auch dergleichen Erdbeben schon offters all- hier empfunden, und dabey angemerckt, daß gemeiniglich einige Tage hernach ein grau- samer Sturm auf der See entstanden. Gebt Achtung, ob es nicht eintreffen wird, oder vielleicht ist dieses Erdbeben ein Vorbothe, daß ich bald sterben werde, denn eben an die- sem Tage haben meine Füsse diese Jnsul am ersten betreten. Wir waren ingesamt sehr nie- dergeschlagen, wünschten, daß er noch lange auf der Welt bey uns bleiben möchte; allein, er schüttelte mit dem Kopffe, und sagte: Vielleicht ist dieses Erdbeben auch eine Anmahnung, daß wir Ubermorgen G. G. unsern Buß-Bet-und Fast-Tag desto andächtiger begehen sollen.
Wir feyreten derowegen diesen solennen Tag, nehmlich den 10 Sept. da der Alt-Vater Ao. 1646. zum ersten mahle seine damahlige Gesellschafft her- auf geführet hatte, recht sehr devot mit dreymah- ligen Kirchengehen, niemand aber nahm einen Bis- sen Speise zu sich, biß die Sonne untergangen war. Der Alt-Vater behielt die Aeltesten der Stämme und vornehmsten Europäer bey sich, und wir speise- ten an zwey langen Tafeln in feinem Zimmer, nach- hero wurde von vielen wichtigen und nöthigen Sa- chen, die noch vorgenommen werden solten, Un- terredung gepflogen, so, daß die Mitternachts- Stunde unterdessen heran geruckt war, welches aber niemand vermerckte, biß vor dem Zimmer ein ungewöhnliches Getöse entstund, weßwegen ich nebst einigen andern hinaus ging, und hörete, daß
man
(P 4)
auch dergleichen Erdbeben ſchon offters all- hier empfunden, und dabey angemerckt, daß gemeiniglich einige Tage hernach ein grau- ſamer Sturm auf der See entſtanden. Gebt Achtung, ob es nicht eintreffen wird, oder vielleicht iſt dieſes Erdbeben ein Vorbothe, daß ich bald ſterben werde, denn eben an die- ſem Tage haben meine Fuͤſſe dieſe Jnſul am erſten betreten. Wir waren ingeſamt ſehr nie- dergeſchlagen, wuͤnſchten, daß er noch lange auf der Welt bey uns bleiben moͤchte; allein, er ſchuͤttelte mit dem Kopffe, und ſagte: Vielleicht iſt dieſes Erdbeben auch eine Anmahnung, daß wir Ubermorgen G. G. unſern Buß-Bet-und Faſt-Tag deſto andaͤchtiger begehen ſollen.
Wir feyreten derowegen dieſen ſolennen Tag, nehmlich den 10 Sept. da der Alt-Vater Ao. 1646. zum erſten mahle ſeine damahlige Geſellſchafft her- auf gefuͤhret hatte, recht ſehr devot mit dreymah- ligen Kirchengehen, niemand aber nahm einen Biſ- ſen Speiſe zu ſich, biß die Sonne untergangen war. Der Alt-Vater behielt die Aelteſten der Staͤmme und vornehmſten Europaͤer bey ſich, und wir ſpeiſe- ten an zwey langen Tafeln in feinem Zimmer, nach- hero wurde von vielen wichtigen und noͤthigen Sa- chen, die noch vorgenommen werden ſolten, Un- terredung gepflogen, ſo, daß die Mitternachts- Stunde unterdeſſen heran geruckt war, welches aber niemand vermerckte, biß vor dem Zimmer ein ungewoͤhnliches Getoͤſe entſtund, weßwegen ich nebſt einigen andern hinaus ging, und hoͤrete, daß
man
(P 4)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0239"n="231"/><hirendition="#fr">auch dergleichen Erdbeben ſchon offters all-<lb/>
hier empfunden, und dabey angemerckt, daß<lb/>
gemeiniglich einige Tage hernach ein grau-<lb/>ſamer Sturm auf der See entſtanden. Gebt<lb/>
Achtung, ob es nicht eintreffen wird, oder<lb/>
vielleicht iſt dieſes Erdbeben ein Vorbothe,<lb/>
daß ich bald ſterben werde, denn eben an die-<lb/>ſem Tage haben meine Fuͤſſe dieſe Jnſul am<lb/>
erſten betreten.</hi> Wir waren ingeſamt ſehr nie-<lb/>
dergeſchlagen, wuͤnſchten, daß er noch lange auf der<lb/>
Welt bey uns bleiben moͤchte; allein, er ſchuͤttelte<lb/>
mit dem Kopffe, und ſagte: <hirendition="#fr">Vielleicht iſt dieſes<lb/>
Erdbeben auch eine Anmahnung, daß wir<lb/>
Ubermorgen G. G. unſern Buß-Bet-und<lb/>
Faſt-Tag deſto andaͤchtiger begehen ſollen.</hi></p><lb/><p>Wir feyreten derowegen dieſen <hirendition="#aq">ſolennen</hi> Tag,<lb/>
nehmlich den 10 Sept. da der Alt-Vater Ao. 1646.<lb/>
zum erſten mahle ſeine damahlige Geſellſchafft her-<lb/>
auf gefuͤhret hatte, recht ſehr <hirendition="#aq">devot</hi> mit dreymah-<lb/>
ligen Kirchengehen, niemand aber nahm einen Biſ-<lb/>ſen Speiſe zu ſich, biß die Sonne untergangen war.<lb/>
Der Alt-Vater behielt die Aelteſten der Staͤmme<lb/>
und vornehmſten Europaͤer bey ſich, und wir ſpeiſe-<lb/>
ten an zwey langen Tafeln in feinem Zimmer, nach-<lb/>
hero wurde von vielen wichtigen und noͤthigen Sa-<lb/>
chen, die noch vorgenommen werden ſolten, Un-<lb/>
terredung gepflogen, ſo, daß die Mitternachts-<lb/>
Stunde unterdeſſen heran geruckt war, welches<lb/>
aber niemand vermerckte, biß vor dem Zimmer ein<lb/>
ungewoͤhnliches Getoͤſe entſtund, weßwegen ich<lb/>
nebſt einigen andern hinaus ging, und hoͤrete, daß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(P 4)</fw><fwplace="bottom"type="catch">man</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[231/0239]
auch dergleichen Erdbeben ſchon offters all-
hier empfunden, und dabey angemerckt, daß
gemeiniglich einige Tage hernach ein grau-
ſamer Sturm auf der See entſtanden. Gebt
Achtung, ob es nicht eintreffen wird, oder
vielleicht iſt dieſes Erdbeben ein Vorbothe,
daß ich bald ſterben werde, denn eben an die-
ſem Tage haben meine Fuͤſſe dieſe Jnſul am
erſten betreten. Wir waren ingeſamt ſehr nie-
dergeſchlagen, wuͤnſchten, daß er noch lange auf der
Welt bey uns bleiben moͤchte; allein, er ſchuͤttelte
mit dem Kopffe, und ſagte: Vielleicht iſt dieſes
Erdbeben auch eine Anmahnung, daß wir
Ubermorgen G. G. unſern Buß-Bet-und
Faſt-Tag deſto andaͤchtiger begehen ſollen.
Wir feyreten derowegen dieſen ſolennen Tag,
nehmlich den 10 Sept. da der Alt-Vater Ao. 1646.
zum erſten mahle ſeine damahlige Geſellſchafft her-
auf gefuͤhret hatte, recht ſehr devot mit dreymah-
ligen Kirchengehen, niemand aber nahm einen Biſ-
ſen Speiſe zu ſich, biß die Sonne untergangen war.
Der Alt-Vater behielt die Aelteſten der Staͤmme
und vornehmſten Europaͤer bey ſich, und wir ſpeiſe-
ten an zwey langen Tafeln in feinem Zimmer, nach-
hero wurde von vielen wichtigen und noͤthigen Sa-
chen, die noch vorgenommen werden ſolten, Un-
terredung gepflogen, ſo, daß die Mitternachts-
Stunde unterdeſſen heran geruckt war, welches
aber niemand vermerckte, biß vor dem Zimmer ein
ungewoͤhnliches Getoͤſe entſtund, weßwegen ich
nebſt einigen andern hinaus ging, und hoͤrete, daß
man
(P 4)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/239>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.