stehen muß, daß mir noch biß auf diesen Augenblick ohnmöglich fällt, euch zu lieben. Wegen eures An- erbietens din ich euch gar sehr und mit noch mehrerer Hochachtung, als vorhero, verbunden, werde mich aber dessen nicht bedienen, denn, wenn es auch vor- itzo euer würcklicher Ernst seyn möchte, so habe ich doch vernommen, daß die Männer heute so, und Morgen gantz anders gesinnet seyn sollen; dem- nach wird es mir als eines Gebundenen hinführo besser anstehen, wenn ich euch bey vorhabenden Di- vertissements jederzeit erstlich um Erlaubniß bitte, Seiten meiner aber könnet ihr vollkommen versi- chert leben, daß ich mich niemahls um euer Wesen bekümmern werde, ausgenommen, was meine Schuldigkeit im Hause erfodert, damit ich euch wenigstens die äuserliche Complaisance abverdie- nen kan. Jch war mit dieser Antwort vergnügt, und betheurete nochmahls, daß sie sich, ohne Furcht vor mir zu haben, aller Freyheit bedienen möchte, indem ich ohnmöglich leiden könte, daß eine Per- son von ihrem Stande und Jahren meinetwegen unglücklich und unvergnügt leben solte. Hierauf verließ ich sie, und bemerckte wenige Zeit hernach, daß sie öffter, als sonsten in Gesellschafften fuhr, sonderlich wo ihr Amant der Vicomte von T. an- zutreffen war. Mir erweckte dieses mehr Zufrie- denheit als Verdruß, und so offt ich ihn, den Vi- comte, in meinem Hause angetroffen, ist er allezeit von mir höflich und freundlich tractirt worden, wie ich ihn denn auch zu allen Assambleen, die nachhero in meinem Hause gehalten sind, invitiren lassen, und vor vielen andern distiguirt habe. Allein,
er
ſtehen muß, daß mir noch biß auf dieſen Augenblick ohnmoͤglich faͤllt, euch zu lieben. Wegen eures An- erbietens din ich euch gar ſehr und mit noch mehrerer Hochachtung, als vorhero, verbunden, werde mich aber deſſen nicht bedienen, denn, wenn es auch vor- itzo euer wuͤrcklicher Ernſt ſeyn moͤchte, ſo habe ich doch vernommen, daß die Maͤnner heute ſo, und Morgen gantz anders geſinnet ſeyn ſollen; dem- nach wird es mir als eines Gebundenen hinfuͤhro beſſer anſtehen, wenn ich euch bey vorhabenden Di- vertiſſements jederzeit erſtlich um Erlaubniß bitte, Seiten meiner aber koͤnnet ihr vollkommen verſi- chert leben, daß ich mich niemahls um euer Weſen bekuͤmmern werde, ausgenommen, was meine Schuldigkeit im Hauſe erfodert, damit ich euch wenigſtens die aͤuſerliche Complaiſance abverdie- nen kan. Jch war mit dieſer Antwort vergnuͤgt, und betheurete nochmahls, daß ſie ſich, ohne Furcht vor mir zu haben, aller Freyheit bedienen moͤchte, indem ich ohnmoͤglich leiden koͤnte, daß eine Per- ſon von ihrem Stande und Jahren meinetwegen ungluͤcklich und unvergnuͤgt leben ſolte. Hierauf verließ ich ſie, und bemerckte wenige Zeit hernach, daß ſie oͤffter, als ſonſten in Geſellſchafften fuhr, ſonderlich wo ihr Amant der Vicomte von T. an- zutreffen war. Mir erweckte dieſes mehr Zufrie- denheit als Verdruß, und ſo offt ich ihn, den Vi- comte, in meinem Hauſe angetroffen, iſt er allezeit von mir hoͤflich und freundlich tractirt worden, wie ich ihn denn auch zu allen Aſſambleen, die nachhero in meinem Hauſe gehalten ſind, invitiren laſſen, und vor vielen andern diſtiguirt habe. Allein,
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ſtehen muß, daß mir noch biß auf dieſen Augenblick
ohnmoͤglich faͤllt, euch zu lieben. Wegen eures An-
erbietens din ich euch gar ſehr und mit noch mehrerer
Hochachtung, als vorhero, verbunden, werde mich
aber deſſen nicht bedienen, denn, wenn es auch vor-
itzo euer wuͤrcklicher Ernſt ſeyn moͤchte, ſo habe ich
doch vernommen, daß die Maͤnner heute ſo, und
Morgen gantz anders geſinnet ſeyn ſollen; dem-
nach wird es mir als eines Gebundenen hinfuͤhro
beſſer anſtehen, wenn ich euch bey vorhabenden Di-
vertiſſements jederzeit erſtlich um Erlaubniß bitte,
Seiten meiner aber koͤnnet ihr vollkommen verſi-
chert leben, daß ich mich niemahls um euer Weſen
bekuͤmmern werde, ausgenommen, was meine
Schuldigkeit im Hauſe erfodert, damit ich euch
wenigſtens die aͤuſerliche Complaiſance abverdie-
nen kan. Jch war mit dieſer Antwort vergnuͤgt,
und betheurete nochmahls, daß ſie ſich, ohne Furcht
vor mir zu haben, aller Freyheit bedienen moͤchte,
indem ich ohnmoͤglich leiden koͤnte, daß eine Per-
ſon von ihrem Stande und Jahren meinetwegen
ungluͤcklich und unvergnuͤgt leben ſolte. Hierauf
verließ ich ſie, und bemerckte wenige Zeit hernach,
daß ſie oͤffter, als ſonſten in Geſellſchafften fuhr,
ſonderlich wo ihr Amant der Vicomte von T. an-
zutreffen war. Mir erweckte dieſes mehr Zufrie-
denheit als Verdruß, und ſo offt ich ihn, den Vi-
comte, in meinem Hauſe angetroffen, iſt er allezeit
von mir hoͤflich und freundlich tractirt worden, wie
ich ihn denn auch zu allen Aſſambleen, die nachhero
in meinem Hauſe gehalten ſind, invitiren laſſen,
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/406>, abgerufen am 23.11.2024.
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