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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Mädgen und einen Laqueyen. Unter der Zeit, da
ich die Marquise im Garten herum führete, hatte
das Mädgen oben in einem Zimmer des Garten-
Hauses allerhand Erfrischungen zurechte gesetzt, de-
rowegen begaben wir uns hinauf, selbige zu versu-
chen. Das Mägdgen nahm sich eine Bouteil-
le Limonade
und Schachtel voll Confect aus der
Kiste, machte einen Reverentz, und sagte: Meine
Engels-Kinder! sie lassen sich es wohl schmecken,
und sorgen vor nichts, ich will mit diesen meinem
Gewehr vor der Thür am Fenster Schild-Wacht
stehen, und wenn ich jemanden auf das Lust-Hauß
zukommen sehe, Wer da? ruffen. Die Marquise
lachte so wohl als ich über das närrische Ding, wel-
ches würcklich zum Zimmer hinaus ging, den Schlüs-
sel davon abzog und herein warff. Wir fingen
hierauf an das Confect der Liebe zu benaschen,
der Appetit aber hierzu ward endlich so starck, daß
wir die beschwerlichsten Kleidungs-Stücke ab-
uns alle beyde auf das zur Seiten stehende Faul-
Bette legten, und unserer Wollust den Zügel voll-
kommen schiessen liessen. Jndem stieß der Mar-
quis
von R - - eine kleine Cabinet-Thür auf, kam,
in jeder Hand ein aufgezogenes Pistol habend, her-
aus gesprungen, hielt das eine mir, das andere
seiner Frau gegen die Brust, und sagte: Regt euch
nicht, sondern betet, denn ihr müsset beyde ster-
ben. Jch kan wohl sagen, daß mir alle Gedancken
vergingen, weiß auch nicht recht mehr, was die
Marquise zu ihrem Manne sagte, und ihn damit be-
wegte, daß er zu lachen anfing, und mit seinen Pi-
stolen zur Thür des Zimmers hinaus ging. Sie

sprung
(B b 5)

Maͤdgen und einen Laqueyen. Unter der Zeit, da
ich die Marquiſe im Garten herum fuͤhrete, hatte
das Maͤdgen oben in einem Zimmer des Garten-
Hauſes allerhand Erfriſchungen zurechte geſetzt, de-
rowegen begaben wir uns hinauf, ſelbige zu verſu-
chen. Das Maͤgdgen nahm ſich eine Bouteil-
le Limonade
und Schachtel voll Confect aus der
Kiſte, machte einen Reverentz, und ſagte: Meine
Engels-Kinder! ſie laſſen ſich es wohl ſchmecken,
und ſorgen vor nichts, ich will mit dieſen meinem
Gewehr vor der Thuͤr am Fenſter Schild-Wacht
ſtehen, und wenn ich jemanden auf das Luſt-Hauß
zukommen ſehe, Wer da? ruffen. Die Marquiſe
lachte ſo wohl als ich uͤber das naͤrriſche Ding, wel-
ches wuͤrcklich zum Zimmer hinaus ging, den Schluͤſ-
ſel davon abzog und herein warff. Wir fingen
hierauf an das Confect der Liebe zu benaſchen,
der Appetit aber hierzu ward endlich ſo ſtarck, daß
wir die beſchwerlichſten Kleidungs-Stuͤcke ab-
uns alle beyde auf das zur Seiten ſtehende Faul-
Bette legten, und unſerer Wolluſt den Zuͤgel voll-
kommen ſchieſſen lieſſen. Jndem ſtieß der Mar-
quis
von R ‒ ‒ eine kleine Cabinet-Thuͤr auf, kam,
in jeder Hand ein aufgezogenes Piſtol habend, her-
aus geſprungen, hielt das eine mir, das andere
ſeiner Frau gegen die Bruſt, und ſagte: Regt euch
nicht, ſondern betet, denn ihr muͤſſet beyde ſter-
ben. Jch kan wohl ſagen, daß mir alle Gedancken
vergingen, weiß auch nicht recht mehr, was die
Marquiſe zu ihrem Manne ſagte, und ihn damit be-
wegte, daß er zu lachen anfing, und mit ſeinen Pi-
ſtolen zur Thuͤr des Zimmers hinaus ging. Sie

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(B b 5)
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[393/0401] Maͤdgen und einen Laqueyen. Unter der Zeit, da ich die Marquiſe im Garten herum fuͤhrete, hatte das Maͤdgen oben in einem Zimmer des Garten- Hauſes allerhand Erfriſchungen zurechte geſetzt, de- rowegen begaben wir uns hinauf, ſelbige zu verſu- chen. Das Maͤgdgen nahm ſich eine Bouteil- le Limonade und Schachtel voll Confect aus der Kiſte, machte einen Reverentz, und ſagte: Meine Engels-Kinder! ſie laſſen ſich es wohl ſchmecken, und ſorgen vor nichts, ich will mit dieſen meinem Gewehr vor der Thuͤr am Fenſter Schild-Wacht ſtehen, und wenn ich jemanden auf das Luſt-Hauß zukommen ſehe, Wer da? ruffen. Die Marquiſe lachte ſo wohl als ich uͤber das naͤrriſche Ding, wel- ches wuͤrcklich zum Zimmer hinaus ging, den Schluͤſ- ſel davon abzog und herein warff. Wir fingen hierauf an das Confect der Liebe zu benaſchen, der Appetit aber hierzu ward endlich ſo ſtarck, daß wir die beſchwerlichſten Kleidungs-Stuͤcke ab- uns alle beyde auf das zur Seiten ſtehende Faul- Bette legten, und unſerer Wolluſt den Zuͤgel voll- kommen ſchieſſen lieſſen. Jndem ſtieß der Mar- quis von R ‒ ‒ eine kleine Cabinet-Thuͤr auf, kam, in jeder Hand ein aufgezogenes Piſtol habend, her- aus geſprungen, hielt das eine mir, das andere ſeiner Frau gegen die Bruſt, und ſagte: Regt euch nicht, ſondern betet, denn ihr muͤſſet beyde ſter- ben. Jch kan wohl ſagen, daß mir alle Gedancken vergingen, weiß auch nicht recht mehr, was die Marquiſe zu ihrem Manne ſagte, und ihn damit be- wegte, daß er zu lachen anfing, und mit ſeinen Pi- ſtolen zur Thuͤr des Zimmers hinaus ging. Sie ſprung (B b 5)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/401>, abgerufen am 22.11.2024.