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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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nicht fehlen, daß ihr aus dem Geschlecht meiner
seligen allerliebsten Ehe-Frauen Charlotte Sophie
van Bredal
seyd, denn dieser ihre Gesichts-Bil-
dung, die mir immer noch Tag und Nacht vor den
Augen: schwebt, kömmt mit der eurigen vollkom-
men überein. Jch schreibe mich van Bredal,
antwortete der Koch, und kan vielleicht ein Freund
von der Charlotte seyn, habe auch vernommen,
daß sie einen unbekandten Menschen geheyrathet
hat, aber wo ist die Charlotte hingekommen?
Ach! schrye der van Blac, meine allerliebste Char-
lotte
ist mir, nach erlittenen Schiff-Bruche,
durch eine ungestüme Welle, da sie sich nebst mir
auf einen Balcken gesetzt hatte, in der finstern
Nacht von der Seite hinweg geschlagen und in die
Tieffe des Meeres begraben worden. Hierbey
stiegen dem van Blac die Thränen in die Augen,
und er wäre gewiß umgesuncken, wenn wir ihn
nicht erfasset und an einen Baum nieder gesetzt hät-
ten. Der Koch sahe ihn starr an, so bald aber
van Blac die Augen nur in etwas eröffnete, sagte
der Koch: Mein Herr und Freund! ihr habt eines
theils recht, andern theils aber seyd ihr irrig; denn
eure Charlotte ist nicht in die Tieffe des Meeres
begraben, sondern lebt noch, und hat das Ver-
gnügen, euch wieder, obgleich in Manns-Habit, zu
umarmen. Unter diesen Worten umarmete und
küssete sie ihn, fiel bey ihm nieder, und ließ nicht
nach, biß er vollkommen wieder zu sich selbst kam.

Diese verwunderungs-volle Avanture setzte so
wohl uns als den Portugiesischen Capitain in die
gröste Erstaunung, und obschon dieser nicht so viel

von

nicht fehlen, daß ihr aus dem Geſchlecht meiner
ſeligen allerliebſten Ehe-Frauen Charlotte Sophie
van Bredal
ſeyd, denn dieſer ihre Geſichts-Bil-
dung, die mir immer noch Tag und Nacht vor den
Augen: ſchwebt, koͤmmt mit der eurigen vollkom-
men uͤberein. Jch ſchreibe mich van Bredal,
antwortete der Koch, und kan vielleicht ein Freund
von der Charlotte ſeyn, habe auch vernommen,
daß ſie einen unbekandten Menſchen geheyrathet
hat, aber wo iſt die Charlotte hingekommen?
Ach! ſchrye der van Blac, meine allerliebſte Char-
lotte
iſt mir, nach erlittenen Schiff-Bruche,
durch eine ungeſtuͤme Welle, da ſie ſich nebſt mir
auf einen Balcken geſetzt hatte, in der finſtern
Nacht von der Seite hinweg geſchlagen und in die
Tieffe des Meeres begraben worden. Hierbey
ſtiegen dem van Blac die Thraͤnen in die Augen,
und er waͤre gewiß umgeſuncken, wenn wir ihn
nicht erfaſſet und an einen Baum nieder geſetzt haͤt-
ten. Der Koch ſahe ihn ſtarr an, ſo bald aber
van Blac die Augen nur in etwas eroͤffnete, ſagte
der Koch: Mein Herr und Freund! ihr habt eines
theils recht, andern theils aber ſeyd ihr irrig; denn
eure Charlotte iſt nicht in die Tieffe des Meeres
begraben, ſondern lebt noch, und hat das Ver-
gnuͤgen, euch wieder, obgleich in Manns-Habit, zu
umarmen. Unter dieſen Worten umarmete und
kuͤſſete ſie ihn, fiel bey ihm nieder, und ließ nicht
nach, biß er vollkommen wieder zu ſich ſelbſt kam.

Dieſe verwunderungs-volle Avanture ſetzte ſo
wohl uns als den Portugieſiſchen Capitain in die
groͤſte Erſtaunung, und obſchon dieſer nicht ſo viel

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[255/0263] nicht fehlen, daß ihr aus dem Geſchlecht meiner ſeligen allerliebſten Ehe-Frauen Charlotte Sophie van Bredal ſeyd, denn dieſer ihre Geſichts-Bil- dung, die mir immer noch Tag und Nacht vor den Augen: ſchwebt, koͤmmt mit der eurigen vollkom- men uͤberein. Jch ſchreibe mich van Bredal, antwortete der Koch, und kan vielleicht ein Freund von der Charlotte ſeyn, habe auch vernommen, daß ſie einen unbekandten Menſchen geheyrathet hat, aber wo iſt die Charlotte hingekommen? Ach! ſchrye der van Blac, meine allerliebſte Char- lotte iſt mir, nach erlittenen Schiff-Bruche, durch eine ungeſtuͤme Welle, da ſie ſich nebſt mir auf einen Balcken geſetzt hatte, in der finſtern Nacht von der Seite hinweg geſchlagen und in die Tieffe des Meeres begraben worden. Hierbey ſtiegen dem van Blac die Thraͤnen in die Augen, und er waͤre gewiß umgeſuncken, wenn wir ihn nicht erfaſſet und an einen Baum nieder geſetzt haͤt- ten. Der Koch ſahe ihn ſtarr an, ſo bald aber van Blac die Augen nur in etwas eroͤffnete, ſagte der Koch: Mein Herr und Freund! ihr habt eines theils recht, andern theils aber ſeyd ihr irrig; denn eure Charlotte iſt nicht in die Tieffe des Meeres begraben, ſondern lebt noch, und hat das Ver- gnuͤgen, euch wieder, obgleich in Manns-Habit, zu umarmen. Unter dieſen Worten umarmete und kuͤſſete ſie ihn, fiel bey ihm nieder, und ließ nicht nach, biß er vollkommen wieder zu ſich ſelbſt kam. Dieſe verwunderungs-volle Avanture ſetzte ſo wohl uns als den Portugieſiſchen Capitain in die groͤſte Erſtaunung, und obſchon dieſer nicht ſo viel von

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/263>, abgerufen am 23.11.2024.