Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

zu werden, bekümmerte sich um die Handlung so
wenig als um den Haußhalt, ging fleißig zum
Truncke und in die Spiel-Hauser, kam entweder
gar nicht, oder doch des Nachts sehr betruncken
nach Hause, und brach die Ursach vom Zaune, Zanck
und Streit anzufangen. Jch begegnete seinem
wunderlichen Humeur mit aller Hoflichkeit, kam
aber doch öffters plötzlich mit ihm unvermuthet in
hefftigen Wort-Streit, so, daß er mich dann und
wann im Eifer sehr übel tractirete, weiln aber, wie
bekandt, in unserm Lande ein Frauenzimmer grosses
Recht hat, schlugen sich zu vielen mahlen beyderseits
Eltern darzwischen, und versöhneten uns wieder
mit einander, damit die Sache nicht zu Weitläuff-
tigkeiten und übler Nachrede ausschlagen möchte.

Mir war nichts weniger in die Gedancken ge-
kommen, als daß die Helena die eintzige Ursach in
meinem Unglück wäre, allein, nach gerade kam ich
darhinter, daß er diese Bestie, welche ihm vielleicht
einen Liebes-Trunck gegeben haben mochte, an-
noch bey allen Gelegenheiten aufs zärtlichste cares-
sir
te, und so offt es sich schickte, Nacht-Visiten bey
derselben abstattete, so lange biß ihn endlich ihr
Mann bey derselben ertappet, und ehe es Tag wur-
de, sehr zerschlagen und verwundet nach Hause brin-
gen ließ.

Mein Mann machte mir weiß: Daß er unter
eine Compagnie falscher Spieler gerathen, und
von ihnen so übel zugerichtet worden wäre; welches
ich denn anfänglich glaubete, allein, die wahrhaff-
te Historie wurde bald Stadt-kundig, welches sich
denn seine und meine Eltern, sonderlich aber ich,

uns

zu werden, bekuͤmmerte ſich um die Handlung ſo
wenig als um den Haußhalt, ging fleißig zum
Truncke und in die Spiel-Hauſer, kam entweder
gar nicht, oder doch des Nachts ſehr betruncken
nach Hauſe, und brach die Urſach vom Zaune, Zanck
und Streit anzufangen. Jch begegnete ſeinem
wunderlichen Humeur mit aller Hoflichkeit, kam
aber doch oͤffters ploͤtzlich mit ihm unvermuthet in
hefftigen Wort-Streit, ſo, daß er mich dann und
wann im Eifer ſehr uͤbel tractirete, weiln aber, wie
bekandt, in unſerm Lande ein Frauenzimmer groſſes
Recht hat, ſchlugen ſich zu vielen mahlen beyderſeits
Eltern darzwiſchen, und verſoͤhneten uns wieder
mit einander, damit die Sache nicht zu Weitlaͤuff-
tigkeiten und uͤbler Nachrede ausſchlagen moͤchte.

Mir war nichts weniger in die Gedancken ge-
kommen, als daß die Helena die eintzige Urſach in
meinem Ungluͤck waͤre, allein, nach gerade kam ich
darhinter, daß er dieſe Beſtie, welche ihm vielleicht
einen Liebes-Trunck gegeben haben mochte, an-
noch bey allen Gelegenheiten aufs zaͤrtlichſte cares-
ſir
te, und ſo offt es ſich ſchickte, Nacht-Viſiten bey
derſelben abſtattete, ſo lange biß ihn endlich ihr
Mann bey derſelben ertappet, und ehe es Tag wur-
de, ſehr zerſchlagen und verwundet nach Hauſe brin-
gen ließ.

Mein Mann machte mir weiß: Daß er unter
eine Compagnie falſcher Spieler gerathen, und
von ihnen ſo uͤbel zugerichtet worden waͤre; welches
ich denn anfaͤnglich glaubete, allein, die wahrhaff-
te Hiſtorie wurde bald Stadt-kundig, welches ſich
denn ſeine und meine Eltern, ſonderlich aber ich,

uns
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="160"/>
zu werden, beku&#x0364;mmerte &#x017F;ich um die Handlung &#x017F;o<lb/>
wenig als um den Haußhalt, ging fleißig zum<lb/>
Truncke und in die Spiel-Hau&#x017F;er, kam entweder<lb/>
gar nicht, oder doch des Nachts &#x017F;ehr betruncken<lb/>
nach Hau&#x017F;e, und brach die Ur&#x017F;ach vom Zaune, Zanck<lb/>
und Streit anzufangen. Jch begegnete &#x017F;einem<lb/>
wunderlichen <hi rendition="#aq">Humeur</hi> mit aller Hoflichkeit, kam<lb/>
aber doch o&#x0364;ffters plo&#x0364;tzlich mit ihm unvermuthet in<lb/>
hefftigen Wort-Streit, &#x017F;o, daß er mich dann und<lb/>
wann im Eifer &#x017F;ehr u&#x0364;bel <hi rendition="#aq">tractir</hi>ete, weiln aber, wie<lb/>
bekandt, in un&#x017F;erm Lande ein Frauenzimmer gro&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Recht hat, &#x017F;chlugen &#x017F;ich zu vielen mahlen beyder&#x017F;eits<lb/>
Eltern darzwi&#x017F;chen, und ver&#x017F;o&#x0364;hneten uns wieder<lb/>
mit einander, damit die Sache nicht zu Weitla&#x0364;uff-<lb/>
tigkeiten und u&#x0364;bler Nachrede aus&#x017F;chlagen mo&#x0364;chte.</p><lb/>
          <p>Mir war nichts weniger in die Gedancken ge-<lb/>
kommen, als daß die <hi rendition="#aq">Helena</hi> die eintzige Ur&#x017F;ach in<lb/>
meinem Unglu&#x0364;ck wa&#x0364;re, allein, nach gerade kam ich<lb/>
darhinter, daß er die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Be&#x017F;tie,</hi> welche ihm vielleicht<lb/>
einen Liebes-Trunck gegeben haben mochte, an-<lb/>
noch bey allen Gelegenheiten aufs za&#x0364;rtlich&#x017F;te <hi rendition="#aq">cares-<lb/>
&#x017F;ir</hi>te, und &#x017F;o offt es &#x017F;ich &#x017F;chickte, Nacht-<hi rendition="#aq">Vi&#x017F;it</hi>en bey<lb/>
der&#x017F;elben ab&#x017F;tattete, &#x017F;o lange biß ihn endlich ihr<lb/>
Mann bey der&#x017F;elben ertappet, und ehe es Tag wur-<lb/>
de, &#x017F;ehr zer&#x017F;chlagen und verwundet nach Hau&#x017F;e brin-<lb/>
gen ließ.</p><lb/>
          <p>Mein Mann machte mir weiß: Daß er unter<lb/>
eine <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> fal&#x017F;cher Spieler gerathen, und<lb/>
von ihnen &#x017F;o u&#x0364;bel zugerichtet worden wa&#x0364;re; welches<lb/>
ich denn anfa&#x0364;nglich glaubete, allein, die wahrhaff-<lb/>
te Hi&#x017F;torie wurde bald Stadt-kundig, welches &#x017F;ich<lb/>
denn &#x017F;eine und meine Eltern, &#x017F;onderlich aber ich,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">uns</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0168] zu werden, bekuͤmmerte ſich um die Handlung ſo wenig als um den Haußhalt, ging fleißig zum Truncke und in die Spiel-Hauſer, kam entweder gar nicht, oder doch des Nachts ſehr betruncken nach Hauſe, und brach die Urſach vom Zaune, Zanck und Streit anzufangen. Jch begegnete ſeinem wunderlichen Humeur mit aller Hoflichkeit, kam aber doch oͤffters ploͤtzlich mit ihm unvermuthet in hefftigen Wort-Streit, ſo, daß er mich dann und wann im Eifer ſehr uͤbel tractirete, weiln aber, wie bekandt, in unſerm Lande ein Frauenzimmer groſſes Recht hat, ſchlugen ſich zu vielen mahlen beyderſeits Eltern darzwiſchen, und verſoͤhneten uns wieder mit einander, damit die Sache nicht zu Weitlaͤuff- tigkeiten und uͤbler Nachrede ausſchlagen moͤchte. Mir war nichts weniger in die Gedancken ge- kommen, als daß die Helena die eintzige Urſach in meinem Ungluͤck waͤre, allein, nach gerade kam ich darhinter, daß er dieſe Beſtie, welche ihm vielleicht einen Liebes-Trunck gegeben haben mochte, an- noch bey allen Gelegenheiten aufs zaͤrtlichſte cares- ſirte, und ſo offt es ſich ſchickte, Nacht-Viſiten bey derſelben abſtattete, ſo lange biß ihn endlich ihr Mann bey derſelben ertappet, und ehe es Tag wur- de, ſehr zerſchlagen und verwundet nach Hauſe brin- gen ließ. Mein Mann machte mir weiß: Daß er unter eine Compagnie falſcher Spieler gerathen, und von ihnen ſo uͤbel zugerichtet worden waͤre; welches ich denn anfaͤnglich glaubete, allein, die wahrhaff- te Hiſtorie wurde bald Stadt-kundig, welches ſich denn ſeine und meine Eltern, ſonderlich aber ich, uns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/168
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/168>, abgerufen am 23.11.2024.