nur blossen Thee tranck, und ohngefähr gewahr wur- de, daß derselbe, vielleicht aus Versehen, nicht nur der van Steen, sondern auch die 2. andern Liebes- Briefe oder Citationes in seine Rock-Taschen, die ich anhatte, gesteckt, weßwegen ich mich eiligst ein we- nig auf die Seite begab, und diese nebst noch an- dern Zettuln in meine Bein-Kleider steckte, nachhe- ro das Kleid wieder mit ihm umtauschte, mich auch nicht lange aufhielt, sondern nach meinem Logis ei- lete, nachdem ich Abschied von Nörgel genommen, ihm eine glückliche Reise gewünschet, und verspro- chen, nach Verlauff der 8. Tage mich öffters an die- sem Orte wieder finden zu lassen. Ohngeacht ich nun diese Nacht sehr wenig geschlaffen, so trieb mich doch die Curiosität dahin, nunmehro bey Tage recht zu besichtigen, was ich diese Nacht erbeu- tet hatte, demnach fand ich erstlich 2. Frauenzim- mer-Röcke, 1. Nacht-Camisol, 1. Schürtze, 1. Halß- Tuch, 1 Mütze, eine Anhänge-Tasche mit einem sil- bernen Bügel, worinnen 4. spec. Ducaten, 2. Louis d'or, und ohngefähr 6. Gulden Silber-Müntze nebst 3. Liebes-Briefen von verschiedenen Händen stacken, in den Ficken aber fand ich ihre Petschafft, 6. biß 8. Schlüssel, ein paar Messer und andere Klei- nigkeiten, welches ich denn alles wohl betrachtete, und hernachmahls in meinen Reise-Couffre ver- wahrete.
Uber das Nachdencken dieser Intrique verging mir vollends aller Schlaff, weßwegen ich mich an ein Fenster legte, und eine Pfeiffe Toback rauchte. Bald hernach kam eine Chaise gefahren, welche un- ter meinem Fenster stille hielt, und ich sahe mit dem
aller-
nur bloſſen Thee tranck, und ohngefaͤhr gewahr wur- de, daß derſelbe, vielleicht aus Verſehen, nicht nur der van Steen, ſondern auch die 2. andern Liebes- Briefe oder Citationes in ſeine Rock-Taſchen, die ich anhatte, geſteckt, weßwegen ich mich eiligſt ein we- nig auf die Seite begab, und dieſe nebſt noch an- dern Zettuln in meine Bein-Kleider ſteckte, nachhe- ro das Kleid wieder mit ihm umtauſchte, mich auch nicht lange aufhielt, ſondern nach meinem Logis ei- lete, nachdem ich Abſchied von Nörgel genommen, ihm eine gluͤckliche Reiſe gewuͤnſchet, und verſpro- chen, nach Verlauff der 8. Tage mich oͤffters an die- ſem Orte wieder finden zu laſſen. Ohngeacht ich nun dieſe Nacht ſehr wenig geſchlaffen, ſo trieb mich doch die Curioſitaͤt dahin, nunmehro bey Tage recht zu beſichtigen, was ich dieſe Nacht erbeu- tet hatte, demnach fand ich erſtlich 2. Frauenzim- mer-Roͤcke, 1. Nacht-Camiſol, 1. Schuͤrtze, 1. Halß- Tuch, 1 Muͤtze, eine Anhaͤnge-Taſche mit einem ſil- bernen Buͤgel, worinnen 4. ſpec. Ducaten, 2. Louis d’or, und ohngefaͤhr 6. Gulden Silber-Muͤntze nebſt 3. Liebes-Briefen von verſchiedenen Haͤnden ſtacken, in den Ficken aber fand ich ihre Petſchafft, 6. biß 8. Schluͤſſel, ein paar Meſſer und andere Klei- nigkeiten, welches ich denn alles wohl betrachtete, und hernachmahls in meinen Reiſe-Couffre ver- wahrete.
Uber das Nachdencken dieſer Intrique verging mir vollends aller Schlaff, weßwegen ich mich an ein Fenſter legte, und eine Pfeiffe Toback rauchte. Bald hernach kam eine Chaiſe gefahren, welche un- ter meinem Fenſter ſtille hielt, und ich ſahe mit dem
aller-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0215"n="207"/>
nur bloſſen <hirendition="#aq">Thee</hi> tranck, und ohngefaͤhr gewahr wur-<lb/>
de, daß derſelbe, vielleicht aus Verſehen, nicht nur<lb/>
der <hirendition="#aq">van Steen,</hi>ſondern auch die 2. andern Liebes-<lb/>
Briefe oder <hirendition="#aq">Citationes</hi> in ſeine Rock-Taſchen, die<lb/>
ich anhatte, geſteckt, weßwegen ich mich eiligſt ein we-<lb/>
nig auf die Seite begab, und dieſe nebſt noch an-<lb/>
dern Zettuln in meine Bein-Kleider ſteckte, nachhe-<lb/>
ro das Kleid wieder mit ihm umtauſchte, mich auch<lb/>
nicht lange aufhielt, ſondern nach meinem <hirendition="#aq">Logis</hi> ei-<lb/>
lete, nachdem ich Abſchied von <hirendition="#aq">Nörgel</hi> genommen,<lb/>
ihm eine gluͤckliche Reiſe gewuͤnſchet, und verſpro-<lb/>
chen, nach Verlauff der 8. Tage mich oͤffters an die-<lb/>ſem Orte wieder finden zu laſſen. Ohngeacht ich<lb/>
nun dieſe Nacht ſehr wenig geſchlaffen, ſo trieb<lb/>
mich doch die <hirendition="#aq">Curioſit</hi>aͤt dahin, nunmehro bey<lb/>
Tage recht zu beſichtigen, was ich dieſe Nacht erbeu-<lb/>
tet hatte, demnach fand ich erſtlich 2. Frauenzim-<lb/>
mer-Roͤcke, 1. Nacht-Camiſol, 1. Schuͤrtze, 1. Halß-<lb/>
Tuch, 1 Muͤtze, eine Anhaͤnge-Taſche mit einem ſil-<lb/>
bernen Buͤgel, worinnen 4. <hirendition="#aq">ſpec. Ducaten, 2. Louis<lb/>
d’or,</hi> und ohngefaͤhr 6. Gulden Silber-Muͤntze<lb/>
nebſt 3. Liebes-Briefen von verſchiedenen Haͤnden<lb/>ſtacken, in den Ficken aber fand ich ihre Petſchafft,<lb/>
6. biß 8. Schluͤſſel, ein paar Meſſer und andere Klei-<lb/>
nigkeiten, welches ich denn alles wohl betrachtete,<lb/>
und hernachmahls in meinen Reiſe-<hirendition="#aq">Couffre</hi> ver-<lb/>
wahrete.</p><lb/><p>Uber das Nachdencken dieſer <hirendition="#aq">Intrique</hi> verging<lb/>
mir vollends aller Schlaff, weßwegen ich mich an<lb/>
ein Fenſter legte, und eine Pfeiffe Toback rauchte.<lb/>
Bald hernach kam eine <hirendition="#aq">Chaiſe</hi> gefahren, welche un-<lb/>
ter meinem Fenſter ſtille hielt, und ich ſahe mit dem<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aller-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[207/0215]
nur bloſſen Thee tranck, und ohngefaͤhr gewahr wur-
de, daß derſelbe, vielleicht aus Verſehen, nicht nur
der van Steen, ſondern auch die 2. andern Liebes-
Briefe oder Citationes in ſeine Rock-Taſchen, die
ich anhatte, geſteckt, weßwegen ich mich eiligſt ein we-
nig auf die Seite begab, und dieſe nebſt noch an-
dern Zettuln in meine Bein-Kleider ſteckte, nachhe-
ro das Kleid wieder mit ihm umtauſchte, mich auch
nicht lange aufhielt, ſondern nach meinem Logis ei-
lete, nachdem ich Abſchied von Nörgel genommen,
ihm eine gluͤckliche Reiſe gewuͤnſchet, und verſpro-
chen, nach Verlauff der 8. Tage mich oͤffters an die-
ſem Orte wieder finden zu laſſen. Ohngeacht ich
nun dieſe Nacht ſehr wenig geſchlaffen, ſo trieb
mich doch die Curioſitaͤt dahin, nunmehro bey
Tage recht zu beſichtigen, was ich dieſe Nacht erbeu-
tet hatte, demnach fand ich erſtlich 2. Frauenzim-
mer-Roͤcke, 1. Nacht-Camiſol, 1. Schuͤrtze, 1. Halß-
Tuch, 1 Muͤtze, eine Anhaͤnge-Taſche mit einem ſil-
bernen Buͤgel, worinnen 4. ſpec. Ducaten, 2. Louis
d’or, und ohngefaͤhr 6. Gulden Silber-Muͤntze
nebſt 3. Liebes-Briefen von verſchiedenen Haͤnden
ſtacken, in den Ficken aber fand ich ihre Petſchafft,
6. biß 8. Schluͤſſel, ein paar Meſſer und andere Klei-
nigkeiten, welches ich denn alles wohl betrachtete,
und hernachmahls in meinen Reiſe-Couffre ver-
wahrete.
Uber das Nachdencken dieſer Intrique verging
mir vollends aller Schlaff, weßwegen ich mich an
ein Fenſter legte, und eine Pfeiffe Toback rauchte.
Bald hernach kam eine Chaiſe gefahren, welche un-
ter meinem Fenſter ſtille hielt, und ich ſahe mit dem
aller-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/215>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.