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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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hätte, wovon mein Dutz-Bruder wenigstens den
3ten Theil haben muste. Hergegen, weil er ein
guter Fecht-Meister war, erlernete ich von ihm bey
täglicher Ubung, das Fechten mit dem Degen und
Pallasch nach der Kunst, weßwegen ich mich ein
vollkommen geschickter Kerl zu seyn bedüncken ließ.
Er wolte mich zwar auch das zierliche Tantzen leh-
ren, allein, weil ich ein gantz besonderer Feind vom
Weibs-Volcke, und mit ihnen umzugehen, fast
wider meine Natur war, so gereichte mir auch das
Tantzen zum Eckel, hergegen war spielen, sauf-
fen und schlagen mein einziges Vergnügen, als
welche drey S. mehr als zu starck sind, einen
jungen Menschen um das 4te gedoppelte S. nehm-
lich der Seelen Seeligkeit zu bringen.

Allein, dazumahl gedachte ich nicht einmahl dar-
an, daß eine Seele in meinem Cörper stäcke, ge-
schweige denn, daß ich mich bemühen müste, durch
Gebet und Christlichen Wandel, derselben nach
dem Tode ein gutes Quartier zu bereiten, ja es war
schon dahin mit mir gekommen, daß ich weder an
den Morgen- noch Abend-Seegen gedachte, die
Tisch-Gebethe mit grösten Verdruß anhörete, aus-
ser diesem, bereits seit zwey Jahren oder etwas län-
ger, in keine Kirche, vielweniger zum heiligen Abend-
mahle gegangen war.

Ein schönes Leben vor einen Menschen, der in sei-
nen besten Jünglings-Jahren stund. Wäre es
auch zu bewundern gewesen, wenn GOtt mich die-
serwegen in der besten Blüthe meines Lebens, aufs
schändlichste verdorren lassen? Jedoch seine Lang-
muth erstreckte sich noch weiter. Denn so bald ich

ein

haͤtte, wovon mein Dutz-Bruder wenigſtens den
3ten Theil haben muſte. Hergegen, weil er ein
guter Fecht-Meiſter war, erlernete ich von ihm bey
taͤglicher Ubung, das Fechten mit dem Degen und
Pallaſch nach der Kunſt, weßwegen ich mich ein
vollkommen geſchickter Kerl zu ſeyn beduͤncken ließ.
Er wolte mich zwar auch das zierliche Tantzen leh-
ren, allein, weil ich ein gantz beſonderer Feind vom
Weibs-Volcke, und mit ihnen umzugehen, faſt
wider meine Natur war, ſo gereichte mir auch das
Tantzen zum Eckel, hergegen war ſpielen, ſauf-
fen und ſchlagen mein einziges Vergnuͤgen, als
welche drey S. mehr als zu ſtarck ſind, einen
jungen Menſchen um das 4te gedoppelte S. nehm-
lich der Seelen Seeligkeit zu bringen.

Allein, dazumahl gedachte ich nicht einmahl dar-
an, daß eine Seele in meinem Coͤrper ſtaͤcke, ge-
ſchweige denn, daß ich mich bemuͤhen muͤſte, durch
Gebet und Chriſtlichen Wandel, derſelben nach
dem Tode ein gutes Quartier zu bereiten, ja es war
ſchon dahin mit mir gekommen, daß ich weder an
den Morgen- noch Abend-Seegen gedachte, die
Tiſch-Gebethe mit groͤſten Verdruß anhoͤrete, auſ-
ſer dieſem, bereits ſeit zwey Jahren oder etwas laͤn-
ger, in keine Kirche, vielweniger zum heiligen Abend-
mahle gegangen war.

Ein ſchoͤnes Leben vor einen Menſchen, der in ſei-
nen beſten Juͤnglings-Jahren ſtund. Waͤre es
auch zu bewundern geweſen, wenn GOtt mich die-
ſerwegen in der beſten Bluͤthe meines Lebens, aufs
ſchaͤndlichſte verdorren laſſen? Jedoch ſeine Lang-
muth erſtreckte ſich noch weiter. Denn ſo bald ich

ein
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[370/0384] haͤtte, wovon mein Dutz-Bruder wenigſtens den 3ten Theil haben muſte. Hergegen, weil er ein guter Fecht-Meiſter war, erlernete ich von ihm bey taͤglicher Ubung, das Fechten mit dem Degen und Pallaſch nach der Kunſt, weßwegen ich mich ein vollkommen geſchickter Kerl zu ſeyn beduͤncken ließ. Er wolte mich zwar auch das zierliche Tantzen leh- ren, allein, weil ich ein gantz beſonderer Feind vom Weibs-Volcke, und mit ihnen umzugehen, faſt wider meine Natur war, ſo gereichte mir auch das Tantzen zum Eckel, hergegen war ſpielen, ſauf- fen und ſchlagen mein einziges Vergnuͤgen, als welche drey S. mehr als zu ſtarck ſind, einen jungen Menſchen um das 4te gedoppelte S. nehm- lich der Seelen Seeligkeit zu bringen. Allein, dazumahl gedachte ich nicht einmahl dar- an, daß eine Seele in meinem Coͤrper ſtaͤcke, ge- ſchweige denn, daß ich mich bemuͤhen muͤſte, durch Gebet und Chriſtlichen Wandel, derſelben nach dem Tode ein gutes Quartier zu bereiten, ja es war ſchon dahin mit mir gekommen, daß ich weder an den Morgen- noch Abend-Seegen gedachte, die Tiſch-Gebethe mit groͤſten Verdruß anhoͤrete, auſ- ſer dieſem, bereits ſeit zwey Jahren oder etwas laͤn- ger, in keine Kirche, vielweniger zum heiligen Abend- mahle gegangen war. Ein ſchoͤnes Leben vor einen Menſchen, der in ſei- nen beſten Juͤnglings-Jahren ſtund. Waͤre es auch zu bewundern geweſen, wenn GOtt mich die- ſerwegen in der beſten Bluͤthe meines Lebens, aufs ſchaͤndlichſte verdorren laſſen? Jedoch ſeine Lang- muth erſtreckte ſich noch weiter. Denn ſo bald ich ein

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/384>, abgerufen am 26.11.2024.