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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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einstellete. Nehmet euch in Acht! rieff er mir zu,
so bald wir einander das Weisse im Auge sehen
konten, denn die Meisters behalten gemeiniglich die
beste Finte vor sich. Es ist gut, gab ich gantz gelas-
sen zur Antwort, in kurtzen wird sich zeigen, wer
des andern Meister ist. Hiermit giengen wir nach
abgeworffenen Kleidern auf einander loß, und mein
Gegner wurde im zweyten Gange ein wenig in den
Arm verwundet, da er aber dieserhalb nur desto hi-
tziger wurde, und seinen Hohn in der Geschwin-
digkeit zu rächen vermeynte, auch vor der mir selbst
gezeigten Finte sich nicht versahe, lieff er sich meinen
Degen dermassen gewaltsam unter dem Arme in
die Brust hinein, daß er, vermuthlich wegen einer
Hertz-Wunde augenblicklich umfiel, und nach we-
nigen Zucken die Seele ausbließ. Jch sprach zu
den beyden Anwesenden Secundanten: Messieurs
nehmet euch so viel, als es seyn kan, dieses entleib-
ten Deutschen an, denn ich weiß, daß der Gürtel,
den er auf seinem blossen Leibe trägt, die Mühe be-
lohnen wird. Hiermit bekümmerte mich weiter
um nichts, sondern gab meinem Pferde die Sporn,
und jagte nebst meinem Diener so hurtig als mög-
lich nach den Grentzen der Oesterreichischen Nie-
derlande zu. Selbige erreichten wir ohne eintzi-
gen Anstoß, da doch sonsten ohne Paß hindurch zu
kommen eine ziemliche Kunst war.

Jch hätte die gröste Ursache und schönste Gele-
genheit gehabt, dasiger Orten die bißherige schänd-
liche Lebens-Art zu quittiren, und hergegen eine
honorable Kriegs-Charge anzunehmen, allein
die gebundene Lebens-Art schien mir ein Eckel zu

seyn.

einſtellete. Nehmet euch in Acht! rieff er mir zu,
ſo bald wir einander das Weiſſe im Auge ſehen
konten, denn die Meiſters behalten gemeiniglich die
beſte Finte vor ſich. Es iſt gut, gab ich gantz gelaſ-
ſen zur Antwort, in kurtzen wird ſich zeigen, wer
des andern Meiſter iſt. Hiermit giengen wir nach
abgeworffenen Kleidern auf einander loß, und mein
Gegner wurde im zweyten Gange ein wenig in den
Arm verwundet, da er aber dieſerhalb nur deſto hi-
tziger wurde, und ſeinen Hohn in der Geſchwin-
digkeit zu raͤchen vermeynte, auch vor der mir ſelbſt
gezeigten Finte ſich nicht verſahe, lieff er ſich meinen
Degen dermaſſen gewaltſam unter dem Arme in
die Bruſt hinein, daß er, vermuthlich wegen einer
Hertz-Wunde augenblicklich umfiel, und nach we-
nigen Zucken die Seele ausbließ. Jch ſprach zu
den beyden Anweſenden Secundanten: Meſſieurs
nehmet euch ſo viel, als es ſeyn kan, dieſes entleib-
ten Deutſchen an, denn ich weiß, daß der Guͤrtel,
den er auf ſeinem bloſſen Leibe traͤgt, die Muͤhe be-
lohnen wird. Hiermit bekuͤmmerte mich weiter
um nichts, ſondern gab meinem Pferde die Sporn,
und jagte nebſt meinem Diener ſo hurtig als moͤg-
lich nach den Grentzen der Oeſterreichiſchen Nie-
derlande zu. Selbige erreichten wir ohne eintzi-
gen Anſtoß, da doch ſonſten ohne Paß hindurch zu
kommen eine ziemliche Kunſt war.

Jch haͤtte die groͤſte Urſache und ſchoͤnſte Gele-
genheit gehabt, daſiger Orten die bißherige ſchaͤnd-
liche Lebens-Art zu quittiren, und hergegen eine
honorable Kriegs-Charge anzunehmen, allein
die gebundene Lebens-Art ſchien mir ein Eckel zu

ſeyn.
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[378/0392] einſtellete. Nehmet euch in Acht! rieff er mir zu, ſo bald wir einander das Weiſſe im Auge ſehen konten, denn die Meiſters behalten gemeiniglich die beſte Finte vor ſich. Es iſt gut, gab ich gantz gelaſ- ſen zur Antwort, in kurtzen wird ſich zeigen, wer des andern Meiſter iſt. Hiermit giengen wir nach abgeworffenen Kleidern auf einander loß, und mein Gegner wurde im zweyten Gange ein wenig in den Arm verwundet, da er aber dieſerhalb nur deſto hi- tziger wurde, und ſeinen Hohn in der Geſchwin- digkeit zu raͤchen vermeynte, auch vor der mir ſelbſt gezeigten Finte ſich nicht verſahe, lieff er ſich meinen Degen dermaſſen gewaltſam unter dem Arme in die Bruſt hinein, daß er, vermuthlich wegen einer Hertz-Wunde augenblicklich umfiel, und nach we- nigen Zucken die Seele ausbließ. Jch ſprach zu den beyden Anweſenden Secundanten: Meſſieurs nehmet euch ſo viel, als es ſeyn kan, dieſes entleib- ten Deutſchen an, denn ich weiß, daß der Guͤrtel, den er auf ſeinem bloſſen Leibe traͤgt, die Muͤhe be- lohnen wird. Hiermit bekuͤmmerte mich weiter um nichts, ſondern gab meinem Pferde die Sporn, und jagte nebſt meinem Diener ſo hurtig als moͤg- lich nach den Grentzen der Oeſterreichiſchen Nie- derlande zu. Selbige erreichten wir ohne eintzi- gen Anſtoß, da doch ſonſten ohne Paß hindurch zu kommen eine ziemliche Kunſt war. Jch haͤtte die groͤſte Urſache und ſchoͤnſte Gele- genheit gehabt, daſiger Orten die bißherige ſchaͤnd- liche Lebens-Art zu quittiren, und hergegen eine honorable Kriegs-Charge anzunehmen, allein die gebundene Lebens-Art ſchien mir ein Eckel zu ſeyn.

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/392>, abgerufen am 27.11.2024.