sere Sachen, und marchirten bey Nacht und Ne- bel unserer Wege.
Dieser Streich war also mein Eintritt in eine solche Lebens-Art, worüber der Teufel in der Hölle seine eintzige Freude haben mag, allein, weil mich meine Cameraden, der bezeigten Tapferkeit wegen, fast auf den Händen trugen, und überall ein grosses Wesen davon machten, so, daß die Handwercks-Genossen selbst fast Maul und Nase über mich aufsperreten, bedünckte mir alles mein Thun sehr löblich und wohlgethan zu seyn, ja in die Länge wurde ich dermassen stoltz und barbarisch, daß mich niemand krumm ansehen durffte, wenn er nicht von Arm-Bein- und Hals-Brechen hören wolte.
Nach langen Herumschwermen zwang uns end- lich der Geld-Mangel Arbeit zu suchen, ich fand dieselbe bald in der grossen Mühle einer Welt-be- rühmten Stadt, wußte mich auch so wohl mit dem Meister als den Mahl-Gästen dermassen gut zu vertragen, daß sich sonderlich die letztern um meine Arbeit drängeten, denn es bekam von meinen Kund- Leuten ein jeder mehrentheils etwas mehr Mehl, als er mit Recht verlangen konte, allein, hieran war meine Redlichkeit am wenigsten Ursache, denn weil der Mit-Gesellen noch etliche waren, so wußte ich ihnen von dem Getreyde ihrer Kund-Leute, auch wohl zuweilen aus des Meisters Sacke selbst, im- mer so viel hinweg zu parthiren, daß ich nicht al- lein solchergestalt Ruhm und Ehre, sondern auch gute Trinck-Gelder erwarb.
Weil aber doch alle mein Verdienst nicht hin-
läng-
ſere Sachen, und marchirten bey Nacht und Ne- bel unſerer Wege.
Dieſer Streich war alſo mein Eintritt in eine ſolche Lebens-Art, woruͤber der Teufel in der Hoͤlle ſeine eintzige Freude haben mag, allein, weil mich meine Cameraden, der bezeigten Tapferkeit wegen, faſt auf den Haͤnden trugen, und uͤberall ein groſſes Weſen davon machten, ſo, daß die Handwercks-Genoſſen ſelbſt faſt Maul und Naſe uͤber mich aufſperreten, beduͤnckte mir alles mein Thun ſehr loͤblich und wohlgethan zu ſeyn, ja in die Laͤnge wurde ich dermaſſen ſtoltz und barbariſch, daß mich niemand krumm anſehen durffte, wenn er nicht von Arm-Bein- und Hals-Brechen hoͤren wolte.
Nach langen Herumſchwermen zwang uns end- lich der Geld-Mangel Arbeit zu ſuchen, ich fand dieſelbe bald in der groſſen Muͤhle einer Welt-be- ruͤhmten Stadt, wußte mich auch ſo wohl mit dem Meiſter als den Mahl-Gaͤſten dermaſſen gut zu vertragen, daß ſich ſonderlich die letztern um meine Arbeit draͤngeten, denn es bekam von meinen Kund- Leuten ein jeder mehrentheils etwas mehr Mehl, als er mit Recht verlangen konte, allein, hieran war meine Redlichkeit am wenigſten Urſache, denn weil der Mit-Geſellen noch etliche waren, ſo wußte ich ihnen von dem Getreyde ihrer Kund-Leute, auch wohl zuweilen aus des Meiſters Sacke ſelbſt, im- mer ſo viel hinweg zu parthiren, daß ich nicht al- lein ſolchergeſtalt Ruhm und Ehre, ſondern auch gute Trinck-Gelder erwarb.
Weil aber doch alle mein Verdienſt nicht hin-
laͤng-
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ſere Sachen, und marchirten bey Nacht und Ne-
bel unſerer Wege.
Dieſer Streich war alſo mein Eintritt in eine
ſolche Lebens-Art, woruͤber der Teufel in der
Hoͤlle ſeine eintzige Freude haben mag, allein, weil
mich meine Cameraden, der bezeigten Tapferkeit
wegen, faſt auf den Haͤnden trugen, und uͤberall
ein groſſes Weſen davon machten, ſo, daß die
Handwercks-Genoſſen ſelbſt faſt Maul und Naſe
uͤber mich aufſperreten, beduͤnckte mir alles mein
Thun ſehr loͤblich und wohlgethan zu ſeyn, ja in
die Laͤnge wurde ich dermaſſen ſtoltz und barbariſch,
daß mich niemand krumm anſehen durffte, wenn
er nicht von Arm-Bein- und Hals-Brechen hoͤren
wolte.
Nach langen Herumſchwermen zwang uns end-
lich der Geld-Mangel Arbeit zu ſuchen, ich fand
dieſelbe bald in der groſſen Muͤhle einer Welt-be-
ruͤhmten Stadt, wußte mich auch ſo wohl mit dem
Meiſter als den Mahl-Gaͤſten dermaſſen gut zu
vertragen, daß ſich ſonderlich die letztern um meine
Arbeit draͤngeten, denn es bekam von meinen Kund-
Leuten ein jeder mehrentheils etwas mehr Mehl, als
er mit Recht verlangen konte, allein, hieran war
meine Redlichkeit am wenigſten Urſache, denn weil
der Mit-Geſellen noch etliche waren, ſo wußte ich
ihnen von dem Getreyde ihrer Kund-Leute, auch
wohl zuweilen aus des Meiſters Sacke ſelbſt, im-
mer ſo viel hinweg zu parthiren, daß ich nicht al-
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gute Trinck-Gelder erwarb.
Weil aber doch alle mein Verdienſt nicht hin-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/381>, abgerufen am 26.11.2024.
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