ich schlug mich noch ins Mittel, und vertrat die Vi- ces meines Schwagers, welcher sich so wohl als der Cantor dergestalt ergifftet hatte, daß er kein Glied stille halten konte. Die Sache kam zur Klage und Untersuchung, mein Schwager aber war nicht faul, seine Defensions-Schrifft in folgenden Zeilen ein- zugeben:
P. P.
Der weise Haus-Zucht-und Sitten-Leh- rer Sirach schreibet im erstenVersiculdes 8ten Capitels seines Büchleins die nach- dencklichen Worte: Zancke nicht mit einem Ge- waltigen, daß du ihm nicht in die Hände fallest. Hätte dieses unser HerrCantorbedacht, und keine Ursache, mit mir zu zancken, vom Zau- ne gebrochen, auch mich mit denTractamenten, womit er seine Schul-Jungens zubeneventiren pfleget, ich meine, ein paar Maulschellen, verschonet, so würde mich schwerlich je- mand haben bereden können, dem ehrlichen Manne durch ein paar Dutzent Ohr-und Augen-Feigen, blaue Fenster zu machen, und ihm, in dem [G]rimme meines Zorns die schwartze Zodel-Peruquezum Schall-Loche hinaus zu werffen. Der Geitz ist eine Wurtzel alles Ubels, und also auch der Ehr- Geitz, wäre derCantornicht so ehrgeitzig und eigensinnig gewesen, sondern hätte mit mir, als einer Haupt-Person bey der Kirchen-Music, fein überlegt, wie das Stücke am besten zu practiciren undtractiren wäre, so wären viele
Solen-
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ich ſchlug mich noch ins Mittel, und vertrat die Vi- ces meines Schwagers, welcher ſich ſo wohl als der Cantor dergeſtalt ergifftet hatte, daß er kein Glied ſtille halten konte. Die Sache kam zur Klage und Unterſuchung, mein Schwager aber war nicht faul, ſeine Defenſions-Schrifft in folgenden Zeilen ein- zugeben:
P. P.
Der weiſe Haus-Zucht-und Sitten-Leh- rer Sirach ſchreibet im erſtenVerſiculdes 8ten Capitels ſeines Buͤchleins die nach- dencklichen Worte: Zancke nicht mit einem Ge- waltigen, daß du ihm nicht in die Haͤnde falleſt. Haͤtte dieſes unſer HerrCantorbedacht, und keine Urſache, mit mir zu zancken, vom Zau- ne gebrochen, auch mich mit denTractamenten, womit er ſeine Schul-Jungens zubeneventiren pfleget, ich meine, ein paar Maulſchellen, verſchonet, ſo wuͤrde mich ſchwerlich je- mand haben bereden koͤnnen, dem ehrlichen Manne durch ein paar Dutzent Ohr-und Augen-Feigen, blaue Fenſter zu machen, und ihm, in dem [G]rimme meines Zorns die ſchwartze Zodel-Peruquezum Schall-Loche hinaus zu werffen. Der Geitz iſt eine Wurtzel alles Ubels, und alſo auch der Ehr- Geitz, waͤre derCantornicht ſo ehrgeitzig und eigenſinnig geweſen, ſondern haͤtte mit mir, als einer Haupt-Perſon bey der Kirchen-Muſic, fein uͤberlegt, wie das Stuͤcke am beſten zu practiciren undtractiren waͤre, ſo waͤren viele
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ich ſchlug mich noch ins Mittel, und vertrat die Vi-
ces meines Schwagers, welcher ſich ſo wohl als der
Cantor dergeſtalt ergifftet hatte, daß er kein Glied
ſtille halten konte. Die Sache kam zur Klage und
Unterſuchung, mein Schwager aber war nicht faul,
ſeine Defenſions-Schrifft in folgenden Zeilen ein-
zugeben:
P. P.
Der weiſe Haus-Zucht-und Sitten-Leh-
rer Sirach ſchreibet im erſten Verſicul des
8ten Capitels ſeines Buͤchleins die nach-
dencklichen Worte: Zancke nicht mit einem Ge-
waltigen, daß du ihm nicht in die Haͤnde falleſt.
Haͤtte dieſes unſer Herr Cantor bedacht, und
keine Urſache, mit mir zu zancken, vom Zau-
ne gebrochen, auch mich mit den Tractamenten,
womit er ſeine Schul-Jungens zu beneventiren
pfleget, ich meine, ein paar Maulſchellen,
verſchonet, ſo wuͤrde mich ſchwerlich je-
mand haben bereden koͤnnen, dem ehrlichen
Manne durch ein paar Dutzent Ohr-und
Augen-Feigen, blaue Fenſter zu machen, und
ihm, in dem Grimme meines Zorns die
ſchwartze Zodel-Peruque zum Schall-Loche
hinaus zu werffen. Der Geitz iſt eine
Wurtzel alles Ubels, und alſo auch der Ehr-
Geitz, waͤre der Cantor nicht ſo ehrgeitzig und
eigenſinnig geweſen, ſondern haͤtte mit mir,
als einer Haupt-Perſon bey der Kirchen-Muſic,
fein uͤberlegt, wie das Stuͤcke am beſten zu
practiciren und tractiren waͤre, ſo waͤren viele
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/451>, abgerufen am 25.11.2024.
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