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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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uns Kinder ins Unglück, sich und ihren Amanten
aber ums Leben gebracht hat. Jedoch meine eige-
ne Geschicht zuverfolgen, so muß ferner melden,
daß noch nicht ein volles halbes Jahr nach dieser
traurigen Begebenheit, ein vornehmer Cavallier,
welcher nach Hofe zu reisen im Begriff, des Nachts
auf der Strasse, bey Umwerffung seines Wagens,
Schaden am Arm genommen, demnach weil er in
unsern Hause Licht erblickte, ausspannen ließ, um
den Tag zu erwarten. Er fragte, so bald er hin-
ein kam, nach meinem Vater, und mein Bruder
erzählete ihm die obgemeldete klägliche Geschichte
in der Kürtze, worüber sich derselbe, weil er über
Jahr und Tag nicht in dieser Gegend gewesen, un-
gemein verwunderte, nachhero seinen Arm mit
warmen Weine waschen und sich etwas zu essen
bringen ließ. Jch war sehr hurtig, ihm mit auf-
warten zu helffen, welches er observirte, und nach-
hero, da ich Pappier, die Tobacks-Pfeiffe anzu-
zünden, reichte, mich fragte: Wie alt bist du? 12.
Jahr, gab ich zur Antwort. Was wilst du werden?
fragte er ferner; und ich antworttete: ja, das weiß
GOtt, was aus mir werden wird, denn ich bin ein
armes Kind worden, seit dem mein Vater weg ist.
Hast du Lust mit mir zu reisen? sprach er; Ach! seuff-
zete ich: wenn ich nur groß genung wäre, so wol-
te ich mit einem so wackern Herrn wohl biß ans
Ende der Welt reisen. Jndem kam mein ältester
Bruder in die Stube, zu welchem der Cavallier
so gleich sagte: Mein Freund! an diesem curen
jüngsten Bruder gefallen mir sonderlich 3. Stück:
erstlich sein munteres und dreustes Wesen; zum

andern

uns Kinder ins Ungluͤck, ſich und ihren Amanten
aber ums Leben gebracht hat. Jedoch meine eige-
ne Geſchicht zuverfolgen, ſo muß ferner melden,
daß noch nicht ein volles halbes Jahr nach dieſer
traurigen Begebenheit, ein vornehmer Cavallier,
welcher nach Hofe zu reiſen im Begriff, des Nachts
auf der Straſſe, bey Umwerffung ſeines Wagens,
Schaden am Arm genommen, demnach weil er in
unſern Hauſe Licht erblickte, ausſpannen ließ, um
den Tag zu erwarten. Er fragte, ſo bald er hin-
ein kam, nach meinem Vater, und mein Bruder
erzaͤhlete ihm die obgemeldete klaͤgliche Geſchichte
in der Kuͤrtze, woruͤber ſich derſelbe, weil er uͤber
Jahr und Tag nicht in dieſer Gegend geweſen, un-
gemein verwunderte, nachhero ſeinen Arm mit
warmen Weine waſchen und ſich etwas zu eſſen
bringen ließ. Jch war ſehr hurtig, ihm mit auf-
warten zu helffen, welches er obſervirte, und nach-
hero, da ich Pappier, die Tobacks-Pfeiffe anzu-
zuͤnden, reichte, mich fragte: Wie alt biſt du? 12.
Jahr, gab ich zur Antwort. Was wilſt du werden?
fragte er ferner; und ich antworttete: ja, das weiß
GOtt, was aus mir werden wird, denn ich bin ein
armes Kind worden, ſeit dem mein Vater weg iſt.
Haſt du Luſt mit mir zu reiſen? ſprach er; Ach! ſeuff-
zete ich: wenn ich nur groß genung waͤre, ſo wol-
te ich mit einem ſo wackern Herrn wohl biß ans
Ende der Welt reiſen. Jndem kam mein aͤlteſter
Bruder in die Stube, zu welchem der Cavallier
ſo gleich ſagte: Mein Freund! an dieſem curen
juͤngſten Bruder gefallen mir ſonderlich 3. Stuͤck:
erſtlich ſein munteres und dreuſtes Weſen; zum

andern
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[370/0378] uns Kinder ins Ungluͤck, ſich und ihren Amanten aber ums Leben gebracht hat. Jedoch meine eige- ne Geſchicht zuverfolgen, ſo muß ferner melden, daß noch nicht ein volles halbes Jahr nach dieſer traurigen Begebenheit, ein vornehmer Cavallier, welcher nach Hofe zu reiſen im Begriff, des Nachts auf der Straſſe, bey Umwerffung ſeines Wagens, Schaden am Arm genommen, demnach weil er in unſern Hauſe Licht erblickte, ausſpannen ließ, um den Tag zu erwarten. Er fragte, ſo bald er hin- ein kam, nach meinem Vater, und mein Bruder erzaͤhlete ihm die obgemeldete klaͤgliche Geſchichte in der Kuͤrtze, woruͤber ſich derſelbe, weil er uͤber Jahr und Tag nicht in dieſer Gegend geweſen, un- gemein verwunderte, nachhero ſeinen Arm mit warmen Weine waſchen und ſich etwas zu eſſen bringen ließ. Jch war ſehr hurtig, ihm mit auf- warten zu helffen, welches er obſervirte, und nach- hero, da ich Pappier, die Tobacks-Pfeiffe anzu- zuͤnden, reichte, mich fragte: Wie alt biſt du? 12. Jahr, gab ich zur Antwort. Was wilſt du werden? fragte er ferner; und ich antworttete: ja, das weiß GOtt, was aus mir werden wird, denn ich bin ein armes Kind worden, ſeit dem mein Vater weg iſt. Haſt du Luſt mit mir zu reiſen? ſprach er; Ach! ſeuff- zete ich: wenn ich nur groß genung waͤre, ſo wol- te ich mit einem ſo wackern Herrn wohl biß ans Ende der Welt reiſen. Jndem kam mein aͤlteſter Bruder in die Stube, zu welchem der Cavallier ſo gleich ſagte: Mein Freund! an dieſem curen juͤngſten Bruder gefallen mir ſonderlich 3. Stuͤck: erſtlich ſein munteres und dreuſtes Weſen; zum andern

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/378>, abgerufen am 25.11.2024.