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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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kam mir auf einmahl in die Gedancken, nachhero
aber wuste ich nicht, ob ich wünschen möchte, daß sie
von ihrem Manne wieder angenommen, oder ver-
stossen, und mir zu Theile werden solte. Solcher-
gestalt blieb mein vorgenommener Schlaff gantz
aussen, es stelleten sich aber dagegen die Annehm-
lichkeiten meiner schönen Ländsmännin immer mehr
und mehr vor meine Auge, so, daß ich biß auf den
höchsten Grad verliebt in sie wurde, und weiter an
nichts anders gedachte, biß sie endlich ihr Cabinet
eröffnete, durch die Stube hinweg ging, und das
Aufwarte-Mädgen ruffte, welches sich aber auch
in einem gantz kleinen Cabinet ein wenig zur Ruhe
gelegt hatte, und so gleich zum Vorscheine kam.

Jch stund ebenfalls gleich auf, und fragte: Wie
sie sich befände? und, ob sie wohl geschlaffen hät-
te? Es ist, anwortete sie, kein Schlaff in meine
Augen gekommen, sondern ich habe nur meinem
zukünfftigen Schicksale beständig entgegen gedacht,
jedoch letztlich alles der Fügung des Himmels an-
heim gestellet, und mich gefasst gemacht, alles Un-
glück mit der grösten Gelassenheit zu ertragen, wenn
ich nur bleiben kan, wo Christen seyn, um mich
mit GOttes Wort und dem Rathe guter Freunde
zu trösten.

Dieses ist eine Resolution, versetzte ich, welche
nur bloß allein tugendhaffte Seelen, so, wie die Jh-
rige beschaffen ist, ergreiffin können; bleiben Sie
dabey, und lassen im übrigen den Himmel walten.
Allein, was ist zu Dero Diensten, denn ich habe ge-
höret, daß sie der Magd geruffen? Nichts weiter,
replicirte sie, als daß sie auf die Apotheque gehen,

und

kam mir auf einmahl in die Gedancken, nachhero
aber wuſte ich nicht, ob ich wuͤnſchen moͤchte, daß ſie
von ihrem Manne wieder angenommen, oder ver-
ſtoſſen, und mir zu Theile werden ſolte. Solcher-
geſtalt blieb mein vorgenommener Schlaff gantz
auſſen, es ſtelleten ſich aber dagegen die Annehm-
lichkeiten meiner ſchoͤnen Laͤndsmaͤnnin immer mehr
und mehr vor meine Auge, ſo, daß ich biß auf den
hoͤchſten Grad verliebt in ſie wurde, und weiter an
nichts anders gedachte, biß ſie endlich ihr Cabinet
eroͤffnete, durch die Stube hinweg ging, und das
Aufwarte-Maͤdgen ruffte, welches ſich aber auch
in einem gantz kleinen Cabinet ein wenig zur Ruhe
gelegt hatte, und ſo gleich zum Vorſcheine kam.

Jch ſtund ebenfalls gleich auf, und fragte: Wie
ſie ſich befaͤnde? und, ob ſie wohl geſchlaffen haͤt-
te? Es iſt, anwortete ſie, kein Schlaff in meine
Augen gekommen, ſondern ich habe nur meinem
zukuͤnfftigen Schickſale beſtaͤndig entgegen gedacht,
jedoch letztlich alles der Fuͤgung des Himmels an-
heim geſtellet, und mich gefaſſt gemacht, alles Un-
gluͤck mit der groͤſten Gelaſſenheit zu ertragen, wenn
ich nur bleiben kan, wo Chriſten ſeyn, um mich
mit GOttes Wort und dem Rathe guter Freunde
zu troͤſten.

Dieſes iſt eine Reſolution, verſetzte ich, welche
nur bloß allein tugendhaffte Seelen, ſo, wie die Jh-
rige beſchaffen iſt, ergreiffin koͤnnen; bleiben Sie
dabey, und laſſen im uͤbrigen den Himmel walten.
Allein, was iſt zu Dero Dienſten, denn ich habe ge-
hoͤret, daß ſie der Magd geruffen? Nichts weiter,
replicirte ſie, als daß ſie auf die Apotheque gehen,

und
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[144/0152] kam mir auf einmahl in die Gedancken, nachhero aber wuſte ich nicht, ob ich wuͤnſchen moͤchte, daß ſie von ihrem Manne wieder angenommen, oder ver- ſtoſſen, und mir zu Theile werden ſolte. Solcher- geſtalt blieb mein vorgenommener Schlaff gantz auſſen, es ſtelleten ſich aber dagegen die Annehm- lichkeiten meiner ſchoͤnen Laͤndsmaͤnnin immer mehr und mehr vor meine Auge, ſo, daß ich biß auf den hoͤchſten Grad verliebt in ſie wurde, und weiter an nichts anders gedachte, biß ſie endlich ihr Cabinet eroͤffnete, durch die Stube hinweg ging, und das Aufwarte-Maͤdgen ruffte, welches ſich aber auch in einem gantz kleinen Cabinet ein wenig zur Ruhe gelegt hatte, und ſo gleich zum Vorſcheine kam. Jch ſtund ebenfalls gleich auf, und fragte: Wie ſie ſich befaͤnde? und, ob ſie wohl geſchlaffen haͤt- te? Es iſt, anwortete ſie, kein Schlaff in meine Augen gekommen, ſondern ich habe nur meinem zukuͤnfftigen Schickſale beſtaͤndig entgegen gedacht, jedoch letztlich alles der Fuͤgung des Himmels an- heim geſtellet, und mich gefaſſt gemacht, alles Un- gluͤck mit der groͤſten Gelaſſenheit zu ertragen, wenn ich nur bleiben kan, wo Chriſten ſeyn, um mich mit GOttes Wort und dem Rathe guter Freunde zu troͤſten. Dieſes iſt eine Reſolution, verſetzte ich, welche nur bloß allein tugendhaffte Seelen, ſo, wie die Jh- rige beſchaffen iſt, ergreiffin koͤnnen; bleiben Sie dabey, und laſſen im uͤbrigen den Himmel walten. Allein, was iſt zu Dero Dienſten, denn ich habe ge- hoͤret, daß ſie der Magd geruffen? Nichts weiter, replicirte ſie, als daß ſie auf die Apotheque gehen, und

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/152>, abgerufen am 22.11.2024.