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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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te, in ein Zimmer geführet, wo noch 3. andere
Europäische Knaben, nehmlich 2. Spanier und
ein Portugiese von Geburth, die alle 3. kaum 16.
Jahr alt, sich unter der Aufsicht eines Marocca-
ni
schen Lehrmeisters befanden, der sie in dasiger
Rechts-Gelehrsamkeit, der Grammatic, Poesie,
Stern-Seher- und Stern-Deuter-Kunst, wie
auch in vielen andern Wissenschafften, hauptsäch-
lich aber in der Arabischen Sprache unterrichtete.

Diese 3. Pursche erfreueten sich ungemein, noch
einen Mit-Consorten ihres Unglücks zu bekommen,
und weil wir alle 4. gut mit einander sprechen kon-
ten, wurden wir gar bald gute Freunde. Jch
bekam so gleich so kostbare Lieberey als wie sie; wir
wurden von 2. mohrischen Knaben bedienet, spei-
seten nebst unserm Informatore allein, und hatten
alle Mahlzeiten 8. Gerichte nebst dem besten Ge-
träncke, jedoch keinen Wein, denn es heist, die Ma-
roccaner
dürffen keinen Wein trincken, ohnge-
acht vortreffliche Wein-Stöcke in diesem Reiche
anzutreffen, so, daß öffters 2. Männer kaum einen
Weinstock umklafftern können, und die Beeren
an den Trauben offt grösser als die Hüner-Eyer
sind. Weil ihnen aber dieses edle Gewächse so
gar sehr appetitlich vorkömmt, kochen sie die
Trauben, und praepariren ein besonderes Geträn-
cke daraus, welchem sie einen andern Nahmen,
ihrer Kehle aber ein herrliches Labsal damit geben.

Jedoch von meinen und meiner Mit-Consor-
r
en Abwartung und Stande ferner zu reden, so
wurden wir solchergestalt nicht anders als würck-
liche Leib-Pagen des Kaysers tractiret, thaten

aber

te, in ein Zimmer gefuͤhret, wo noch 3. andere
Europaͤiſche Knaben, nehmlich 2. Spanier und
ein Portugieſe von Geburth, die alle 3. kaum 16.
Jahr alt, ſich unter der Aufſicht eines Marocca-
ni
ſchen Lehrmeiſters befanden, der ſie in daſiger
Rechts-Gelehrſamkeit, der Grammatic, Poëſie,
Stern-Seher- und Stern-Deuter-Kunſt, wie
auch in vielen andern Wiſſenſchafften, hauptſaͤch-
lich aber in der Arabiſchen Sprache unterrichtete.

Dieſe 3. Purſche erfreueten ſich ungemein, noch
einen Mit-Conſorten ihres Ungluͤcks zu bekom̃en,
und weil wir alle 4. gut mit einander ſprechen kon-
ten, wurden wir gar bald gute Freunde. Jch
bekam ſo gleich ſo koſtbare Lieberey als wie ſie; wir
wurden von 2. mohriſchen Knaben bedienet, ſpei-
ſeten nebſt unſerm Informatore allein, und hatten
alle Mahlzeiten 8. Gerichte nebſt dem beſten Ge-
traͤncke, jedoch keinen Wein, denn es heiſt, die Ma-
roccaner
duͤrffen keinen Wein trincken, ohnge-
acht vortreffliche Wein-Stoͤcke in dieſem Reiche
anzutreffen, ſo, daß oͤffters 2. Maͤnner kaum einen
Weinſtock umklafftern koͤnnen, und die Beeren
an den Trauben offt groͤſſer als die Huͤner-Eyer
ſind. Weil ihnen aber dieſes edle Gewaͤchſe ſo
gar ſehr appetitlich vorkoͤmmt, kochen ſie die
Trauben, und præpariren ein beſonderes Getraͤn-
cke daraus, welchem ſie einen andern Nahmen,
ihrer Kehle aber ein herrliches Labſal damit geben.

Jedoch von meinen und meiner Mit-Conſor-
r
en Abwartung und Stande ferner zu reden, ſo
wurden wir ſolchergeſtalt nicht anders als wuͤrck-
liche Leib-Pagen des Kayſers tractiret, thaten

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[98/0106] te, in ein Zimmer gefuͤhret, wo noch 3. andere Europaͤiſche Knaben, nehmlich 2. Spanier und ein Portugieſe von Geburth, die alle 3. kaum 16. Jahr alt, ſich unter der Aufſicht eines Marocca- niſchen Lehrmeiſters befanden, der ſie in daſiger Rechts-Gelehrſamkeit, der Grammatic, Poëſie, Stern-Seher- und Stern-Deuter-Kunſt, wie auch in vielen andern Wiſſenſchafften, hauptſaͤch- lich aber in der Arabiſchen Sprache unterrichtete. Dieſe 3. Purſche erfreueten ſich ungemein, noch einen Mit-Conſorten ihres Ungluͤcks zu bekom̃en, und weil wir alle 4. gut mit einander ſprechen kon- ten, wurden wir gar bald gute Freunde. Jch bekam ſo gleich ſo koſtbare Lieberey als wie ſie; wir wurden von 2. mohriſchen Knaben bedienet, ſpei- ſeten nebſt unſerm Informatore allein, und hatten alle Mahlzeiten 8. Gerichte nebſt dem beſten Ge- traͤncke, jedoch keinen Wein, denn es heiſt, die Ma- roccaner duͤrffen keinen Wein trincken, ohnge- acht vortreffliche Wein-Stoͤcke in dieſem Reiche anzutreffen, ſo, daß oͤffters 2. Maͤnner kaum einen Weinſtock umklafftern koͤnnen, und die Beeren an den Trauben offt groͤſſer als die Huͤner-Eyer ſind. Weil ihnen aber dieſes edle Gewaͤchſe ſo gar ſehr appetitlich vorkoͤmmt, kochen ſie die Trauben, und præpariren ein beſonderes Getraͤn- cke daraus, welchem ſie einen andern Nahmen, ihrer Kehle aber ein herrliches Labſal damit geben. Jedoch von meinen und meiner Mit-Conſor- ren Abwartung und Stande ferner zu reden, ſo wurden wir ſolchergeſtalt nicht anders als wuͤrck- liche Leib-Pagen des Kayſers tractiret, thaten aber

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/106>, abgerufen am 22.11.2024.