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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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catessen erzogen, des armen Orgel-Bauers Frau
aber, war nur eine Schusters-Tochter, und als
ein armes Mägdgen, wegen ihrer schönen Stimme
aus Gnaden ins Closter genommen worden.

Jch sahe kein Mittel, diese beyden Ehe-Leute zu
vereinigen, mußte im Gegentheil vermercken, daß
eins dem andern die empfindlichsten Hertzens-Sti-
che, mit Worten und Gebärden versetzte, dero-
wegen nahm in wenig Tagen Abschied von ihnen,
und mußte mir wider meinen Willen, von dem
annoch beständigen Hertzens-Freunde, 10. harte
Thaler zum Geschencke aufdringen lassen. Dieses
Geld aber war mir nicht so lieb, als die vortreffli-
chen Risse und neuen Erfindungen in seiner Pro-
fession,
welche er mir schrifftlich communicirte,
und deßfalls ferner mit mir zu conversiren ver-
sprach.

Von daraus setzte ich meine Reise eiligst fort,
um noch vor dem Winter, etwa in einer Nieder-
ländischen grossen Stadt, Arbeit zu bekommen.
Es traff auch ein, nachhero hielt vor rathsam,
die vornehmsten Holländischen Städte zu besehen,
und in dieser oder jener, etwa auf ein halbes Jahr
oder weniger, Arbeit anzunehmen, solches habe
so lange getrieben, bis mir endlich gegenwärtiger
Herr Capitain Wolffgang in Amsterdam, die
allergrößte Begierde erweckt, unter ihm eine Reise
zur See zu thun, welches mich denn bis auf diese
Stunde nicht gereuet hat, auch wohl nimmermehr
gereuen wird, weil ich einen solchen ergötzlichen
Ort, solche vortreffliche Leute, und denn ein sol-
ches liebes Weib gefunden, dergleichen Kostbar-

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cateſſen erzogen, des armen Orgel-Bauers Frau
aber, war nur eine Schuſters-Tochter, und als
ein armes Maͤgdgen, wegen ihrer ſchoͤnen Stimme
aus Gnaden ins Cloſter genommen worden.

Jch ſahe kein Mittel, dieſe beyden Ehe-Leute zu
vereinigen, mußte im Gegentheil vermercken, daß
eins dem andern die empfindlichſten Hertzens-Sti-
che, mit Worten und Gebaͤrden verſetzte, dero-
wegen nahm in wenig Tagen Abſchied von ihnen,
und mußte mir wider meinen Willen, von dem
annoch beſtaͤndigen Hertzens-Freunde, 10. harte
Thaler zum Geſchencke aufdringen laſſen. Dieſes
Geld aber war mir nicht ſo lieb, als die vortreffli-
chen Riſſe und neuen Erfindungen in ſeiner Pro-
feſſion,
welche er mir ſchrifftlich communicirte,
und deßfalls ferner mit mir zu converſiren ver-
ſprach.

Von daraus ſetzte ich meine Reiſe eiligſt fort,
um noch vor dem Winter, etwa in einer Nieder-
laͤndiſchen groſſen Stadt, Arbeit zu bekommen.
Es traff auch ein, nachhero hielt vor rathſam,
die vornehmſten Hollaͤndiſchen Staͤdte zu beſehen,
und in dieſer oder jener, etwa auf ein halbes Jahr
oder weniger, Arbeit anzunehmen, ſolches habe
ſo lange getrieben, bis mir endlich gegenwaͤrtiger
Herr Capitain Wolffgang in Amſterdam, die
allergroͤßte Begierde erweckt, unter ihm eine Reiſe
zur See zu thun, welches mich denn bis auf dieſe
Stunde nicht gereuet hat, auch wohl nimmermehr
gereuen wird, weil ich einen ſolchen ergoͤtzlichen
Ort, ſolche vortreffliche Leute, und denn ein ſol-
ches liebes Weib gefunden, dergleichen Koſtbar-

keiten
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[361/0375] cateſſen erzogen, des armen Orgel-Bauers Frau aber, war nur eine Schuſters-Tochter, und als ein armes Maͤgdgen, wegen ihrer ſchoͤnen Stimme aus Gnaden ins Cloſter genommen worden. Jch ſahe kein Mittel, dieſe beyden Ehe-Leute zu vereinigen, mußte im Gegentheil vermercken, daß eins dem andern die empfindlichſten Hertzens-Sti- che, mit Worten und Gebaͤrden verſetzte, dero- wegen nahm in wenig Tagen Abſchied von ihnen, und mußte mir wider meinen Willen, von dem annoch beſtaͤndigen Hertzens-Freunde, 10. harte Thaler zum Geſchencke aufdringen laſſen. Dieſes Geld aber war mir nicht ſo lieb, als die vortreffli- chen Riſſe und neuen Erfindungen in ſeiner Pro- feſſion, welche er mir ſchrifftlich communicirte, und deßfalls ferner mit mir zu converſiren ver- ſprach. Von daraus ſetzte ich meine Reiſe eiligſt fort, um noch vor dem Winter, etwa in einer Nieder- laͤndiſchen groſſen Stadt, Arbeit zu bekommen. Es traff auch ein, nachhero hielt vor rathſam, die vornehmſten Hollaͤndiſchen Staͤdte zu beſehen, und in dieſer oder jener, etwa auf ein halbes Jahr oder weniger, Arbeit anzunehmen, ſolches habe ſo lange getrieben, bis mir endlich gegenwaͤrtiger Herr Capitain Wolffgang in Amſterdam, die allergroͤßte Begierde erweckt, unter ihm eine Reiſe zur See zu thun, welches mich denn bis auf dieſe Stunde nicht gereuet hat, auch wohl nimmermehr gereuen wird, weil ich einen ſolchen ergoͤtzlichen Ort, ſolche vortreffliche Leute, und denn ein ſol- ches liebes Weib gefunden, dergleichen Koſtbar- keiten z 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/375>, abgerufen am 29.11.2024.