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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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richt, daß der alte Susannen-Bruder meine Schwe-
ster zu heyrathen, mir aber 200. Thlr. im voraus
zu geben versprochen, wenn ich seiner losen Tochter
Kind, vor das meinige annehmen wolte, welches
ihr eigentlich ein abgereiseter Schüler hinterlassen
hätte.

Wider den ersten Punct, daß nemlich aus dem
Schwieger-Vater ein Schwager werden solte,
hatte ich nicht das geringste einzuwenden, allein
vor meine Person fand ich höchst unbillig, eines
andern Schand-Balg anzunehmen, vielmehr ver-
schwur ich mich hoch und theuer, diesen Schimpf
mit Blute auszuwischen, wenn man mich nicht,
noch ehe es Abend würde, mit baaren Gelde befrie-
digte, und den Leuten den rechten Vater des Hur-
Kindes bekandt machte. Uber dieses, sprach ich
ferner, wäre es nicht genug, daß der alte geile
Bock meine Schwester nunmehro als eine geschän-
de heyrathete, denn da sie ihm als Frau gut genug
zu seyn geschienen, hätte er sie wohl in Ehren darzu
verlangen, und annehmen können, weil sie ehrlicher
Leute Kind, und noch bessern Herkommens, als er
selbst sey. Jch wüßte aber schon, war mein Zusatz,
was ich vor einen Streich zu spielen bey mir be-
schlossen hätte. Diese und dergleichen Drohun-
gen, worbey ich den blosen Degen nicht von ab-
händen kommen ließ, würckten so viel, daß ich bin-
nen wenig Stunden von dem Alten durch meine
Mutter 100. Thlr. baar Geld ausgezahlet bekam,
mit dem Bedeuten, daß wenn ich das Haus ver-
lassen, und die übrigen wenigen Lehr-Monate bey
einem andern Stadt-Meister ausstehen wolte, ich

noch

richt, daß der alte Suſannen-Bruder meine Schwe-
ſter zu heyrathen, mir aber 200. Thlr. im voraus
zu geben verſprochen, wenn ich ſeiner loſen Tochter
Kind, vor das meinige annehmen wolte, welches
ihr eigentlich ein abgereiſeter Schuͤler hinterlaſſen
haͤtte.

Wider den erſten Punct, daß nemlich aus dem
Schwieger-Vater ein Schwager werden ſolte,
hatte ich nicht das geringſte einzuwenden, allein
vor meine Perſon fand ich hoͤchſt unbillig, eines
andern Schand-Balg anzunehmen, vielmehr ver-
ſchwur ich mich hoch und theuer, dieſen Schimpf
mit Blute auszuwiſchen, wenn man mich nicht,
noch ehe es Abend wuͤrde, mit baaren Gelde befrie-
digte, und den Leuten den rechten Vater des Hur-
Kindes bekandt machte. Uber dieſes, ſprach ich
ferner, waͤre es nicht genug, daß der alte geile
Bock meine Schweſter nunmehro als eine geſchaͤn-
de heyrathete, denn da ſie ihm als Frau gut genug
zu ſeyn geſchienen, haͤtte er ſie wohl in Ehren darzu
verlangen, und annehmen koͤnnen, weil ſie ehrlicher
Leute Kind, und noch beſſern Herkommens, als er
ſelbſt ſey. Jch wuͤßte aber ſchon, war mein Zuſatz,
was ich vor einen Streich zu ſpielen bey mir be-
ſchloſſen haͤtte. Dieſe und dergleichen Drohun-
gen, worbey ich den bloſen Degen nicht von ab-
haͤnden kommen ließ, wuͤrckten ſo viel, daß ich bin-
nen wenig Stunden von dem Alten durch meine
Mutter 100. Thlr. baar Geld ausgezahlet bekam,
mit dem Bedeuten, daß wenn ich das Haus ver-
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einem andern Stadt-Meiſter ausſtehen wolte, ich

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[444/0458] richt, daß der alte Suſannen-Bruder meine Schwe- ſter zu heyrathen, mir aber 200. Thlr. im voraus zu geben verſprochen, wenn ich ſeiner loſen Tochter Kind, vor das meinige annehmen wolte, welches ihr eigentlich ein abgereiſeter Schuͤler hinterlaſſen haͤtte. Wider den erſten Punct, daß nemlich aus dem Schwieger-Vater ein Schwager werden ſolte, hatte ich nicht das geringſte einzuwenden, allein vor meine Perſon fand ich hoͤchſt unbillig, eines andern Schand-Balg anzunehmen, vielmehr ver- ſchwur ich mich hoch und theuer, dieſen Schimpf mit Blute auszuwiſchen, wenn man mich nicht, noch ehe es Abend wuͤrde, mit baaren Gelde befrie- digte, und den Leuten den rechten Vater des Hur- Kindes bekandt machte. Uber dieſes, ſprach ich ferner, waͤre es nicht genug, daß der alte geile Bock meine Schweſter nunmehro als eine geſchaͤn- de heyrathete, denn da ſie ihm als Frau gut genug zu ſeyn geſchienen, haͤtte er ſie wohl in Ehren darzu verlangen, und annehmen koͤnnen, weil ſie ehrlicher Leute Kind, und noch beſſern Herkommens, als er ſelbſt ſey. Jch wuͤßte aber ſchon, war mein Zuſatz, was ich vor einen Streich zu ſpielen bey mir be- ſchloſſen haͤtte. Dieſe und dergleichen Drohun- gen, worbey ich den bloſen Degen nicht von ab- haͤnden kommen ließ, wuͤrckten ſo viel, daß ich bin- nen wenig Stunden von dem Alten durch meine Mutter 100. Thlr. baar Geld ausgezahlet bekam, mit dem Bedeuten, daß wenn ich das Haus ver- laſſen, und die uͤbrigen wenigen Lehr-Monate bey einem andern Stadt-Meiſter ausſtehen wolte, ich noch

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/458>, abgerufen am 25.11.2024.