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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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biß ich über die Holländische Gräntze kam. Je-
doch, was will ich von Ruhe sagen, bey mir wol-
te sich gantz und gar keine Ruhe einsinden, denn
es war immer, als wenn der Schatten oder Geist,
des von mir erstochenen Bambo, um mich schweb-
te, und mich so wohl Tages als Nachts in meiner
Ruhe stöhrete, ohngeacht er selbst mehr Ursach an
seinem Tode war, als ich. Hätte ich, sprach ich
bey mir selbst, mich nach keinem Weibe umgese-
hen, so könte der vergnügtesten Menschen einer auf
der Welt seyn, denn ich hatte selbst feine Mittel,
einen austräglichen Dienst und gnädigen Herrn,
so aber bin bloß des Frauenzimmers wegen, um
die beyden letztern Stück gebracht, derowegen
will auch nunmehro, dieses gefährliche Geschlecht
zu vermeiden, nicht mehr im Lande bleiben, sondern
zu Schiffe gehen, vielleicht ist mir das Glück so
günstig, daß ich einmahl ein Admiral werde. Die-
ses waren meine damahligen Gedancken, um aber
wieder gutes Muths zu werden, nahm mir vor,
die berühmtesten Städte in diesem Lande zu bese-
hen, ließ mich ein Stück Geld nicht gereuen, son-
dern reisete mit meinem Diener von einer Stadt
zur andern, fand vieles, so mir wohl gefiel, und
endlich, weil ich meine Touren mit Fleiß also ein-
gerichtet, nahm ich den Weg nach Amsterdam,
um von dannen eine Reise nach Ost-Jndien zu
thun. Weil ich nun sehr curieux war, und je-
des Orts alles merckwürdige aufschrieb, so gingen
fast 4. Wochen hin, ehe ich in dieser volckreichen
und grossen Stadt herum kam.

Eines

biß ich uͤber die Hollaͤndiſche Graͤntze kam. Je-
doch, was will ich von Ruhe ſagen, bey mir wol-
te ſich gantz und gar keine Ruhe einſinden, denn
es war immer, als wenn der Schatten oder Geiſt,
des von mir erſtochenen Bambo, um mich ſchweb-
te, und mich ſo wohl Tages als Nachts in meiner
Ruhe ſtoͤhrete, ohngeacht er ſelbſt mehr Urſach an
ſeinem Tode war, als ich. Haͤtte ich, ſprach ich
bey mir ſelbſt, mich nach keinem Weibe umgeſe-
hen, ſo koͤnte der vergnuͤgteſten Menſchen einer auf
der Welt ſeyn, denn ich hatte ſelbſt feine Mittel,
einen austraͤglichen Dienſt und gnaͤdigen Herrn,
ſo aber bin bloß des Frauenzimmers wegen, um
die beyden letztern Stuͤck gebracht, derowegen
will auch nunmehro, dieſes gefaͤhrliche Geſchlecht
zu vermeiden, nicht mehr im Lande bleiben, ſondern
zu Schiffe gehen, vielleicht iſt mir das Gluͤck ſo
guͤnſtig, daß ich einmahl ein Admiral werde. Die-
ſes waren meine damahligen Gedancken, um aber
wieder gutes Muths zu werden, nahm mir vor,
die beruͤhmteſten Staͤdte in dieſem Lande zu beſe-
hen, ließ mich ein Stuͤck Geld nicht gereuen, ſon-
dern reiſete mit meinem Diener von einer Stadt
zur andern, fand vieles, ſo mir wohl gefiel, und
endlich, weil ich meine Touren mit Fleiß alſo ein-
gerichtet, nahm ich den Weg nach Amſterdam,
um von dannen eine Reiſe nach Oſt-Jndien zu
thun. Weil ich nun ſehr curieux war, und je-
des Orts alles merckwuͤrdige aufſchrieb, ſo gingen
faſt 4. Wochen hin, ehe ich in dieſer volckreichen
und groſſen Stadt herum kam.

Eines
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[454/0462] biß ich uͤber die Hollaͤndiſche Graͤntze kam. Je- doch, was will ich von Ruhe ſagen, bey mir wol- te ſich gantz und gar keine Ruhe einſinden, denn es war immer, als wenn der Schatten oder Geiſt, des von mir erſtochenen Bambo, um mich ſchweb- te, und mich ſo wohl Tages als Nachts in meiner Ruhe ſtoͤhrete, ohngeacht er ſelbſt mehr Urſach an ſeinem Tode war, als ich. Haͤtte ich, ſprach ich bey mir ſelbſt, mich nach keinem Weibe umgeſe- hen, ſo koͤnte der vergnuͤgteſten Menſchen einer auf der Welt ſeyn, denn ich hatte ſelbſt feine Mittel, einen austraͤglichen Dienſt und gnaͤdigen Herrn, ſo aber bin bloß des Frauenzimmers wegen, um die beyden letztern Stuͤck gebracht, derowegen will auch nunmehro, dieſes gefaͤhrliche Geſchlecht zu vermeiden, nicht mehr im Lande bleiben, ſondern zu Schiffe gehen, vielleicht iſt mir das Gluͤck ſo guͤnſtig, daß ich einmahl ein Admiral werde. Die- ſes waren meine damahligen Gedancken, um aber wieder gutes Muths zu werden, nahm mir vor, die beruͤhmteſten Staͤdte in dieſem Lande zu beſe- hen, ließ mich ein Stuͤck Geld nicht gereuen, ſon- dern reiſete mit meinem Diener von einer Stadt zur andern, fand vieles, ſo mir wohl gefiel, und endlich, weil ich meine Touren mit Fleiß alſo ein- gerichtet, nahm ich den Weg nach Amſterdam, um von dannen eine Reiſe nach Oſt-Jndien zu thun. Weil ich nun ſehr curieux war, und je- des Orts alles merckwuͤrdige aufſchrieb, ſo gingen faſt 4. Wochen hin, ehe ich in dieſer volckreichen und groſſen Stadt herum kam. Eines

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/462>, abgerufen am 25.11.2024.