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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Schwelle des Zimmers überschritten, da mich etli-
che gewaffnete Leute überfielen, zu Boden warffen,
meine Hände und Füsse mit gräßlichen eisernen Ket-
ten belegten, und also gerades Weges, in eins von
den allerschlimmsten Gefängnissen schleppten. Hier
hatte ich Zeit genug, nach zugrübeln, warum man
doch so unbarmhertzig mit mir umgehen möchte, in-
dem ich mich keines Haupt-Verbrechens schuldig
wußte, denn binnen 3. Wochen kam kein anderer
Mensch zu mir, als derjenige, welcher täglich ein-
mahl Wasser und Brod zu meiner Nahrung brach-
te, und auf mein jämmerliches Klagen in gebroche-
ner Holländischer Sprache nichts anders zur Ant-
wort gab, als, daß man in Engelland die Spitz-
Buben nicht anders zu
tractiren pflege. Jch will
mich bey dieser kläglichen Begebenheit nicht lange
aufhalten, sondern nur sagen, daß zur selbigen Zeit
ein berufener Spitz-Bube in der Welt herum flan-
qui
rte, der sich bald diesen, bald jenen, unter an-
dern aber auch den Nahmen Curt van Delfft bey-
gelegt hatte. Vor dessen Complicen mich zu er-
kennen, hatten die Herren Engelländer die aller-
größte Ursache, da ich mich selbst gerühmt mit ihm
in genauer Bekandtschafft zu stehen. So bald ich
demnach zum Verhör kam, wurden mir die aller-
erschröcklichsten und empfindlichsten Fragen vorge-
legt, und weil die Antwort darauf nicht nach der
Richter Verlangen ausschlug, fingen sie sehr früh-
zeitig von der Tortur zu schwatzen an, da nun sol-
chergestalt das Wasser bis an die Seele ging, kon-
te ich nicht umhin, meinen gantzen Lebens-Lauff, so
viel nemlich davon zu meiner Vertheidigung nö-

thig

Schwelle des Zimmers uͤberſchritten, da mich etli-
che gewaffnete Leute uͤberfielen, zu Boden warffen,
meine Haͤnde und Fuͤſſe mit graͤßlichen eiſernen Ket-
ten belegten, und alſo gerades Weges, in eins von
den allerſchlimmſten Gefaͤngniſſen ſchleppten. Hier
hatte ich Zeit genug, nach zugruͤbeln, warum man
doch ſo unbarmhertzig mit mir umgehen moͤchte, in-
dem ich mich keines Haupt-Verbrechens ſchuldig
wußte, denn binnen 3. Wochen kam kein anderer
Menſch zu mir, als derjenige, welcher taͤglich ein-
mahl Waſſer und Brod zu meiner Nahrung brach-
te, und auf mein jaͤmmerliches Klagen in gebroche-
ner Hollaͤndiſcher Sprache nichts anders zur Ant-
wort gab, als, daß man in Engelland die Spitz-
Buben nicht anders zu
tractiren pflege. Jch will
mich bey dieſer klaͤglichen Begebenheit nicht lange
aufhalten, ſondern nur ſagen, daß zur ſelbigen Zeit
ein berufener Spitz-Bube in der Welt herum flan-
qui
rte, der ſich bald dieſen, bald jenen, unter an-
dern aber auch den Nahmen Curt van Delfft bey-
gelegt hatte. Vor deſſen Complicen mich zu er-
kennen, hatten die Herren Engellaͤnder die aller-
groͤßte Urſache, da ich mich ſelbſt geruͤhmt mit ihm
in genauer Bekandtſchafft zu ſtehen. So bald ich
demnach zum Verhoͤr kam, wurden mir die aller-
erſchroͤcklichſten und empfindlichſten Fragen vorge-
legt, und weil die Antwort darauf nicht nach der
Richter Verlangen ausſchlug, fingen ſie ſehr fruͤh-
zeitig von der Tortur zu ſchwatzen an, da nun ſol-
chergeſtalt das Waſſer bis an die Seele ging, kon-
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viel nemlich davon zu meiner Vertheidigung noͤ-

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[282/0296] Schwelle des Zimmers uͤberſchritten, da mich etli- che gewaffnete Leute uͤberfielen, zu Boden warffen, meine Haͤnde und Fuͤſſe mit graͤßlichen eiſernen Ket- ten belegten, und alſo gerades Weges, in eins von den allerſchlimmſten Gefaͤngniſſen ſchleppten. Hier hatte ich Zeit genug, nach zugruͤbeln, warum man doch ſo unbarmhertzig mit mir umgehen moͤchte, in- dem ich mich keines Haupt-Verbrechens ſchuldig wußte, denn binnen 3. Wochen kam kein anderer Menſch zu mir, als derjenige, welcher taͤglich ein- mahl Waſſer und Brod zu meiner Nahrung brach- te, und auf mein jaͤmmerliches Klagen in gebroche- ner Hollaͤndiſcher Sprache nichts anders zur Ant- wort gab, als, daß man in Engelland die Spitz- Buben nicht anders zu tractiren pflege. Jch will mich bey dieſer klaͤglichen Begebenheit nicht lange aufhalten, ſondern nur ſagen, daß zur ſelbigen Zeit ein berufener Spitz-Bube in der Welt herum flan- quirte, der ſich bald dieſen, bald jenen, unter an- dern aber auch den Nahmen Curt van Delfft bey- gelegt hatte. Vor deſſen Complicen mich zu er- kennen, hatten die Herren Engellaͤnder die aller- groͤßte Urſache, da ich mich ſelbſt geruͤhmt mit ihm in genauer Bekandtſchafft zu ſtehen. So bald ich demnach zum Verhoͤr kam, wurden mir die aller- erſchroͤcklichſten und empfindlichſten Fragen vorge- legt, und weil die Antwort darauf nicht nach der Richter Verlangen ausſchlug, fingen ſie ſehr fruͤh- zeitig von der Tortur zu ſchwatzen an, da nun ſol- chergeſtalt das Waſſer bis an die Seele ging, kon- te ich nicht umhin, meinen gantzen Lebens-Lauff, ſo viel nemlich davon zu meiner Vertheidigung noͤ- thig

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/296>, abgerufen am 25.11.2024.