Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

keiten sonsten sehr schwerlich in andern Welt-Thei-
len beysammen anzutreffen sind. Also ist mein ein-
tziger Wunsch, mich der erlangten Glückseligkeit
durch meiner Hände Werck vollkommen würdig zu
machen, und dann, wo es möglich seyn könte, mei-
nem lieben Vormunde, dem Pfarrherrn meines
Geburts-Dorffs, so wohl auch denen Geschwi-
stern einige Nachricht von meinem Zustande, das
zurück gelassene Geld aber ihnen zur Theilung an-
heim zu geben.

Hiermit endigte unser ehrlicher Lademann die
Erzehlung seiner Lebens-Geschichte, seine Geliebte
Haus-Frau Margaretha deckte derowegen den
Tisch, und bewirthete die sämtlichen Gäste, worzu
noch der Groß-Vater Stephanus aus dem Felde
kam, aufs herrlichste. Nach der Mahlzeit aber,
da es noch sehr hoch Tag war, verschaffte der Alt-
Vater Albertus uns versammleten annoch die Lust

Des Müllers Krätzers Lebens-Ge-
schicht

zu vernehmen, als welcher dieselbe folgender massen
her erzehlete:

Jch bin, meine Herren, nunmehro ein Mann
von 37. Jahren, mein Vater war ein Fluß-Müller
an der Mulda, der in meinem 4ten Jahre, und
zwar in seinen besten Jahren, im Flusse, da er dem
Grund-Eise fort helffen wollen, das Leben einge-
büsset, derowegen nahm meine Mutter einen an-
dern Mann, ich aber nebst zwey ältern Geschwi-
stern bekam an demselben einen sehr gestrengen Stief-
Vater, der, weil er ein Reformirter, meine Mut-

ter

keiten ſonſten ſehr ſchwerlich in andern Welt-Thei-
len beyſammen anzutreffen ſind. Alſo iſt mein ein-
tziger Wunſch, mich der erlangten Gluͤckſeligkeit
durch meiner Haͤnde Werck vollkommen wuͤrdig zu
machen, und dann, wo es moͤglich ſeyn koͤnte, mei-
nem lieben Vormunde, dem Pfarrherrn meines
Geburts-Dorffs, ſo wohl auch denen Geſchwi-
ſtern einige Nachricht von meinem Zuſtande, das
zuruͤck gelaſſene Geld aber ihnen zur Theilung an-
heim zu geben.

Hiermit endigte unſer ehrlicher Lademann die
Erzehlung ſeiner Lebens-Geſchichte, ſeine Geliebte
Haus-Frau Margaretha deckte derowegen den
Tiſch, und bewirthete die ſaͤmtlichen Gaͤſte, worzu
noch der Groß-Vater Stephanus aus dem Felde
kam, aufs herrlichſte. Nach der Mahlzeit aber,
da es noch ſehr hoch Tag war, verſchaffte der Alt-
Vater Albertus uns verſammleten annoch die Luſt

Des Muͤllers Kraͤtzers Lebens-Ge-
ſchicht

zu vernehmen, als welcher dieſelbe folgender maſſen
her erzehlete:

Jch bin, meine Herren, nunmehro ein Mann
von 37. Jahren, mein Vater war ein Fluß-Muͤller
an der Mulda, der in meinem 4ten Jahre, und
zwar in ſeinen beſten Jahren, im Fluſſe, da er dem
Grund-Eiſe fort helffen wollen, das Leben einge-
buͤſſet, derowegen nahm meine Mutter einen an-
dern Mann, ich aber nebſt zwey aͤltern Geſchwi-
ſtern bekam an demſelben einen ſehr geſtrengen Stief-
Vater, der, weil er ein Reformirter, meine Mut-

ter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0376" n="362"/>
keiten &#x017F;on&#x017F;ten &#x017F;ehr &#x017F;chwerlich in andern Welt-Thei-<lb/>
len bey&#x017F;ammen anzutreffen &#x017F;ind. Al&#x017F;o i&#x017F;t mein ein-<lb/>
tziger Wun&#x017F;ch, mich der erlangten Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit<lb/>
durch meiner Ha&#x0364;nde Werck vollkommen wu&#x0364;rdig zu<lb/>
machen, und dann, wo es mo&#x0364;glich &#x017F;eyn ko&#x0364;nte, mei-<lb/>
nem lieben Vormunde, dem Pfarrherrn meines<lb/>
Geburts-Dorffs, &#x017F;o wohl auch denen Ge&#x017F;chwi-<lb/>
&#x017F;tern einige Nachricht von meinem Zu&#x017F;tande, das<lb/>
zuru&#x0364;ck gela&#x017F;&#x017F;ene Geld aber ihnen zur Theilung an-<lb/>
heim zu geben.</p><lb/>
          <p>Hiermit endigte un&#x017F;er ehrlicher Lademann die<lb/>
Erzehlung &#x017F;einer Lebens-Ge&#x017F;chichte, &#x017F;eine Geliebte<lb/>
Haus-Frau <hi rendition="#aq">Margaretha</hi> deckte derowegen den<lb/>
Ti&#x017F;ch, und bewirthete die &#x017F;a&#x0364;mtlichen Ga&#x0364;&#x017F;te, worzu<lb/>
noch der Groß-Vater <hi rendition="#aq">Stephanus</hi> aus dem Felde<lb/>
kam, aufs herrlich&#x017F;te. Nach der Mahlzeit aber,<lb/>
da es noch &#x017F;ehr hoch Tag war, ver&#x017F;chaffte der Alt-<lb/>
Vater <hi rendition="#aq">Albertus</hi> uns ver&#x017F;ammleten annoch die Lu&#x017F;t</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Des Mu&#x0364;llers Kra&#x0364;tzers Lebens-Ge-<lb/>
&#x017F;chicht</hi> </head><lb/>
          <p>zu vernehmen, als welcher die&#x017F;elbe folgender ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
her erzehlete:</p><lb/>
          <p>Jch bin, meine Herren, nunmehro ein Mann<lb/>
von 37. Jahren, mein Vater war ein Fluß-Mu&#x0364;ller<lb/>
an der Mulda, der in meinem 4ten Jahre, und<lb/>
zwar in &#x017F;einen be&#x017F;ten Jahren, im Flu&#x017F;&#x017F;e, da er dem<lb/>
Grund-Ei&#x017F;e fort helffen wollen, das Leben einge-<lb/>
bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, derowegen nahm meine Mutter einen an-<lb/>
dern Mann, ich aber neb&#x017F;t zwey a&#x0364;ltern Ge&#x017F;chwi-<lb/>
&#x017F;tern bekam an dem&#x017F;elben einen &#x017F;ehr ge&#x017F;trengen Stief-<lb/>
Vater, der, weil er ein <hi rendition="#aq">Reformi</hi>rter, meine Mut-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ter</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0376] keiten ſonſten ſehr ſchwerlich in andern Welt-Thei- len beyſammen anzutreffen ſind. Alſo iſt mein ein- tziger Wunſch, mich der erlangten Gluͤckſeligkeit durch meiner Haͤnde Werck vollkommen wuͤrdig zu machen, und dann, wo es moͤglich ſeyn koͤnte, mei- nem lieben Vormunde, dem Pfarrherrn meines Geburts-Dorffs, ſo wohl auch denen Geſchwi- ſtern einige Nachricht von meinem Zuſtande, das zuruͤck gelaſſene Geld aber ihnen zur Theilung an- heim zu geben. Hiermit endigte unſer ehrlicher Lademann die Erzehlung ſeiner Lebens-Geſchichte, ſeine Geliebte Haus-Frau Margaretha deckte derowegen den Tiſch, und bewirthete die ſaͤmtlichen Gaͤſte, worzu noch der Groß-Vater Stephanus aus dem Felde kam, aufs herrlichſte. Nach der Mahlzeit aber, da es noch ſehr hoch Tag war, verſchaffte der Alt- Vater Albertus uns verſammleten annoch die Luſt Des Muͤllers Kraͤtzers Lebens-Ge- ſchicht zu vernehmen, als welcher dieſelbe folgender maſſen her erzehlete: Jch bin, meine Herren, nunmehro ein Mann von 37. Jahren, mein Vater war ein Fluß-Muͤller an der Mulda, der in meinem 4ten Jahre, und zwar in ſeinen beſten Jahren, im Fluſſe, da er dem Grund-Eiſe fort helffen wollen, das Leben einge- buͤſſet, derowegen nahm meine Mutter einen an- dern Mann, ich aber nebſt zwey aͤltern Geſchwi- ſtern bekam an demſelben einen ſehr geſtrengen Stief- Vater, der, weil er ein Reformirter, meine Mut- ter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/376
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/376>, abgerufen am 22.12.2024.