überbringt derowegen der Frau Primariin ein paar Päcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle ausgemessen, da schon der fröhliche Geber von aller Schuld los gesprochen ist, ja als der andere Mensch diesen Flecken nicht alleine wolte auf sich hafften lassen, gibt ihm der Herr Primarius noch diese tröstliche Vermahnung: Er solle es doch immer gut seyn lassen, es wäre ein menschlicher Fehler, welcher durch eine mäßige Kirchen-Censur abge- than werden könte, er wäre ein lediger Mensch, der aus Liebe zu seinem verehligten Nächsten, derglei- chen Sache eher auf sich nehmen könte, als der andere, mit dem es schon etwas mehrers auf sich hätte.
Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen, was GOTT durch den Propheten Micha cap. 3. v. 11. redet: Jhre Häupter richten um Ge- schencke, ihre Priester lehren um Lohn, und ihre Propheten wahrsagen um Geld. Je- doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von meinem damahligen Patrono zu melden, so wußte er alles dermassen politisch zu spielen, daß nie- mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienst in der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer sich vorhero quovis modo mit der Frauen abgefunden, denn weil deren Mann die andern Kirchen- und Schul-Patronos dergestalt eingenommen hatte, daß sie ihn in allen dergleichen Handlungen fast nach eigenem Gefallen schalten und walten liessen, that er mehrentheils was er wolte, doch besser ge- sagt, was seiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche arme Dorff-Prediger, die sich wehe genug haben
thun
d 5
uͤberbringt derowegen der Frau Primariin ein paar Paͤcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle ausgemeſſen, da ſchon der froͤhliche Geber von aller Schuld los geſprochen iſt, ja als der andere Menſch dieſen Flecken nicht alleine wolte auf ſich hafften laſſen, gibt ihm der Herr Primarius noch dieſe troͤſtliche Vermahnung: Er ſolle es doch immer gut ſeyn laſſen, es waͤre ein menſchlicher Fehler, welcher durch eine maͤßige Kirchen-Cenſur abge- than werden koͤnte, er waͤre ein lediger Menſch, der aus Liebe zu ſeinem verehligten Naͤchſten, derglei- chen Sache eher auf ſich nehmen koͤnte, als der andere, mit dem es ſchon etwas mehrers auf ſich haͤtte.
Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen, was GOTT durch den Propheten Micha cap. 3. v. 11. redet: Jhre Haͤupter richten um Ge- ſchencke, ihre Prieſter lehren um Lohn, und ihre Propheten wahrſagen um Geld. Je- doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von meinem damahligen Patrono zu melden, ſo wußte er alles dermaſſen politiſch zu ſpielen, daß nie- mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienſt in der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer ſich vorhero quovis modo mit der Frauen abgefunden, denn weil deren Mann die andern Kirchen- und Schul-Patronos dergeſtalt eingenommen hatte, daß ſie ihn in allen dergleichen Handlungen faſt nach eigenem Gefallen ſchalten und walten lieſſen, that er mehrentheils was er wolte, doch beſſer ge- ſagt, was ſeiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche arme Dorff-Prediger, die ſich wehe genug haben
thun
d 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0071"n="57"/>
uͤberbringt derowegen der Frau <hirendition="#aq">Primariin</hi> ein paar<lb/>
Paͤcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle<lb/>
ausgemeſſen, da ſchon der froͤhliche Geber von aller<lb/>
Schuld los geſprochen iſt, ja als der andere Menſch<lb/>
dieſen Flecken nicht alleine wolte auf ſich hafften<lb/>
laſſen, gibt ihm der Herr <hirendition="#aq">Primarius</hi> noch dieſe<lb/>
troͤſtliche Vermahnung: Er ſolle es doch immer<lb/>
gut ſeyn laſſen, es waͤre ein menſchlicher Fehler,<lb/>
welcher durch eine maͤßige Kirchen-<hirendition="#aq">Cenſur</hi> abge-<lb/>
than werden koͤnte, er waͤre ein lediger Menſch, der<lb/>
aus Liebe zu ſeinem verehligten Naͤchſten, derglei-<lb/>
chen Sache eher auf ſich nehmen koͤnte, als der<lb/>
andere, mit dem es ſchon etwas mehrers auf ſich<lb/>
haͤtte.</p><lb/><p>Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen,<lb/>
was GOTT durch den Propheten <hirendition="#aq">Micha cap. 3.<lb/>
v.</hi> 11. redet: <hirendition="#fr">Jhre Haͤupter richten um Ge-<lb/>ſchencke, ihre Prieſter lehren um Lohn, und<lb/>
ihre Propheten wahrſagen um Geld.</hi> Je-<lb/>
doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von<lb/>
meinem damahligen <hirendition="#aq">Patrono</hi> zu melden, ſo wußte<lb/>
er alles dermaſſen <hirendition="#aq">politi</hi>ſch zu ſpielen, daß nie-<lb/>
mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienſt in<lb/>
der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer ſich<lb/>
vorhero <hirendition="#aq">quovis modo</hi> mit der Frauen abgefunden,<lb/>
denn weil deren Mann die andern Kirchen- und<lb/>
Schul-<hirendition="#aq">Patronos</hi> dergeſtalt eingenommen hatte,<lb/>
daß ſie ihn in allen dergleichen Handlungen faſt<lb/>
nach eigenem Gefallen ſchalten und walten lieſſen,<lb/>
that er mehrentheils was er wolte, doch beſſer ge-<lb/>ſagt, was ſeiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche<lb/>
arme Dorff-Prediger, die ſich wehe genug haben<lb/><fwplace="bottom"type="sig">d 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">thun</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[57/0071]
uͤberbringt derowegen der Frau Primariin ein paar
Paͤcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle
ausgemeſſen, da ſchon der froͤhliche Geber von aller
Schuld los geſprochen iſt, ja als der andere Menſch
dieſen Flecken nicht alleine wolte auf ſich hafften
laſſen, gibt ihm der Herr Primarius noch dieſe
troͤſtliche Vermahnung: Er ſolle es doch immer
gut ſeyn laſſen, es waͤre ein menſchlicher Fehler,
welcher durch eine maͤßige Kirchen-Cenſur abge-
than werden koͤnte, er waͤre ein lediger Menſch, der
aus Liebe zu ſeinem verehligten Naͤchſten, derglei-
chen Sache eher auf ſich nehmen koͤnte, als der
andere, mit dem es ſchon etwas mehrers auf ſich
haͤtte.
Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen,
was GOTT durch den Propheten Micha cap. 3.
v. 11. redet: Jhre Haͤupter richten um Ge-
ſchencke, ihre Prieſter lehren um Lohn, und
ihre Propheten wahrſagen um Geld. Je-
doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von
meinem damahligen Patrono zu melden, ſo wußte
er alles dermaſſen politiſch zu ſpielen, daß nie-
mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienſt in
der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer ſich
vorhero quovis modo mit der Frauen abgefunden,
denn weil deren Mann die andern Kirchen- und
Schul-Patronos dergeſtalt eingenommen hatte,
daß ſie ihn in allen dergleichen Handlungen faſt
nach eigenem Gefallen ſchalten und walten lieſſen,
that er mehrentheils was er wolte, doch beſſer ge-
ſagt, was ſeiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche
arme Dorff-Prediger, die ſich wehe genug haben
thun
d 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/71>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.