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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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cke, euch als dem Haus-Herrn zu überreichen anver-
trauet. Unter Aussprechung dieser letztern Worte,
setzte ich meine, mit Ducaten ausgestopfte Mütze vor
ihn auf den Tisch, und indem er selbige eröffnete, er-
staunete der Mann gantz ungemein, sagte aber wei-
ter nichts, als: Verziehet ein klein wenig, ich muß
doch dieses Heiligthum meiner Frauen zeigen, und
darauf lieff er eiligst fort. Jch wartete länger als
eine Stunde auf seine Zurückkunfft, und stund in der
gäntzlichen Hoffnung, er würde mir zum wenigsten
etliche Stück Ducaten Trinck-Geld einhändigen,
allein statt dessen kam bald hernach die Wache und
führete mich mit samt dem Lehr-Jungen in Ar-
rest.

So lange ich auf der Welt gelebt hatte, war mir
kein Zufall unvermutheter und wundersamer vor-
gekommen, als dieser, jedoch, weil ich ein gut Ge-
wissen hatte, blieb ich eine gantze Nacht hindurch,
obgleich nicht ohne Verdruß, dennoch ohne grosse
Bekümmerniß. Folgenden Morgen aber wurde
der Junge von mir hinweg, ich selbst etwa eine
Stunde darauf in Ketten geschlossen und vor das
Geistliche Gericht geführet, allwo mich der Haus-
Herr nicht allein auf einen vermuthlichen Diebstahl,
sondern auch wegen Lästerung GOttes und seiner
Heiligen angeklaat hatte. Jch verantwortete mich
nach meinem guten Gewissen, so gut als ich kon-
te, erzehlete die gantze Sache mit ihren wahrhaff-
ten Umständen, und wurde wieder zurück geführet,
eine halbe Stunde hernach aber noch einmahl so
hart geschlossen.

Mein Meister, der jedoch ein sehr eifriger Ca-

tho-

cke, euch als dem Haus-Herrn zu uͤberreichen anver-
trauet. Unter Ausſprechung dieſer letztern Worte,
ſetzte ich meine, mit Ducaten ausgeſtopfte Muͤtze vor
ihn auf den Tiſch, und indem er ſelbige eroͤffnete, er-
ſtaunete der Mann gantz ungemein, ſagte aber wei-
ter nichts, als: Verziehet ein klein wenig, ich muß
doch dieſes Heiligthum meiner Frauen zeigen, und
darauf lieff er eiligſt fort. Jch wartete laͤnger als
eine Stunde auf ſeine Zuruͤckkunfft, und ſtund in der
gaͤntzlichen Hoffnung, er wuͤrde mir zum wenigſten
etliche Stuͤck Ducaten Trinck-Geld einhaͤndigen,
allein ſtatt deſſen kam bald hernach die Wache und
fuͤhrete mich mit ſamt dem Lehr-Jungen in Ar-
reſt.

So lange ich auf der Welt gelebt hatte, war mir
kein Zufall unvermutheter und wunderſamer vor-
gekommen, als dieſer, jedoch, weil ich ein gut Ge-
wiſſen hatte, blieb ich eine gantze Nacht hindurch,
obgleich nicht ohne Verdruß, dennoch ohne groſſe
Bekuͤmmerniß. Folgenden Morgen aber wurde
der Junge von mir hinweg, ich ſelbſt etwa eine
Stunde darauf in Ketten geſchloſſen und vor das
Geiſtliche Gericht gefuͤhret, allwo mich der Haus-
Herr nicht allein auf einen vermuthlichen Diebſtahl,
ſondern auch wegen Laͤſterung GOttes und ſeiner
Heiligen angeklaat hatte. Jch verantwortete mich
nach meinem guten Gewiſſen, ſo gut als ich kon-
te, erzehlete die gantze Sache mit ihren wahrhaff-
ten Umſtaͤnden, und wurde wieder zuruͤck gefuͤhret,
eine halbe Stunde hernach aber noch einmahl ſo
hart geſchloſſen.

Mein Meiſter, der jedoch ein ſehr eifriger Ca-

tho-
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[334/0348] cke, euch als dem Haus-Herrn zu uͤberreichen anver- trauet. Unter Ausſprechung dieſer letztern Worte, ſetzte ich meine, mit Ducaten ausgeſtopfte Muͤtze vor ihn auf den Tiſch, und indem er ſelbige eroͤffnete, er- ſtaunete der Mann gantz ungemein, ſagte aber wei- ter nichts, als: Verziehet ein klein wenig, ich muß doch dieſes Heiligthum meiner Frauen zeigen, und darauf lieff er eiligſt fort. Jch wartete laͤnger als eine Stunde auf ſeine Zuruͤckkunfft, und ſtund in der gaͤntzlichen Hoffnung, er wuͤrde mir zum wenigſten etliche Stuͤck Ducaten Trinck-Geld einhaͤndigen, allein ſtatt deſſen kam bald hernach die Wache und fuͤhrete mich mit ſamt dem Lehr-Jungen in Ar- reſt. So lange ich auf der Welt gelebt hatte, war mir kein Zufall unvermutheter und wunderſamer vor- gekommen, als dieſer, jedoch, weil ich ein gut Ge- wiſſen hatte, blieb ich eine gantze Nacht hindurch, obgleich nicht ohne Verdruß, dennoch ohne groſſe Bekuͤmmerniß. Folgenden Morgen aber wurde der Junge von mir hinweg, ich ſelbſt etwa eine Stunde darauf in Ketten geſchloſſen und vor das Geiſtliche Gericht gefuͤhret, allwo mich der Haus- Herr nicht allein auf einen vermuthlichen Diebſtahl, ſondern auch wegen Laͤſterung GOttes und ſeiner Heiligen angeklaat hatte. Jch verantwortete mich nach meinem guten Gewiſſen, ſo gut als ich kon- te, erzehlete die gantze Sache mit ihren wahrhaff- ten Umſtaͤnden, und wurde wieder zuruͤck gefuͤhret, eine halbe Stunde hernach aber noch einmahl ſo hart geſchloſſen. Mein Meiſter, der jedoch ein ſehr eifriger Ca- tho-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/348>, abgerufen am 25.11.2024.