einen verfluchten Käffig hielt, persönlich zu besu- chen, fand mich aber in der grösten Betrübniß, er küssete meine Hände und die Stirne mit Gewalt, den Mund aber berührete er nicht, sondern ließ nur sein Schnupff-Tuch zurücke, welches er mir über die Schulter legte, und so gleich wieder fort ging. Jch wuste damahls noch nicht, was dieses zu bedeu- ten hatte, legte selbiges auf den Tisch, und danckte dem Himmel, daß der alte Greiß wieder fort gegan- gen war; indem bekam ich die Visite von einer an- dern seiner Kebs-Weiber, welche eine gebohrne Französin war, und sich in der Welt ziemlich herum getummelt haben mochte. Diese gratulirte mir gleich Anfangs zu der Ehre, daß ich diese Nacht zum ersten mahle bey dem Kayser schlaffen solte. Jch gab zur Antwort, daß ich davon nichts wüste, auch mich nimmermehr darzu verstehen würde, wenn es gleich mein Leben kosten solte. Ach mein Hertz, sagte diese, läugnet nur gegen mich nichts, denn ich weiß es schon, und sehe zu allem Uberflusse, daß des Kaysers Schnupff-Tuch auf eurem Tische liegt, welches die Haupt-Marque ist, daß ihr diese Nacht an seiner Seite liegen müsset. Verflucht wäre diese Marque, versetzte ich, mich bringet niemand dahin, und solte ich mich ehe in Oele sieden lassen. Ja! war ihre Gegenrede, anfänglich war ich auch der Meynung, allein, nachhero bin ich doch über- wunden worden.
Unter diesem unsern Gespräche kam ein Officier von den Verschnittenen, überbrachte mir ein sau- beres Kästlein, nebst der Ordre, daß ich mich diese Nacht gefast halten solte, zu dem Kayser abgeholet
zu
(L 2)
einen verfluchten Kaͤffig hielt, perſoͤnlich zu beſu- chen, fand mich aber in der groͤſten Betruͤbniß, er kuͤſſete meine Haͤnde und die Stirne mit Gewalt, den Mund aber beruͤhrete er nicht, ſondern ließ nur ſein Schnupff-Tuch zuruͤcke, welches er mir uͤber die Schulter legte, und ſo gleich wieder fort ging. Jch wuſte damahls noch nicht, was dieſes zu bedeu- ten hatte, legte ſelbiges auf den Tiſch, und danckte dem Himmel, daß der alte Greiß wieder fort gegan- gen war; indem bekam ich die Viſite von einer an- dern ſeiner Kebs-Weiber, welche eine gebohrne Franzoͤſin war, und ſich in der Welt ziemlich herum getummelt haben mochte. Dieſe gratulirte mir gleich Anfangs zu der Ehre, daß ich dieſe Nacht zum erſten mahle bey dem Kayſer ſchlaffen ſolte. Jch gab zur Antwort, daß ich davon nichts wuͤſte, auch mich nim̃ermehr darzu verſtehen wuͤrde, wenn es gleich mein Leben koſten ſolte. Ach mein Hertz, ſagte dieſe, laͤugnet nur gegen mich nichts, denn ich weiß es ſchon, und ſehe zu allem Uberfluſſe, daß des Kayſers Schnupff-Tuch auf eurem Tiſche liegt, welches die Haupt-Marque iſt, daß ihr dieſe Nacht an ſeiner Seite liegen muͤſſet. Verflucht waͤre dieſe Marque, verſetzte ich, mich bringet niemand dahin, und ſolte ich mich ehe in Oele ſieden laſſen. Ja! war ihre Gegenrede, anfaͤnglich war ich auch der Meynung, allein, nachhero bin ich doch uͤber- wunden worden.
Unter dieſem unſern Geſpraͤche kam ein Officier von den Verſchnittenen, uͤberbrachte mir ein ſau- beres Kaͤſtlein, nebſt der Ordre, daß ich mich dieſe Nacht gefaſt halten ſolte, zu dem Kayſer abgeholet
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einen verfluchten Kaͤffig hielt, perſoͤnlich zu beſu-
chen, fand mich aber in der groͤſten Betruͤbniß, er
kuͤſſete meine Haͤnde und die Stirne mit Gewalt,
den Mund aber beruͤhrete er nicht, ſondern ließ nur
ſein Schnupff-Tuch zuruͤcke, welches er mir uͤber
die Schulter legte, und ſo gleich wieder fort ging.
Jch wuſte damahls noch nicht, was dieſes zu bedeu-
ten hatte, legte ſelbiges auf den Tiſch, und danckte
dem Himmel, daß der alte Greiß wieder fort gegan-
gen war; indem bekam ich die Viſite von einer an-
dern ſeiner Kebs-Weiber, welche eine gebohrne
Franzoͤſin war, und ſich in der Welt ziemlich herum
getummelt haben mochte. Dieſe gratulirte mir
gleich Anfangs zu der Ehre, daß ich dieſe Nacht
zum erſten mahle bey dem Kayſer ſchlaffen ſolte.
Jch gab zur Antwort, daß ich davon nichts wuͤſte,
auch mich nim̃ermehr darzu verſtehen wuͤrde, wenn
es gleich mein Leben koſten ſolte. Ach mein Hertz,
ſagte dieſe, laͤugnet nur gegen mich nichts, denn ich
weiß es ſchon, und ſehe zu allem Uberfluſſe, daß des
Kayſers Schnupff-Tuch auf eurem Tiſche liegt,
welches die Haupt-Marque iſt, daß ihr dieſe Nacht
an ſeiner Seite liegen muͤſſet. Verflucht waͤre
dieſe Marque, verſetzte ich, mich bringet niemand
dahin, und ſolte ich mich ehe in Oele ſieden laſſen.
Ja! war ihre Gegenrede, anfaͤnglich war ich auch
der Meynung, allein, nachhero bin ich doch uͤber-
wunden worden.
Unter dieſem unſern Geſpraͤche kam ein Officier
von den Verſchnittenen, uͤberbrachte mir ein ſau-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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