Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts anders hin, als die künstlichsten Instrumenta
und Brech-Eisen zu Aufmachung aller Schlösser
und Thüren zu verfertigen.

Mein Herr sprach zu mir: Mein Peter, halte
dich auf morgende Nacht wohl, ich versichere, daß
zum wenigsten auf deinen Theil 6. bis 800. Thlr.
fallen. Herr! sprach ich, und wenn ich nur Ein-
oder 200. Thlr. zu bekommen weiß, so will ich mir
kein Bedencken nehmen, alle diejenigen, so mir ent-
gegen kommen, mit diesem Instrument, (welches
ein dreyzackiges Brech-Eisen war,) mit einem eintzi-
gen Schlage in die andere Welt zu schicken. So
recht! sprach er, du bist nach meinem Sinne. Ach,
daß ich dich nicht schon seit 10. Jahren bey mir ge-
habt habe, wir wolten gewiß um 20000. Thlr.
oder etwas weniger reicher seyn, denn der Himmel
hat mich immer mit dergleichen Kerlen belästiget,
die zwar viel Courage im Maule, aber desto weni-
ger im Hertzen gehabt haben, bey dir aber, mein
Peter, mercke ich nunmehro mehr Courage im
Hertzen als im Maule.

Es muß sich ohnfehlbar wunderlich schicken, ja
ich glaube vielmehr, der Allmächtige GOtt muß ei-
nen Menschen sonderlich verblenden, wenn er ihn
reif zur Strafe befindet, denn mein Herr, der doch
sonsten der Ausbund eines erfahrnen und klugen
Menschen zu seyn schien, hätte mich nur ein klein
wenig genauer betrachten dürffen, so würde er in
meinen Augen und zerrütteten Gebärden, alle
Merckmahle der Angst, Furcht, wenigstens der
Verstellung erblicket haben, allein, wie gesagt, sei-

ne
ii 2

nichts anders hin, als die kuͤnſtlichſten Inſtrumenta
und Brech-Eiſen zu Aufmachung aller Schloͤſſer
und Thuͤren zu verfertigen.

Mein Herr ſprach zu mir: Mein Peter, halte
dich auf morgende Nacht wohl, ich verſichere, daß
zum wenigſten auf deinen Theil 6. bis 800. Thlr.
fallen. Herr! ſprach ich, und wenn ich nur Ein-
oder 200. Thlr. zu bekommen weiß, ſo will ich mir
kein Bedencken nehmen, alle diejenigen, ſo mir ent-
gegen kommen, mit dieſem Inſtrument, (welches
ein dreyzackiges Brech-Eiſen war,) mit einem eintzi-
gen Schlage in die andere Welt zu ſchicken. So
recht! ſprach er, du biſt nach meinem Sinne. Ach,
daß ich dich nicht ſchon ſeit 10. Jahren bey mir ge-
habt habe, wir wolten gewiß um 20000. Thlr.
oder etwas weniger reicher ſeyn, denn der Himmel
hat mich immer mit dergleichen Kerlen belaͤſtiget,
die zwar viel Courage im Maule, aber deſto weni-
ger im Hertzen gehabt haben, bey dir aber, mein
Peter, mercke ich nunmehro mehr Courage im
Hertzen als im Maule.

Es muß ſich ohnfehlbar wunderlich ſchicken, ja
ich glaube vielmehr, der Allmaͤchtige GOtt muß ei-
nen Menſchen ſonderlich verblenden, wenn er ihn
reif zur Strafe befindet, denn mein Herr, der doch
ſonſten der Ausbund eines erfahrnen und klugen
Menſchen zu ſeyn ſchien, haͤtte mich nur ein klein
wenig genauer betrachten duͤrffen, ſo wuͤrde er in
meinen Augen und zerruͤtteten Gebaͤrden, alle
Merckmahle der Angſt, Furcht, wenigſtens der
Verſtellung erblicket haben, allein, wie geſagt, ſei-

ne
ii 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0515" n="499"/>
nichts anders hin, als die ku&#x0364;n&#x017F;tlich&#x017F;ten <hi rendition="#aq">In&#x017F;trumenta</hi><lb/>
und Brech-Ei&#x017F;en zu Aufmachung aller Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und Thu&#x0364;ren zu verfertigen.</p><lb/>
            <p>Mein Herr &#x017F;prach zu mir: Mein <hi rendition="#aq">Peter,</hi> halte<lb/>
dich auf morgende Nacht wohl, ich ver&#x017F;ichere, daß<lb/>
zum wenig&#x017F;ten auf deinen Theil 6. bis 800. Thlr.<lb/>
fallen. Herr! &#x017F;prach ich, und wenn ich nur Ein-<lb/>
oder 200. Thlr. zu bekommen weiß, &#x017F;o will ich mir<lb/>
kein Bedencken nehmen, alle diejenigen, &#x017F;o mir ent-<lb/>
gegen kommen, mit die&#x017F;em <hi rendition="#aq">In&#x017F;trument,</hi> (welches<lb/>
ein dreyzackiges Brech-Ei&#x017F;en war,) mit einem eintzi-<lb/>
gen Schlage in die andere Welt zu &#x017F;chicken. So<lb/>
recht! &#x017F;prach er, du bi&#x017F;t nach meinem Sinne. Ach,<lb/>
daß ich dich nicht &#x017F;chon &#x017F;eit 10. Jahren bey mir ge-<lb/>
habt habe, wir wolten gewiß um 20000. Thlr.<lb/>
oder etwas weniger reicher &#x017F;eyn, denn der Himmel<lb/>
hat mich immer mit dergleichen Kerlen bela&#x0364;&#x017F;tiget,<lb/>
die zwar viel <hi rendition="#aq">Courage</hi> im Maule, aber de&#x017F;to weni-<lb/>
ger im Hertzen gehabt haben, bey dir aber, mein<lb/><hi rendition="#aq">Peter,</hi> mercke ich nunmehro mehr <hi rendition="#aq">Courage</hi> im<lb/>
Hertzen als im Maule.</p><lb/>
            <p>Es muß &#x017F;ich ohnfehlbar wunderlich &#x017F;chicken, ja<lb/>
ich glaube vielmehr, der Allma&#x0364;chtige GOtt muß ei-<lb/>
nen Men&#x017F;chen &#x017F;onderlich verblenden, wenn er ihn<lb/>
reif zur Strafe befindet, denn mein Herr, der doch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten der Ausbund eines erfahrnen und klugen<lb/>
Men&#x017F;chen zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, ha&#x0364;tte mich nur ein klein<lb/>
wenig genauer betrachten du&#x0364;rffen, &#x017F;o wu&#x0364;rde er in<lb/>
meinen Augen und zerru&#x0364;tteten Geba&#x0364;rden, alle<lb/>
Merckmahle der Ang&#x017F;t, Furcht, wenig&#x017F;tens der<lb/>
Ver&#x017F;tellung erblicket haben, allein, wie ge&#x017F;agt, &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">ii 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ne</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[499/0515] nichts anders hin, als die kuͤnſtlichſten Inſtrumenta und Brech-Eiſen zu Aufmachung aller Schloͤſſer und Thuͤren zu verfertigen. Mein Herr ſprach zu mir: Mein Peter, halte dich auf morgende Nacht wohl, ich verſichere, daß zum wenigſten auf deinen Theil 6. bis 800. Thlr. fallen. Herr! ſprach ich, und wenn ich nur Ein- oder 200. Thlr. zu bekommen weiß, ſo will ich mir kein Bedencken nehmen, alle diejenigen, ſo mir ent- gegen kommen, mit dieſem Inſtrument, (welches ein dreyzackiges Brech-Eiſen war,) mit einem eintzi- gen Schlage in die andere Welt zu ſchicken. So recht! ſprach er, du biſt nach meinem Sinne. Ach, daß ich dich nicht ſchon ſeit 10. Jahren bey mir ge- habt habe, wir wolten gewiß um 20000. Thlr. oder etwas weniger reicher ſeyn, denn der Himmel hat mich immer mit dergleichen Kerlen belaͤſtiget, die zwar viel Courage im Maule, aber deſto weni- ger im Hertzen gehabt haben, bey dir aber, mein Peter, mercke ich nunmehro mehr Courage im Hertzen als im Maule. Es muß ſich ohnfehlbar wunderlich ſchicken, ja ich glaube vielmehr, der Allmaͤchtige GOtt muß ei- nen Menſchen ſonderlich verblenden, wenn er ihn reif zur Strafe befindet, denn mein Herr, der doch ſonſten der Ausbund eines erfahrnen und klugen Menſchen zu ſeyn ſchien, haͤtte mich nur ein klein wenig genauer betrachten duͤrffen, ſo wuͤrde er in meinen Augen und zerruͤtteten Gebaͤrden, alle Merckmahle der Angſt, Furcht, wenigſtens der Verſtellung erblicket haben, allein, wie geſagt, ſei- ne ii 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/515
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/515>, abgerufen am 22.11.2024.