neulichen Erdbebens accurat eintraff, hofften aber, es solte sich mit ihm bessern und er noch eine Zeit- lang am Leben bleiben, indessen kamen Mittwochs Abends die 2. Särge auf der Albertus-Burg an, wir sagten aber dem Alt-Vater nichts darvon biß er Donnerstags sehr früh mit einiger Ungedult fragte: Ob denn sein Sarg und Sterbe-Kleid noch nicht fertig wäre? Wir antworteten darauf mit Ja! und musten also den Sarg so gleich in sein Zimmer bringen und gegen sein Bette über setzen lassen. Es waren diese beyden Särge von dem allerfeinesten Holtze, so auf dieser Jnsul an- zutreffen war, verfertiget, mit einer braun-röthli- chen Farbe angestrichen, das Leisten-Werck ver- silbert, schöne Sprüche und Sinn-Bilder darauf gemahlet, und die Rincken verzinnet. Der innere Sarg war eben so wie der grosse angestrichen und mit grünen Damast ausgefüttert, wie denn auch ein mit grünen Damast überzognes Bett und Haupt-Küssen darinnen lag. Die Frau Mag. Schmeltzerin und meine Schwester brachten in Gesellschafft meiner Liebsten, der Frau Wolffgan- gin und vieler andern Frauenzimmer mehr, das von silber-farbenen Atlas verfertigte Todten-Kleid nebst einem Sterbe-Hembde, von der allerfeine- sten Holländischen Leinwand gemacht, ingleichen eine Purpur-farbene Sammet-Mütze und ein paar weisse seidene Strümpffe, hingen auch diese Stücke nach seinem Verlangen, ohnweit des Bettes an die Wand, vergossen aber viele Thränen darbey. Er hingegen machte ungemein freudige Gebärden und sagte: Meine Lieben Kinder, es ist alles
gar
neulichen Erdbebens accurat eintraff, hofften aber, es ſolte ſich mit ihm beſſern und er noch eine Zeit- lang am Leben bleiben, indeſſen kamen Mittwochs Abends die 2. Saͤrge auf der Albertus-Burg an, wir ſagten aber dem Alt-Vater nichts darvon biß er Donnerſtags ſehr fruͤh mit einiger Ungedult fragte: Ob denn ſein Sarg und Sterbe-Kleid noch nicht fertig waͤre? Wir antworteten darauf mit Ja! und muſten alſo den Sarg ſo gleich in ſein Zimmer bringen und gegen ſein Bette uͤber ſetzen laſſen. Es waren dieſe beyden Saͤrge von dem allerfeineſten Holtze, ſo auf dieſer Jnſul an- zutreffen war, verfertiget, mit einer braun-roͤthli- chen Farbe angeſtrichen, das Leiſten-Werck ver- ſilbert, ſchoͤne Spruͤche und Sinn-Bilder darauf gemahlet, und die Rincken verzinnet. Der innere Sarg war eben ſo wie der groſſe angeſtrichen und mit gruͤnen Damaſt ausgefuͤttert, wie denn auch ein mit gruͤnen Damaſt uͤberzognes Bett und Haupt-Kuͤſſen darinnen lag. Die Frau Mag. Schmeltzerin und meine Schweſter brachten in Geſellſchafft meiner Liebſten, der Frau Wolffgan- gin und vieler andern Frauenzimmer mehr, das von ſilber-farbenen Atlas verfertigte Todten-Kleid nebſt einem Sterbe-Hembde, von der allerfeine- ſten Hollaͤndiſchen Leinwand gemacht, ingleichen eine Purpur-farbene Sammet-Muͤtze und ein paar weiſſe ſeidene Struͤmpffe, hingen auch dieſe Stuͤcke nach ſeinem Verlangen, ohnweit des Bettes an die Wand, vergoſſen aber viele Thraͤnen darbey. Er hingegen machte ungemein freudige Gebaͤrden und ſagte: Meine Lieben Kinder, es iſt alles
gar
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0248"n="240"/>
neulichen Erdbebens <hirendition="#aq">accurat</hi> eintraff, hofften aber,<lb/>
es ſolte ſich mit ihm beſſern und er noch eine Zeit-<lb/>
lang am Leben bleiben, indeſſen kamen Mittwochs<lb/>
Abends die 2. Saͤrge auf der Albertus-Burg an,<lb/>
wir ſagten aber dem Alt-Vater nichts darvon<lb/>
biß er Donnerſtags ſehr fruͤh mit einiger Ungedult<lb/>
fragte: Ob denn ſein Sarg und Sterbe-Kleid<lb/>
noch nicht fertig waͤre? Wir antworteten darauf<lb/>
mit Ja! und muſten alſo den Sarg ſo gleich in<lb/>ſein Zimmer bringen und gegen ſein Bette uͤber<lb/>ſetzen laſſen. Es waren dieſe beyden Saͤrge von<lb/>
dem allerfeineſten Holtze, ſo auf dieſer Jnſul an-<lb/>
zutreffen war, verfertiget, mit einer braun-roͤthli-<lb/>
chen Farbe angeſtrichen, das Leiſten-Werck ver-<lb/>ſilbert, ſchoͤne Spruͤche und Sinn-Bilder darauf<lb/>
gemahlet, und die Rincken verzinnet. Der innere<lb/>
Sarg war eben ſo wie der groſſe angeſtrichen und<lb/>
mit gruͤnen Damaſt ausgefuͤttert, wie denn auch<lb/>
ein mit gruͤnen Damaſt uͤberzognes Bett und<lb/>
Haupt-Kuͤſſen darinnen lag. Die Frau <hirendition="#aq">Mag.</hi><lb/>
Schmeltzerin und meine Schweſter brachten in<lb/>
Geſellſchafft meiner Liebſten, der Frau Wolffgan-<lb/>
gin und vieler andern Frauenzimmer mehr, das<lb/>
von ſilber-farbenen Atlas verfertigte Todten-Kleid<lb/>
nebſt einem Sterbe-Hembde, von der allerfeine-<lb/>ſten Hollaͤndiſchen Leinwand gemacht, ingleichen<lb/>
eine Purpur-farbene Sammet-Muͤtze und ein paar<lb/>
weiſſe ſeidene Struͤmpffe, hingen auch dieſe Stuͤcke<lb/>
nach ſeinem Verlangen, ohnweit des Bettes an<lb/>
die Wand, vergoſſen aber viele Thraͤnen darbey.<lb/>
Er hingegen machte ungemein freudige Gebaͤrden<lb/>
und ſagte: <hirendition="#fr">Meine Lieben Kinder, es iſt alles</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">gar</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[240/0248]
neulichen Erdbebens accurat eintraff, hofften aber,
es ſolte ſich mit ihm beſſern und er noch eine Zeit-
lang am Leben bleiben, indeſſen kamen Mittwochs
Abends die 2. Saͤrge auf der Albertus-Burg an,
wir ſagten aber dem Alt-Vater nichts darvon
biß er Donnerſtags ſehr fruͤh mit einiger Ungedult
fragte: Ob denn ſein Sarg und Sterbe-Kleid
noch nicht fertig waͤre? Wir antworteten darauf
mit Ja! und muſten alſo den Sarg ſo gleich in
ſein Zimmer bringen und gegen ſein Bette uͤber
ſetzen laſſen. Es waren dieſe beyden Saͤrge von
dem allerfeineſten Holtze, ſo auf dieſer Jnſul an-
zutreffen war, verfertiget, mit einer braun-roͤthli-
chen Farbe angeſtrichen, das Leiſten-Werck ver-
ſilbert, ſchoͤne Spruͤche und Sinn-Bilder darauf
gemahlet, und die Rincken verzinnet. Der innere
Sarg war eben ſo wie der groſſe angeſtrichen und
mit gruͤnen Damaſt ausgefuͤttert, wie denn auch
ein mit gruͤnen Damaſt uͤberzognes Bett und
Haupt-Kuͤſſen darinnen lag. Die Frau Mag.
Schmeltzerin und meine Schweſter brachten in
Geſellſchafft meiner Liebſten, der Frau Wolffgan-
gin und vieler andern Frauenzimmer mehr, das
von ſilber-farbenen Atlas verfertigte Todten-Kleid
nebſt einem Sterbe-Hembde, von der allerfeine-
ſten Hollaͤndiſchen Leinwand gemacht, ingleichen
eine Purpur-farbene Sammet-Muͤtze und ein paar
weiſſe ſeidene Struͤmpffe, hingen auch dieſe Stuͤcke
nach ſeinem Verlangen, ohnweit des Bettes an
die Wand, vergoſſen aber viele Thraͤnen darbey.
Er hingegen machte ungemein freudige Gebaͤrden
und ſagte: Meine Lieben Kinder, es iſt alles
gar
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/248>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.