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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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hohe Familie, geneigt auf und annehmen möchte:
Der Gouverneur schien gantz erstaunt zu seyn über
die Vielheit der schönen Sachen, sonderlich aber
war das Frauenzimmer gantz ausser sich selbst, als
sie die kostbaren Tücher, gold- und silberne, auch
andere Sorten Türkischer und Europaeischer, so
wohl sammetner, seydener, baumwollener, wöllener
und leinener Zeuge in die Augen bekamen.

Wie gesagt, der Gouverneur und alle die
Seinigen schienen gantz bestürtzt; derowegen sagte
ich nochmahls zu ihm: Ew. Excell. werden die
Gnade vor uns allerseits haben, und diese Kleinig-
keiten zum Praesent von uns anzunehmen geruhen.

Ey was! meine Brüder, (sagte der Gouver-
neur
hierauf) ihr müsset mich ohnfehlbar vor ei-
nen Mann ansehen, dessen beste Tugend der Geitz
und Wucher sey. Aber, nein! nicht also! dieses
wäre als ein Praesent vor einen König oder andern
grossen Fürsten zu rechnen, darum will ich euch nur
so viel sagen, daß mir vieles von euren schönen
Waaren und andern Sachen anstehet, darff ich
also bitten, so erlaubt mir das Auslesen unter allem
dem, was mir gefällig, damit ich die Sachen Morgen
mit Wagens kan abholen lassen. So bald wir des
Preises wegen einig worden, soll auch die baare
Zahlung parat da liegen. Jch sprach, Ew. Excell.
erlauben mir zu sagen, daß wir alle keine Kauffleu-
te seyn, die etwas zu verhandeln hätten, sondern es
ist dieses alles als ein kleines Praesent vor genossene
Ehre, Liebe und Güte zu betrachten, solten wir
aber so unglücklich seyn, von Jhnen und Dero hohen
Familie damit verschmähet zu werden, so haben

wir

hohe Familie, geneigt auf und annehmen moͤchte:
Der Gouverneur ſchien gantz erſtaunt zu ſeyn uͤber
die Vielheit der ſchoͤnen Sachen, ſonderlich aber
war das Frauenzimmer gantz auſſer ſich ſelbſt, als
ſie die koſtbaren Tuͤcher, gold- und ſilberne, auch
andere Sorten Tuͤrkiſcher und Europæiſcher, ſo
wohl ſammetner, ſeydener, baumwollener, woͤllener
und leinener Zeuge in die Augen bekamen.

Wie geſagt, der Gouverneur und alle die
Seinigen ſchienen gantz beſtuͤrtzt; derowegen ſagte
ich nochmahls zu ihm: Ew. Excell. werden die
Gnade vor uns allerſeits haben, und dieſe Kleinig-
keiten zum Præſent von uns anzunehmen geruhen.

Ey was! meine Bruͤder, (ſagte der Gouver-
neur
hierauf) ihr muͤſſet mich ohnfehlbar vor ei-
nen Mann anſehen, deſſen beſte Tugend der Geitz
und Wucher ſey. Aber, nein! nicht alſo! dieſes
waͤre als ein Præſent vor einen Koͤnig oder andern
groſſen Fuͤrſten zu rechnen, darum will ich euch nur
ſo viel ſagen, daß mir vieles von euren ſchoͤnen
Waaren und andern Sachen anſtehet, darff ich
alſo bitten, ſo erlaubt mir das Ausleſen unter allem
dem, was mir gefaͤllig, damit ich die Sachen Morgen
mit Wagens kan abholen laſſen. So bald wir des
Preiſes wegen einig worden, ſoll auch die baare
Zahlung parat da liegen. Jch ſprach, Ew. Excell.
erlauben mir zu ſagen, daß wir alle keine Kauffleu-
te ſeyn, die etwas zu verhandeln haͤtten, ſondern es
iſt dieſes alles als ein kleines Præſent vor genoſſene
Ehre, Liebe und Guͤte zu betrachten, ſolten wir
aber ſo ungluͤcklich ſeyn, von Jhnen und Dero hohen
Familie damit verſchmaͤhet zu werden, ſo haben

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[128/0138] hohe Familie, geneigt auf und annehmen moͤchte: Der Gouverneur ſchien gantz erſtaunt zu ſeyn uͤber die Vielheit der ſchoͤnen Sachen, ſonderlich aber war das Frauenzimmer gantz auſſer ſich ſelbſt, als ſie die koſtbaren Tuͤcher, gold- und ſilberne, auch andere Sorten Tuͤrkiſcher und Europæiſcher, ſo wohl ſammetner, ſeydener, baumwollener, woͤllener und leinener Zeuge in die Augen bekamen. Wie geſagt, der Gouverneur und alle die Seinigen ſchienen gantz beſtuͤrtzt; derowegen ſagte ich nochmahls zu ihm: Ew. Excell. werden die Gnade vor uns allerſeits haben, und dieſe Kleinig- keiten zum Præſent von uns anzunehmen geruhen. Ey was! meine Bruͤder, (ſagte der Gouver- neur hierauf) ihr muͤſſet mich ohnfehlbar vor ei- nen Mann anſehen, deſſen beſte Tugend der Geitz und Wucher ſey. Aber, nein! nicht alſo! dieſes waͤre als ein Præſent vor einen Koͤnig oder andern groſſen Fuͤrſten zu rechnen, darum will ich euch nur ſo viel ſagen, daß mir vieles von euren ſchoͤnen Waaren und andern Sachen anſtehet, darff ich alſo bitten, ſo erlaubt mir das Ausleſen unter allem dem, was mir gefaͤllig, damit ich die Sachen Morgen mit Wagens kan abholen laſſen. So bald wir des Preiſes wegen einig worden, ſoll auch die baare Zahlung parat da liegen. Jch ſprach, Ew. Excell. erlauben mir zu ſagen, daß wir alle keine Kauffleu- te ſeyn, die etwas zu verhandeln haͤtten, ſondern es iſt dieſes alles als ein kleines Præſent vor genoſſene Ehre, Liebe und Guͤte zu betrachten, ſolten wir aber ſo ungluͤcklich ſeyn, von Jhnen und Dero hohen Familie damit verſchmaͤhet zu werden, ſo haben wir

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/138>, abgerufen am 18.12.2024.