Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

ge zu Kleidungen, nebst allerhand Gold-Stücken
und Edelsteinen, mit dem Versprechen ihr selbiges
alles zu verehren, wenn sie sich entschliessen wolte, mir
die Haupt-Probe ihrer Gegen-Liebe zuzustehen, aber
sie blieb hierbey gantz unbeweglich, weßwegen ich
mich endlich anstellete, als ob ich das gesuchte Ver-
gnügen mit Gewalt finden wolte; Allein die keusche
Seele fiel zu meinen Füssen nieder, umfassete meine
Knie, und bat mich, unter Vergiessung häuffiger
Thränen, ihrer Keuschheit vielmehr ein Beschützer
als Verfolger zu seyn. Diese seltsame, und von ei-
ner Heydin niemahls vermuthete tugendhaffte Auf-
führung, ging mir dergestalt zu Hertzen, daß ich
mich nicht länger halten konte, sondern ihr das gantze
Geheimniß eröffnete, auch die versteckten Zeugen ih-
rer besondern Keuschheit herbey rief. Die Sachen
wurden nachhero dahin verglichen, daß Wellingson
und Frisch, mit einander um die Braut losen, der
Gewinner aber dieselbe nicht eher als nach Verlauff
zweyer Jahre heyrathen solte, binnen welcher Zeit sie
nicht allein den christl. Glauben, sondern auch nach-
hero, den ihr vom Glück zugetheilten Ehe-Mann an-
zunehmen selbst versprach.

Solchergestalt wurden die beyden Arrestirten,
ohne weitere Strafe wieder auf freyen Fuß gestel-
let, und liessen sich den Vorschlag des Loses endlich
auch in so weit gefallen, daß der Gewinner nicht al-
lein die Braut behalten, sondern auch nicht schuldig
seyn solte, dem andern das geringste vom Kauff-
Gelde heraus zu geben, sondern selbiges als eine
Morgen-Gabe zu behalten.

Das Glücke wendete sich im Losen, auf des Hol-

steiner

ge zu Kleidungen, nebſt allerhand Gold-Stuͤcken
und Edelſteinen, mit dem Verſprechen ihr ſelbiges
alles zu verehren, wenn ſie ſich entſchlieſſen wolte, mir
die Haupt-Probe ihrer Gegen-Liebe zuzuſtehen, aber
ſie blieb hierbey gantz unbeweglich, weßwegen ich
mich endlich anſtellete, als ob ich das geſuchte Ver-
gnuͤgen mit Gewalt finden wolte; Allein die keuſche
Seele fiel zu meinen Fuͤſſen nieder, umfaſſete meine
Knie, und bat mich, unter Vergieſſung haͤuffiger
Thraͤnen, ihrer Keuſchheit vielmehr ein Beſchuͤtzer
als Verfolger zu ſeyn. Dieſe ſeltſame, und von ei-
ner Heydin niemahls vermuthete tugendhaffte Auf-
fuͤhrung, ging mir dergeſtalt zu Hertzen, daß ich
mich nicht laͤnger halten konte, ſondern ihr das gantze
Geheimniß eroͤffnete, auch die verſteckten Zeugen ih-
rer beſondern Keuſchheit herbey rief. Die Sachen
wurden nachhero dahin verglichen, daß Wellingſon
und Friſch, mit einander um die Braut loſen, der
Gewinner aber dieſelbe nicht eher als nach Verlauff
zweyer Jahre heyrathen ſolte, binnen welcher Zeit ſie
nicht allein den chriſtl. Glauben, ſondern auch nach-
hero, den ihr vom Gluͤck zugetheilten Ehe-Mann an-
zunehmen ſelbſt verſprach.

Solchergeſtalt wurden die beyden Arreſtirten,
ohne weitere Strafe wieder auf freyen Fuß geſtel-
let, und lieſſen ſich den Vorſchlag des Loſes endlich
auch in ſo weit gefallen, daß der Gewinner nicht al-
lein die Braut behalten, ſondern auch nicht ſchuldig
ſeyn ſolte, dem andern das geringſte vom Kauff-
Gelde heraus zu geben, ſondern ſelbiges als eine
Morgen-Gabe zu behalten.

Das Gluͤcke wendete ſich im Loſen, auf des Hol-

ſteiner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0552" n="536"/>
ge zu Kleidungen, neb&#x017F;t allerhand Gold-Stu&#x0364;cken<lb/>
und Edel&#x017F;teinen, mit dem Ver&#x017F;prechen ihr &#x017F;elbiges<lb/>
alles zu verehren, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en wolte, mir<lb/>
die Haupt-Probe ihrer Gegen-Liebe zuzu&#x017F;tehen, aber<lb/>
&#x017F;ie blieb hierbey gantz unbeweglich, weßwegen ich<lb/>
mich endlich an&#x017F;tellete, als ob ich das ge&#x017F;uchte Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen mit Gewalt finden wolte; Allein die keu&#x017F;che<lb/>
Seele fiel zu meinen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nieder, umfa&#x017F;&#x017F;ete meine<lb/>
Knie, und bat mich, unter Vergie&#x017F;&#x017F;ung ha&#x0364;uffiger<lb/>
Thra&#x0364;nen, ihrer Keu&#x017F;chheit vielmehr ein Be&#x017F;chu&#x0364;tzer<lb/>
als Verfolger zu &#x017F;eyn. Die&#x017F;e &#x017F;elt&#x017F;ame, und von ei-<lb/>
ner Heydin niemahls vermuthete tugendhaffte Auf-<lb/>
fu&#x0364;hrung, ging mir derge&#x017F;talt zu Hertzen, daß ich<lb/>
mich nicht la&#x0364;nger halten konte, &#x017F;ondern ihr das gantze<lb/>
Geheimniß ero&#x0364;ffnete, auch die ver&#x017F;teckten Zeugen ih-<lb/>
rer be&#x017F;ondern Keu&#x017F;chheit herbey rief. Die Sachen<lb/>
wurden nachhero dahin verglichen, daß Welling&#x017F;on<lb/>
und Fri&#x017F;ch, mit einander um die Braut lo&#x017F;en, der<lb/>
Gewinner aber die&#x017F;elbe nicht eher als nach Verlauff<lb/>
zweyer Jahre heyrathen &#x017F;olte, binnen welcher Zeit &#x017F;ie<lb/>
nicht allein den chri&#x017F;tl. Glauben, &#x017F;ondern auch nach-<lb/>
hero, den ihr vom Glu&#x0364;ck zugetheilten Ehe-Mann an-<lb/>
zunehmen &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;prach.</p><lb/>
            <p>Solcherge&#x017F;talt wurden die beyden <hi rendition="#aq">Arre&#x017F;tir</hi>ten,<lb/>
ohne weitere Strafe wieder auf freyen Fuß ge&#x017F;tel-<lb/>
let, und lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich den Vor&#x017F;chlag des Lo&#x017F;es endlich<lb/>
auch in &#x017F;o weit gefallen, daß der Gewinner nicht al-<lb/>
lein die Braut behalten, &#x017F;ondern auch nicht &#x017F;chuldig<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olte, dem andern das gering&#x017F;te vom Kauff-<lb/>
Gelde heraus zu geben, &#x017F;ondern &#x017F;elbiges als eine<lb/>
Morgen-Gabe zu behalten.</p><lb/>
            <p>Das Glu&#x0364;cke wendete &#x017F;ich im Lo&#x017F;en, auf des Hol-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;teiner</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[536/0552] ge zu Kleidungen, nebſt allerhand Gold-Stuͤcken und Edelſteinen, mit dem Verſprechen ihr ſelbiges alles zu verehren, wenn ſie ſich entſchlieſſen wolte, mir die Haupt-Probe ihrer Gegen-Liebe zuzuſtehen, aber ſie blieb hierbey gantz unbeweglich, weßwegen ich mich endlich anſtellete, als ob ich das geſuchte Ver- gnuͤgen mit Gewalt finden wolte; Allein die keuſche Seele fiel zu meinen Fuͤſſen nieder, umfaſſete meine Knie, und bat mich, unter Vergieſſung haͤuffiger Thraͤnen, ihrer Keuſchheit vielmehr ein Beſchuͤtzer als Verfolger zu ſeyn. Dieſe ſeltſame, und von ei- ner Heydin niemahls vermuthete tugendhaffte Auf- fuͤhrung, ging mir dergeſtalt zu Hertzen, daß ich mich nicht laͤnger halten konte, ſondern ihr das gantze Geheimniß eroͤffnete, auch die verſteckten Zeugen ih- rer beſondern Keuſchheit herbey rief. Die Sachen wurden nachhero dahin verglichen, daß Wellingſon und Friſch, mit einander um die Braut loſen, der Gewinner aber dieſelbe nicht eher als nach Verlauff zweyer Jahre heyrathen ſolte, binnen welcher Zeit ſie nicht allein den chriſtl. Glauben, ſondern auch nach- hero, den ihr vom Gluͤck zugetheilten Ehe-Mann an- zunehmen ſelbſt verſprach. Solchergeſtalt wurden die beyden Arreſtirten, ohne weitere Strafe wieder auf freyen Fuß geſtel- let, und lieſſen ſich den Vorſchlag des Loſes endlich auch in ſo weit gefallen, daß der Gewinner nicht al- lein die Braut behalten, ſondern auch nicht ſchuldig ſeyn ſolte, dem andern das geringſte vom Kauff- Gelde heraus zu geben, ſondern ſelbiges als eine Morgen-Gabe zu behalten. Das Gluͤcke wendete ſich im Loſen, auf des Hol- ſteiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/552
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/552>, abgerufen am 22.11.2024.