseten einan-
der alle Tage ordentlich ab, so, daß sie einen Tag
bey uns und bey der Lust mit waren, am andern
Tage aber das Commando auf den Schiffen füh-
reten, welche mehrentheils alle 3. oder 4. Tage von
mir oder meinem Bruder Wechselsweise visitirt
wurden, um die Liebe unseres Volcks gegen uns
zu erhalten.

Allein

Piſtolen und Flinten in die Lufft ſchieſſen ließ,
den ſiebenden Tag fuhren oder ritten wir aufs
Land, und beſahen bald dieſen bald jenen Mayer-
hoff, allwo wir allezeit herrlich tractiret wurden,
den achten Tag war Ball und Maſquerade, den
neundten Tag wurde uns eine Comœdie von den
Studenten und Gymnaſiaſten vorgeſtellet, die wir
Fremden allezeit reichlich beſchenckten. Kurtz:
Es faͤllet mir faſt unmoͤglich, alle Veraͤnderungen
der Luſtbarkeiten zu beſchreiben, und es wurde
kein eintziger Tag ausgeſetzt, da nicht eine neue
Luſt gemacht wurde, ausgenommen, die Sonn-
und Feſt-Tage, an welchen alles ſehr devot und
andaͤchtig zugieng, und ohngeacht wir Proteſtan-
t
en zu ſeyn gar nicht laͤugneten, ſo gefiel doch dem
Gouverneur und ſeiner Familie, daß wir und
unſere Officiers ihre Kirche fleißig beſuchten, aber
jedennoch, wie devot wir uns auch anſtelleten, nie-
mahls eine Ceremonie mitmachten, die unſerer
proteſtantiſchen Religion zuwider war, und wir
verſpuͤreten nicht, daß ihnen dieſe oder jene Nach-
laͤßigkeit verdroß, ſondern ſie lieſſen uns in Glau-
bens-Sachen immer zu frieden, und diſputirten
davon wenig oder gar nichts.

Unſere ſubalternen Officiers loͤſeten einan-
der alle Tage ordentlich ab, ſo, daß ſie einen Tag
bey uns und bey der Luſt mit waren, am andern
Tage aber das Commando auf den Schiffen fuͤh-
reten, welche mehrentheils alle 3. oder 4. Tage von
mir oder meinem Bruder Wechſelsweiſe viſitirt
wurden, um die Liebe unſeres Volcks gegen uns
zu erhalten.

Allein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0153" n="143"/>
Pi&#x017F;tolen und Flinten in die Lufft &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en ließ,<lb/>
den &#x017F;iebenden Tag fuhren oder ritten wir aufs<lb/>
Land, und be&#x017F;ahen bald die&#x017F;en bald jenen Mayer-<lb/>
hoff, allwo wir allezeit herrlich <hi rendition="#aq">tractir</hi>et wurden,<lb/>
den achten Tag war Ball und <hi rendition="#aq">Ma&#x017F;querad</hi>e, den<lb/>
neundten Tag wurde uns eine <hi rendition="#aq">Com&#x0153;die</hi> von den<lb/><hi rendition="#aq">Student</hi>en und <hi rendition="#aq">Gymna&#x017F;ia&#x017F;t</hi>en vorge&#x017F;tellet, die wir<lb/>
Fremden allezeit reichlich be&#x017F;chenckten. Kurtz:<lb/>
Es fa&#x0364;llet mir fa&#x017F;t unmo&#x0364;glich, alle Vera&#x0364;nderungen<lb/>
der Lu&#x017F;tbarkeiten zu be&#x017F;chreiben, und es wurde<lb/>
kein eintziger Tag ausge&#x017F;etzt, da nicht eine neue<lb/>
Lu&#x017F;t gemacht wurde, ausgenommen, die Sonn-<lb/>
und Fe&#x017F;t-Tage, an welchen alles &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">devot</hi> und<lb/>
anda&#x0364;chtig zugieng, und ohngeacht wir <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;tan-<lb/>
t</hi>en zu &#x017F;eyn gar nicht la&#x0364;ugneten, &#x017F;o gefiel doch dem<lb/><hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> und &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Familie,</hi> daß wir und<lb/>
un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Officiers</hi> ihre Kirche fleißig be&#x017F;uchten, aber<lb/>
jedennoch, wie <hi rendition="#aq">devot</hi> wir uns auch an&#x017F;telleten, nie-<lb/>
mahls eine <hi rendition="#aq">Ceremonie</hi> mitmachten, die un&#x017F;erer<lb/><hi rendition="#aq">prote&#x017F;tanti</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Religi</hi>on zuwider war, und wir<lb/>
ver&#x017F;pu&#x0364;reten nicht, daß ihnen die&#x017F;e oder jene Nach-<lb/>
la&#x0364;ßigkeit verdroß, &#x017F;ondern &#x017F;ie lie&#x017F;&#x017F;en uns in Glau-<lb/>
bens-Sachen immer zu frieden, und <hi rendition="#aq">di&#x017F;putirt</hi>en<lb/>
davon wenig oder gar nichts.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">&#x017F;ubalter</hi>nen <hi rendition="#aq">Officiers</hi> lo&#x0364;&#x017F;eten einan-<lb/>
der alle Tage ordentlich ab, &#x017F;o, daß &#x017F;ie einen Tag<lb/>
bey uns und bey der Lu&#x017F;t mit waren, am andern<lb/>
Tage aber das <hi rendition="#aq">Commando</hi> auf den Schiffen fu&#x0364;h-<lb/>
reten, welche mehrentheils alle 3. oder 4. Tage von<lb/>
mir oder meinem Bruder Wech&#x017F;elswei&#x017F;e <hi rendition="#aq">vi&#x017F;itir</hi>t<lb/>
wurden, um die Liebe un&#x017F;eres Volcks gegen uns<lb/>
zu erhalten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Allein</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0153] Piſtolen und Flinten in die Lufft ſchieſſen ließ, den ſiebenden Tag fuhren oder ritten wir aufs Land, und beſahen bald dieſen bald jenen Mayer- hoff, allwo wir allezeit herrlich tractiret wurden, den achten Tag war Ball und Maſquerade, den neundten Tag wurde uns eine Comœdie von den Studenten und Gymnaſiaſten vorgeſtellet, die wir Fremden allezeit reichlich beſchenckten. Kurtz: Es faͤllet mir faſt unmoͤglich, alle Veraͤnderungen der Luſtbarkeiten zu beſchreiben, und es wurde kein eintziger Tag ausgeſetzt, da nicht eine neue Luſt gemacht wurde, ausgenommen, die Sonn- und Feſt-Tage, an welchen alles ſehr devot und andaͤchtig zugieng, und ohngeacht wir Proteſtan- ten zu ſeyn gar nicht laͤugneten, ſo gefiel doch dem Gouverneur und ſeiner Familie, daß wir und unſere Officiers ihre Kirche fleißig beſuchten, aber jedennoch, wie devot wir uns auch anſtelleten, nie- mahls eine Ceremonie mitmachten, die unſerer proteſtantiſchen Religion zuwider war, und wir verſpuͤreten nicht, daß ihnen dieſe oder jene Nach- laͤßigkeit verdroß, ſondern ſie lieſſen uns in Glau- bens-Sachen immer zu frieden, und diſputirten davon wenig oder gar nichts. Unſere ſubalternen Officiers loͤſeten einan- der alle Tage ordentlich ab, ſo, daß ſie einen Tag bey uns und bey der Luſt mit waren, am andern Tage aber das Commando auf den Schiffen fuͤh- reten, welche mehrentheils alle 3. oder 4. Tage von mir oder meinem Bruder Wechſelsweiſe viſitirt wurden, um die Liebe unſeres Volcks gegen uns zu erhalten. Allein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/153
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/153>, abgerufen am 22.11.2024.