verließ, und da er binnen anderthalb Jahren meiner Dienstfertigkeit und Treue wegen, sattsame Pro- ben erhalten, vermachte er mir vor seinem bald dar- auf folgenden Ende, seine 24. jährige und sehr tu- genthaffte Frau, nebst zweyen Kindern, die er mit der ersten Frauen gezeuget hatte.
Da nun selbige artige Frau an meiner Person und Wesen nichts auszusetzen hatte, vielmehr nach abgelauffenen Trauer-Jahre den Anfang machte, mir mit allen honetten Liebes-Bezeigungen zu be- gegnen, hielten wir endlich um Licht-Messe, öffent- liches Verlöbniß, und waren gesonnen, selbiges gleich nach den Oster-Ferien, durch priesterliche Copulation vollziehen zulassen.
Solchergestalt vermeynete ich nunmehro den Haven meines zeitlichen Vergnügens, vermittelst einer erwünschten glücklichen Heyrath und wohlbe- stellten Barbier-Stube, gefunden zu haben, beküm- merte mich auch gantz und gar nichts mehr, um mein durch verschiedene Unglücks Fälle eingebüßtes ziem- liches Vermögen, sondern hielt davor, ich wäre von dem Verhängnisse mit allem Fleiß forcirt worden, vorhero so viel an mein beständiges Wohlseyn zu spendiren um solches desto erb- und eigenthümlicher zu erkauffen. Aber, aber! selbiges war noch lange nicht ermüdet mich zu verfolgen, sondern mir nun- mehro erstlich den aller empfindlichsten Streich zu spielen, denn meine hertzlich geliebte Witt-Frau be- kam 14. Tage vor Ostern einen gefährlichen Anfall vom hitzigen Fieber, und schloß 2. Tage nach Ostern ihre schönen Augen zu.
Jch gestehe nochmahls, daß mir dieser Unglücks-
Fall
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verließ, und da er binnen anderthalb Jahren meiner Dienſtfertigkeit und Treue wegen, ſattſame Pro- ben erhalten, vermachte er mir vor ſeinem bald dar- auf folgenden Ende, ſeine 24. jaͤhrige und ſehr tu- genthaffte Frau, nebſt zweyen Kindern, die er mit der erſten Frauen gezeuget hatte.
Da nun ſelbige artige Frau an meiner Perſon und Weſen nichts auszuſetzen hatte, vielmehr nach abgelauffenen Trauer-Jahre den Anfang machte, mir mit allen honetten Liebes-Bezeigungen zu be- gegnen, hielten wir endlich um Licht-Meſſe, oͤffent- liches Verloͤbniß, und waren geſonnen, ſelbiges gleich nach den Oſter-Ferien, durch prieſterliche Copulation vollziehen zulaſſen.
Solchergeſtalt vermeynete ich nunmehro den Haven meines zeitlichen Vergnuͤgens, vermittelſt einer erwuͤnſchten gluͤcklichen Heyrath und wohlbe- ſtellten Barbier-Stube, gefunden zu haben, bekuͤm- merte mich auch gantz und gar nichts mehr, um mein durch verſchiedene Ungluͤcks Faͤlle eingebuͤßtes ziem- liches Vermoͤgen, ſondern hielt davor, ich waͤre von dem Verhaͤngniſſe mit allem Fleiß forcirt worden, vorhero ſo viel an mein beſtaͤndiges Wohlſeyn zu ſpendiren um ſolches deſto erb- und eigenthuͤmlicher zu erkauffen. Aber, aber! ſelbiges war noch lange nicht ermuͤdet mich zu verfolgen, ſondern mir nun- mehro erſtlich den aller empfindlichſten Streich zu ſpielen, denn meine hertzlich geliebte Witt-Frau be- kam 14. Tage vor Oſtern einen gefaͤhrlichen Anfall vom hitzigen Fieber, und ſchloß 2. Tage nach Oſtern ihre ſchoͤnen Augen zu.
Jch geſtehe nochmahls, daß mir dieſer Ungluͤcks-
Fall
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verließ, und da er binnen anderthalb Jahren meiner
Dienſtfertigkeit und Treue wegen, ſattſame Pro-
ben erhalten, vermachte er mir vor ſeinem bald dar-
auf folgenden Ende, ſeine 24. jaͤhrige und ſehr tu-
genthaffte Frau, nebſt zweyen Kindern, die er mit
der erſten Frauen gezeuget hatte.
Da nun ſelbige artige Frau an meiner Perſon
und Weſen nichts auszuſetzen hatte, vielmehr nach
abgelauffenen Trauer-Jahre den Anfang machte,
mir mit allen honetten Liebes-Bezeigungen zu be-
gegnen, hielten wir endlich um Licht-Meſſe, oͤffent-
liches Verloͤbniß, und waren geſonnen, ſelbiges
gleich nach den Oſter-Ferien, durch prieſterliche
Copulation vollziehen zulaſſen.
Solchergeſtalt vermeynete ich nunmehro den
Haven meines zeitlichen Vergnuͤgens, vermittelſt
einer erwuͤnſchten gluͤcklichen Heyrath und wohlbe-
ſtellten Barbier-Stube, gefunden zu haben, bekuͤm-
merte mich auch gantz und gar nichts mehr, um mein
durch verſchiedene Ungluͤcks Faͤlle eingebuͤßtes ziem-
liches Vermoͤgen, ſondern hielt davor, ich waͤre von
dem Verhaͤngniſſe mit allem Fleiß forcirt worden,
vorhero ſo viel an mein beſtaͤndiges Wohlſeyn zu
ſpendiren um ſolches deſto erb- und eigenthuͤmlicher
zu erkauffen. Aber, aber! ſelbiges war noch lange
nicht ermuͤdet mich zu verfolgen, ſondern mir nun-
mehro erſtlich den aller empfindlichſten Streich zu
ſpielen, denn meine hertzlich geliebte Witt-Frau be-
kam 14. Tage vor Oſtern einen gefaͤhrlichen Anfall
vom hitzigen Fieber, und ſchloß 2. Tage nach Oſtern
ihre ſchoͤnen Augen zu.
Jch geſtehe nochmahls, daß mir dieſer Ungluͤcks-
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/247>, abgerufen am 18.12.2024.
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