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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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noch einen ziemlichen Vorrath von kostbaren seide-
nen Zeugen, allein, es war schon verabredet, der-
gleichen Waaren, sonderlich, dem zur Tändeley ge-
neigten Frauenzimmer, also vorzubilden, als ob die
bunten Farben nur vor kleine Kinder, die schwar-
tzen und dunckeln aber vor alte Leute gehöreten, den
Jungfrauen hingegen stünde die weisse Farbe als
ein Zeichen ihrer Keuschheit, und denn denen Wei-
bern andere modeste Zeuge am besten, welche ein
jedes aus dem Sode von unterschiedenen Baum-
Rinden, Blättern und Kräutern, mit leichter Mühe
selbst färben konte. Von Spitzen, Bändern, vielen
Kräuseleyen, Fontangen, Armbändern, Ohren-
Gehencken und dergleichen unzehligen Staate, wel-
chen das Europäische Frauenzimmer sich anzuschaf-
fen pflegt, wurde ihnen selten etwas vorgeschwatzt,
und da solches ja dann und wann geschahe, wenn
ein oder ander Frauenzimmer zugegen war, so wuß-
ten wir doch unsere eigenen Europäischen Lands-
Leute, aus vernünfftigen Ursachen, in diesem Stü-
cke als leibliche Schwestern oder Töchter der Frauen
Thorheit abzumahlen.

Jedoch ich werde von unserer Kleider-Ordnung
weitern Bericht zu erstatten ohnfehlbar bessere Ge-
legenheit finden, derowegen will voritzo, um keine
Verwirrung in meinem Gedächtnisse anzurichten,
vermelden, daß annoch währender Weinlese-Zeit,
eines Tages der Alt-Vater und Herr Magist.
Schmeltzer nebst seiner Liebste, mir zu Gefallen mit
nach Roberts-Raum reiseten, um Monsieur Har-
ckerten
in seinem Hause zu besuchen. Unterwegs
sprachen wir bey Herrn Wolffgangen und Mons

Litz-
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noch einen ziemlichen Vorrath von koſtbaren ſeide-
nen Zeugen, allein, es war ſchon verabredet, der-
gleichen Waaren, ſonderlich, dem zur Taͤndeley ge-
neigten Frauenzimmer, alſo vorzubilden, als ob die
bunten Farben nur vor kleine Kinder, die ſchwar-
tzen und dunckeln aber vor alte Leute gehoͤreten, den
Jungfrauen hingegen ſtuͤnde die weiſſe Farbe als
ein Zeichen ihrer Keuſchheit, und denn denen Wei-
bern andere modeſte Zeuge am beſten, welche ein
jedes aus dem Sode von unterſchiedenen Baum-
Rinden, Blaͤttern und Kraͤutern, mit leichter Muͤhe
ſelbſt faͤrben konte. Von Spitzen, Baͤndern, vielen
Kraͤuſeleyen, Fontangen, Armbaͤndern, Ohren-
Gehencken und dergleichen unzehligen Staate, wel-
chen das Europaͤiſche Frauenzimmer ſich anzuſchaf-
fen pflegt, wurde ihnen ſelten etwas vorgeſchwatzt,
und da ſolches ja dann und wann geſchahe, wenn
ein oder ander Frauenzimmer zugegen war, ſo wuß-
ten wir doch unſere eigenen Europaͤiſchen Lands-
Leute, aus vernuͤnfftigen Urſachen, in dieſem Stuͤ-
cke als leibliche Schweſtern oder Toͤchter der Frauen
Thorheit abzumahlen.

Jedoch ich werde von unſerer Kleider-Ordnung
weitern Bericht zu erſtatten ohnfehlbar beſſere Ge-
legenheit finden, derowegen will voritzo, um keine
Verwirrung in meinem Gedaͤchtniſſe anzurichten,
vermelden, daß annoch waͤhrender Weinleſe-Zeit,
eines Tages der Alt-Vater und Herr Magiſt.
Schmeltzer nebſt ſeiner Liebſte, mir zu Gefallen mit
nach Roberts-Raum reiſeten, um Monſieur Har-
ckerten
in ſeinem Hauſe zu beſuchen. Unterwegs
ſprachen wir bey Herrn Wolffgangen und Monſ

Litz-
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[423/0437] noch einen ziemlichen Vorrath von koſtbaren ſeide- nen Zeugen, allein, es war ſchon verabredet, der- gleichen Waaren, ſonderlich, dem zur Taͤndeley ge- neigten Frauenzimmer, alſo vorzubilden, als ob die bunten Farben nur vor kleine Kinder, die ſchwar- tzen und dunckeln aber vor alte Leute gehoͤreten, den Jungfrauen hingegen ſtuͤnde die weiſſe Farbe als ein Zeichen ihrer Keuſchheit, und denn denen Wei- bern andere modeſte Zeuge am beſten, welche ein jedes aus dem Sode von unterſchiedenen Baum- Rinden, Blaͤttern und Kraͤutern, mit leichter Muͤhe ſelbſt faͤrben konte. Von Spitzen, Baͤndern, vielen Kraͤuſeleyen, Fontangen, Armbaͤndern, Ohren- Gehencken und dergleichen unzehligen Staate, wel- chen das Europaͤiſche Frauenzimmer ſich anzuſchaf- fen pflegt, wurde ihnen ſelten etwas vorgeſchwatzt, und da ſolches ja dann und wann geſchahe, wenn ein oder ander Frauenzimmer zugegen war, ſo wuß- ten wir doch unſere eigenen Europaͤiſchen Lands- Leute, aus vernuͤnfftigen Urſachen, in dieſem Stuͤ- cke als leibliche Schweſtern oder Toͤchter der Frauen Thorheit abzumahlen. Jedoch ich werde von unſerer Kleider-Ordnung weitern Bericht zu erſtatten ohnfehlbar beſſere Ge- legenheit finden, derowegen will voritzo, um keine Verwirrung in meinem Gedaͤchtniſſe anzurichten, vermelden, daß annoch waͤhrender Weinleſe-Zeit, eines Tages der Alt-Vater und Herr Magiſt. Schmeltzer nebſt ſeiner Liebſte, mir zu Gefallen mit nach Roberts-Raum reiſeten, um Monſieur Har- ckerten in ſeinem Hauſe zu beſuchen. Unterwegs ſprachen wir bey Herrn Wolffgangen und Monſ Litz- d d 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/437>, abgerufen am 27.11.2024.