same Sicherheit verschafft, hiernächst fand sich ein barmhertziger Wund-Artzt an, welcher meine sehr starck blutende Haupt-Wunde mit dienlichen Bal- sam und Pflaster verband, wie denn auch unzehli- ge vorbey gehende Leute, mir immer ein Geld-Stück über das andere zuwarffen, so daß ich durch dieses Un- glück reicher am Gelde wurde, als ich Zeit Lebens noch nicht gewesen, denn es war, nachdem ich selbiges ge- zehlet hatte, über 3. Thlr. Endlich kam ein Cavalier, der schon in Halle im Gasthofe meine Avanturen mit angehöret, mich auch mit einem 6. Pfenning Stücke beschenckt hatte und fragte, indem er meine Person so gleich erkannte, auf was Art ich zu diesem Scha- den gekommen? Jch gab ihm von allen richtigen Be- scheid, ließ es auch an grausamen Schimpf-Wor- ten, die meinen steltzbeinigen Stief-Vater betraffen, nicht ermangeln. Ja, sprach ich, GOTT wird mir helffen, daß ich noch ein paar Jahr hinlebe, und tüchtig werde eine Musquete und einen Degen zu tragen, so dann will ich dem verlauffnen Mörder das andere Bein auch vom Leibe herunter hauen. Der Cavalier fieng hierüber hertzlich an zu lachen, und sagte: Junge, dein Vorsatz ist dieserwegen löblich, weil es doch scheinet, daß du Courage im Leibe hast, wenn ich mich auf deine Treue und Redlichkeit zu verlassen wüßte, wolte ich dich augenblicklich in mei- ne Dienste nehmen, und dir ein Hand-Pferd zu rei- ten geben. Jch sprang augenblicklich von der Er- den auf, und bat diesen Herrn mit heissen Thränen, mich armen Schelmen anzunehmen, weil ich mich eher 10. mahl tod schlagen lassen, als ihm ein eintzig mahl ungetreu seyn wolte. Demnach befahl er
mir
ſame Sicherheit verſchafft, hiernaͤchſt fand ſich ein barmhertziger Wund-Artzt an, welcher meine ſehr ſtarck blutende Haupt-Wunde mit dienlichen Bal- ſam und Pflaſter verband, wie denn auch unzehli- ge vorbey gehende Leute, mir immer ein Geld-Stuͤck uͤber das andere zuwarffen, ſo daß ich durch dieſes Un- gluͤck reicher am Gelde wurde, als ich Zeit Lebens noch nicht geweſen, denn es war, nachdem ich ſelbiges ge- zehlet hatte, uͤber 3. Thlr. Endlich kam ein Cavalier, der ſchon in Halle im Gaſthofe meine Avanturen mit angehoͤret, mich auch mit einem 6. Pfenning Stuͤcke beſchenckt hatte und fragte, indem er meine Perſon ſo gleich erkannte, auf was Art ich zu dieſem Scha- den gekommen? Jch gab ihm von allen richtigen Be- ſcheid, ließ es auch an grauſamen Schimpf-Wor- ten, die meinen ſteltzbeinigen Stief-Vater betraffen, nicht ermangeln. Ja, ſprach ich, GOTT wird mir helffen, daß ich noch ein paar Jahr hinlebe, und tuͤchtig werde eine Muſquete und einen Degen zu tragen, ſo dann will ich dem verlauffnen Moͤrder das andere Bein auch vom Leibe herunter hauen. Der Cavalier fieng hieruͤber hertzlich an zu lachen, und ſagte: Junge, dein Vorſatz iſt dieſerwegen loͤblich, weil es doch ſcheinet, daß du Courage im Leibe haſt, wenn ich mich auf deine Treue und Redlichkeit zu verlaſſen wuͤßte, wolte ich dich augenblicklich in mei- ne Dienſte nehmen, und dir ein Hand-Pferd zu rei- ten geben. Jch ſprang augenblicklich von der Er- den auf, und bat dieſen Herrn mit heiſſen Thraͤnen, mich armen Schelmen anzunehmen, weil ich mich eher 10. mahl tod ſchlagen laſſen, als ihm ein eintzig mahl ungetreu ſeyn wolte. Demnach befahl er
mir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0493"n="477"/>ſame Sicherheit verſchafft, hiernaͤchſt fand ſich ein<lb/>
barmhertziger Wund-Artzt an, welcher meine ſehr<lb/>ſtarck blutende Haupt-Wunde mit dienlichen Bal-<lb/>ſam und Pflaſter verband, wie denn auch unzehli-<lb/>
ge vorbey gehende Leute, mir immer ein Geld-Stuͤck<lb/>
uͤber das andere zuwarffen, ſo daß ich durch dieſes Un-<lb/>
gluͤck reicher am Gelde wurde, als ich Zeit Lebens noch<lb/>
nicht geweſen, denn es war, nachdem ich ſelbiges ge-<lb/>
zehlet hatte, uͤber 3. Thlr. Endlich kam ein <hirendition="#aq">Cavalier,</hi><lb/>
der ſchon in Halle im Gaſthofe meine <hirendition="#aq">Avantur</hi>en mit<lb/>
angehoͤret, mich auch mit einem 6. Pfenning Stuͤcke<lb/>
beſchenckt hatte und fragte, indem er meine Perſon ſo<lb/>
gleich erkannte, auf was Art ich zu dieſem Scha-<lb/>
den gekommen? Jch gab ihm von allen richtigen Be-<lb/>ſcheid, ließ es auch an grauſamen Schimpf-Wor-<lb/>
ten, die meinen ſteltzbeinigen Stief-Vater betraffen,<lb/>
nicht ermangeln. Ja, ſprach ich, GOTT wird<lb/>
mir helffen, daß ich noch ein paar Jahr hinlebe, und<lb/>
tuͤchtig werde eine <hirendition="#aq">Muſquete</hi> und einen Degen zu<lb/>
tragen, ſo dann will ich dem verlauffnen Moͤrder das<lb/>
andere Bein auch vom Leibe herunter hauen. Der<lb/><hirendition="#aq">Cavalier</hi> fieng hieruͤber hertzlich an zu lachen, und<lb/>ſagte: Junge, dein Vorſatz iſt dieſerwegen loͤblich,<lb/>
weil es doch ſcheinet, daß du <hirendition="#aq">Courage</hi> im Leibe haſt,<lb/>
wenn ich mich auf deine Treue und Redlichkeit zu<lb/>
verlaſſen wuͤßte, wolte ich dich augenblicklich in mei-<lb/>
ne Dienſte nehmen, und dir ein Hand-Pferd zu rei-<lb/>
ten geben. Jch ſprang augenblicklich von der Er-<lb/>
den auf, und bat dieſen Herrn mit heiſſen Thraͤnen,<lb/>
mich armen Schelmen anzunehmen, weil ich mich<lb/>
eher 10. mahl tod ſchlagen laſſen, als ihm ein eintzig<lb/>
mahl ungetreu ſeyn wolte. Demnach befahl er<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mir</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[477/0493]
ſame Sicherheit verſchafft, hiernaͤchſt fand ſich ein
barmhertziger Wund-Artzt an, welcher meine ſehr
ſtarck blutende Haupt-Wunde mit dienlichen Bal-
ſam und Pflaſter verband, wie denn auch unzehli-
ge vorbey gehende Leute, mir immer ein Geld-Stuͤck
uͤber das andere zuwarffen, ſo daß ich durch dieſes Un-
gluͤck reicher am Gelde wurde, als ich Zeit Lebens noch
nicht geweſen, denn es war, nachdem ich ſelbiges ge-
zehlet hatte, uͤber 3. Thlr. Endlich kam ein Cavalier,
der ſchon in Halle im Gaſthofe meine Avanturen mit
angehoͤret, mich auch mit einem 6. Pfenning Stuͤcke
beſchenckt hatte und fragte, indem er meine Perſon ſo
gleich erkannte, auf was Art ich zu dieſem Scha-
den gekommen? Jch gab ihm von allen richtigen Be-
ſcheid, ließ es auch an grauſamen Schimpf-Wor-
ten, die meinen ſteltzbeinigen Stief-Vater betraffen,
nicht ermangeln. Ja, ſprach ich, GOTT wird
mir helffen, daß ich noch ein paar Jahr hinlebe, und
tuͤchtig werde eine Muſquete und einen Degen zu
tragen, ſo dann will ich dem verlauffnen Moͤrder das
andere Bein auch vom Leibe herunter hauen. Der
Cavalier fieng hieruͤber hertzlich an zu lachen, und
ſagte: Junge, dein Vorſatz iſt dieſerwegen loͤblich,
weil es doch ſcheinet, daß du Courage im Leibe haſt,
wenn ich mich auf deine Treue und Redlichkeit zu
verlaſſen wuͤßte, wolte ich dich augenblicklich in mei-
ne Dienſte nehmen, und dir ein Hand-Pferd zu rei-
ten geben. Jch ſprang augenblicklich von der Er-
den auf, und bat dieſen Herrn mit heiſſen Thraͤnen,
mich armen Schelmen anzunehmen, weil ich mich
eher 10. mahl tod ſchlagen laſſen, als ihm ein eintzig
mahl ungetreu ſeyn wolte. Demnach befahl er
mir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/493>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.