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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Mü-
digkeit fast die Augen nicht mehr offen halten könte.
Er nahm auch weiter nichts zu sich, sondern eilete
zu Bette, und erzählete der Frau von E.* diesen
Abend gar nichts von alle dem, was sich seit der
Zeit, vielweniger diesen vergangenen Tag, mit ihm
zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach-
dem ich mich nieder gelegt, öffnete sich die Thür,
ich sahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge-
spenste um, welches herein kam, weil ich es aus
verschiedenen Umständen schon kennen lernen, wur-
de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder
fort ging. Früh Morgens beym Thee erzäh-
lete mein Herr erstlich der Frau von E.* wie er seine
beyden Gegner gestern früh abgefertiget hätte, sie
wunderte sich höchlich darüber, gratulirte ihm, daß
er so glücklich und ohnbeschädigt davon kommen
wäre, und letztlich sagte sie: ich kan nicht läugnen,
daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge-
habt, welche im Duell umkommen, oder nur
blessirt sind, aber dieser Officier gehet mir gar
nicht nahe, nur darum, weil er so sehr viel unbe-
sonnene Reden, die wenigen Tage über, allhier
geführet hat, derowegen ist es eben so gut, daß ihm
das Maul gestopfft ist. Aber, mein Herr! sragte
sie weiter, sind sie allhier auch sicher? O ja! ant-
wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her-
ren Lande, jedoch wenn meine Anwesenheit könte
verschwiegen bleiben, wäre es mir um so viel desto
lieber. Gut! versetzte sie, daß es mir nur
gesagt wird, nun lassen sie mich alleine sorgen,
denn alles mein Gesinde hat die Tugend der Ver-

schwiegen-

Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Muͤ-
digkeit faſt die Augen nicht mehr offen halten koͤnte.
Er nahm auch weiter nichts zu ſich, ſondern eilete
zu Bette, und erzaͤhlete der Frau von E.* dieſen
Abend gar nichts von alle dem, was ſich ſeit der
Zeit, vielweniger dieſen vergangenen Tag, mit ihm
zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach-
dem ich mich nieder gelegt, oͤffnete ſich die Thuͤr,
ich ſahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge-
ſpenſte um, welches herein kam, weil ich es aus
verſchiedenen Umſtaͤnden ſchon kennen lernen, wur-
de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder
fort ging. Fruͤh Morgens beym Thée erzaͤh-
lete mein Herr erſtlich der Frau von E.* wie er ſeine
beyden Gegner geſtern fruͤh abgefertiget haͤtte, ſie
wunderte ſich hoͤchlich daruͤber, gratulirte ihm, daß
er ſo gluͤcklich und ohnbeſchaͤdigt davon kommen
waͤre, und letztlich ſagte ſie: ich kan nicht laͤugnen,
daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge-
habt, welche im Duell umkommen, oder nur
bleſſirt ſind, aber dieſer Officier gehet mir gar
nicht nahe, nur darum, weil er ſo ſehr viel unbe-
ſonnene Reden, die wenigen Tage uͤber, allhier
gefuͤhret hat, derowegen iſt es eben ſo gut, daß ihm
das Maul geſtopfft iſt. Aber, mein Herr! ſragte
ſie weiter, ſind ſie allhier auch ſicher? O ja! ant-
wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her-
ren Lande, jedoch wenn meine Anweſenheit koͤnte
verſchwiegen bleiben, waͤre es mir um ſo viel deſto
lieber. Gut! verſetzte ſie, daß es mir nur
geſagt wird, nun laſſen ſie mich alleine ſorgen,
denn alles mein Geſinde hat die Tugend der Ver-

ſchwiegen-
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[388/0396] Brod, hernach um ein Bette, weil er vor Muͤ- digkeit faſt die Augen nicht mehr offen halten koͤnte. Er nahm auch weiter nichts zu ſich, ſondern eilete zu Bette, und erzaͤhlete der Frau von E.* dieſen Abend gar nichts von alle dem, was ſich ſeit der Zeit, vielweniger dieſen vergangenen Tag, mit ihm zugetragen hatte. Etwa eine halbe Stunde, nach- dem ich mich nieder gelegt, oͤffnete ſich die Thuͤr, ich ſahe mich aber nicht einmahl mehr nach dem Ge- ſpenſte um, welches herein kam, weil ich es aus verſchiedenen Umſtaͤnden ſchon kennen lernen, wur- de auch nicht gewahr, um welche Zeit es wieder fort ging. Fruͤh Morgens beym Thée erzaͤh- lete mein Herr erſtlich der Frau von E.* wie er ſeine beyden Gegner geſtern fruͤh abgefertiget haͤtte, ſie wunderte ſich hoͤchlich daruͤber, gratulirte ihm, daß er ſo gluͤcklich und ohnbeſchaͤdigt davon kommen waͤre, und letztlich ſagte ſie: ich kan nicht laͤugnen, daß ich allezeit ein Mitleiden mit denenjenigen ge- habt, welche im Duell umkommen, oder nur bleſſirt ſind, aber dieſer Officier gehet mir gar nicht nahe, nur darum, weil er ſo ſehr viel unbe- ſonnene Reden, die wenigen Tage uͤber, allhier gefuͤhret hat, derowegen iſt es eben ſo gut, daß ihm das Maul geſtopfft iſt. Aber, mein Herr! ſragte ſie weiter, ſind ſie allhier auch ſicher? O ja! ant- wortete er, denn ich bin allhier in des dritten Her- ren Lande, jedoch wenn meine Anweſenheit koͤnte verſchwiegen bleiben, waͤre es mir um ſo viel deſto lieber. Gut! verſetzte ſie, daß es mir nur geſagt wird, nun laſſen ſie mich alleine ſorgen, denn alles mein Geſinde hat die Tugend der Ver- ſchwiegen-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/396>, abgerufen am 25.11.2024.