Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen
dienen konte. Er hatte nicht sonderlich viel in bo-
nis,
da ich aber durch ihn in kurtzen zu schönen Geld-
Verdienste gelangete, wurde er von mir nicht allein
nach meinem Vermögen dann und wann mit Gel-
de fournirt, sondern in allen Compagnien, wo er
bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf solche
Manier, lernete ich wöchentlich zwey, drey, auch
wohl 4. mahl auf die Dörffer spaziren, und mei-
nen bisherigen Fleiß, der wegen täglicher Liebes-
Grillen ohnedem schon einigen Abbruch gelitten,
noch weiter stärcker hemmen. Aber was wurde
draus? erstlich ein lustiger Pursche, hernach ein
nasser Bruder, weiter ein Craqueler, und endlich
ein desperater Kerl. Denn einsmahls, da ich mich
auf einem nahgelegenen Dorffe unter lustiger
Compagnie befand, kamen auch ihrer fünffe von
der ehemaligen heroischen Brüderschafft in unsern
Saal getreten. Mir machten sie keine Sorge, denn
da ich dero besondere Hertzhafftigkeit einmahl auf
der Probe gesehen, trug mein, von Bier und Wein
ziemlich angefeureter Geist, nicht das allergeringste
Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein
ehemahliger Vorfechter diesesmahl nicht mit zuge-
gen war. Es währete nicht lange, so wurden aller-
hand Stichel-Reden gewechselt, welche ich und
meine Anhänger mit gleicher Müntze bezahleten,
endlich aber, da die Worte fielen: daß sich heute zu
Tage ein ieder Bartscheerer vom Doctor-Hute
wolte träumen lassen, wurde dem Fasse der Boden
ausgestossen. Meine 4. Anhänger waren so glück-
lich, ihre 4. Gegner zur Thür hinaus zu fuchteln,

ich
II. Theil. o

zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen
dienen konte. Er hatte nicht ſonderlich viel in bo-
nis,
da ich aber durch ihn in kurtzen zu ſchoͤnen Geld-
Verdienſte gelangete, wurde er von mir nicht allein
nach meinem Vermoͤgen dann und wann mit Gel-
de fournirt, ſondern in allen Compagnien, wo er
bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf ſolche
Manier, lernete ich woͤchentlich zwey, drey, auch
wohl 4. mahl auf die Doͤrffer ſpaziren, und mei-
nen bisherigen Fleiß, der wegen taͤglicher Liebes-
Grillen ohnedem ſchon einigen Abbruch gelitten,
noch weiter ſtaͤrcker hemmen. Aber was wurde
draus? erſtlich ein luſtiger Purſche, hernach ein
naſſer Bruder, weiter ein Craqueler, und endlich
ein deſperater Kerl. Denn einsmahls, da ich mich
auf einem nahgelegenen Dorffe unter luſtiger
Compagnie befand, kamen auch ihrer fuͤnffe von
der ehemaligen heroiſchen Bruͤderſchafft in unſern
Saal getreten. Mir machten ſie keine Sorge, denn
da ich dero beſondere Hertzhafftigkeit einmahl auf
der Probe geſehen, trug mein, von Bier und Wein
ziemlich angefeureter Geiſt, nicht das allergeringſte
Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein
ehemahliger Vorfechter dieſesmahl nicht mit zuge-
gen war. Es waͤhrete nicht lange, ſo wurden aller-
hand Stichel-Reden gewechſelt, welche ich und
meine Anhaͤnger mit gleicher Muͤntze bezahleten,
endlich aber, da die Worte fielen: daß ſich heute zu
Tage ein ieder Bartſcheerer vom Doctor-Hute
wolte traͤumen laſſen, wurde dem Faſſe der Boden
ausgeſtoſſen. Meine 4. Anhaͤnger waren ſo gluͤck-
lich, ihre 4. Gegner zur Thuͤr hinaus zu fuchteln,

ich
II. Theil. o
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="209"/>
zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen<lb/>
dienen konte. Er hatte nicht &#x017F;onderlich viel in <hi rendition="#aq">bo-<lb/>
nis,</hi> da ich aber durch ihn in kurtzen zu &#x017F;cho&#x0364;nen Geld-<lb/>
Verdien&#x017F;te gelangete, wurde er von mir nicht allein<lb/>
nach meinem Vermo&#x0364;gen dann und wann mit Gel-<lb/>
de <hi rendition="#aq">fourni</hi>rt, &#x017F;ondern in allen <hi rendition="#aq">Compagni</hi>en, wo er<lb/>
bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf &#x017F;olche<lb/>
Manier, lernete ich wo&#x0364;chentlich zwey, drey, auch<lb/>
wohl 4. mahl auf die Do&#x0364;rffer <hi rendition="#aq">&#x017F;pazir</hi>en, und mei-<lb/>
nen bisherigen Fleiß, der wegen ta&#x0364;glicher Liebes-<lb/>
Grillen ohnedem &#x017F;chon einigen Abbruch gelitten,<lb/>
noch weiter &#x017F;ta&#x0364;rcker hemmen. Aber was wurde<lb/>
draus? er&#x017F;tlich ein lu&#x017F;tiger Pur&#x017F;che, hernach ein<lb/>
na&#x017F;&#x017F;er Bruder, weiter ein <hi rendition="#aq">Craquel</hi>er, und endlich<lb/>
ein <hi rendition="#aq">de&#x017F;perat</hi>er Kerl. Denn einsmahls, da ich mich<lb/>
auf einem nahgelegenen Dorffe unter lu&#x017F;tiger<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie</hi> befand, kamen auch ihrer fu&#x0364;nffe von<lb/>
der ehemaligen <hi rendition="#aq">heroi</hi>&#x017F;chen Bru&#x0364;der&#x017F;chafft in un&#x017F;ern<lb/>
Saal getreten. Mir machten &#x017F;ie keine Sorge, denn<lb/>
da ich dero be&#x017F;ondere Hertzhafftigkeit einmahl auf<lb/>
der Probe ge&#x017F;ehen, trug mein, von Bier und Wein<lb/>
ziemlich angefeureter Gei&#x017F;t, nicht das allergering&#x017F;te<lb/>
Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein<lb/>
ehemahliger Vorfechter die&#x017F;esmahl nicht mit zuge-<lb/>
gen war. Es wa&#x0364;hrete nicht lange, &#x017F;o wurden aller-<lb/>
hand Stichel-Reden gewech&#x017F;elt, welche ich und<lb/>
meine Anha&#x0364;nger mit gleicher Mu&#x0364;ntze bezahleten,<lb/>
endlich aber, da die Worte fielen: daß &#x017F;ich heute zu<lb/>
Tage ein ieder Bart&#x017F;cheerer vom <hi rendition="#aq">Doctor-</hi>Hute<lb/>
wolte tra&#x0364;umen la&#x017F;&#x017F;en, wurde dem Fa&#x017F;&#x017F;e der Boden<lb/>
ausge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en. Meine 4. Anha&#x0364;nger waren &#x017F;o glu&#x0364;ck-<lb/>
lich, ihre 4. Gegner zur Thu&#x0364;r hinaus zu fuchteln,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> o</fw><fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0223] zum Schilde wider alle dergleichen Verfolgungen dienen konte. Er hatte nicht ſonderlich viel in bo- nis, da ich aber durch ihn in kurtzen zu ſchoͤnen Geld- Verdienſte gelangete, wurde er von mir nicht allein nach meinem Vermoͤgen dann und wann mit Gel- de fournirt, ſondern in allen Compagnien, wo er bey mir war, frey gehalten. Jedoch auf ſolche Manier, lernete ich woͤchentlich zwey, drey, auch wohl 4. mahl auf die Doͤrffer ſpaziren, und mei- nen bisherigen Fleiß, der wegen taͤglicher Liebes- Grillen ohnedem ſchon einigen Abbruch gelitten, noch weiter ſtaͤrcker hemmen. Aber was wurde draus? erſtlich ein luſtiger Purſche, hernach ein naſſer Bruder, weiter ein Craqueler, und endlich ein deſperater Kerl. Denn einsmahls, da ich mich auf einem nahgelegenen Dorffe unter luſtiger Compagnie befand, kamen auch ihrer fuͤnffe von der ehemaligen heroiſchen Bruͤderſchafft in unſern Saal getreten. Mir machten ſie keine Sorge, denn da ich dero beſondere Hertzhafftigkeit einmahl auf der Probe geſehen, trug mein, von Bier und Wein ziemlich angefeureter Geiſt, nicht das allergeringſte Bedencken, mit ihnen anzubinden, ohngeacht mein ehemahliger Vorfechter dieſesmahl nicht mit zuge- gen war. Es waͤhrete nicht lange, ſo wurden aller- hand Stichel-Reden gewechſelt, welche ich und meine Anhaͤnger mit gleicher Muͤntze bezahleten, endlich aber, da die Worte fielen: daß ſich heute zu Tage ein ieder Bartſcheerer vom Doctor-Hute wolte traͤumen laſſen, wurde dem Faſſe der Boden ausgeſtoſſen. Meine 4. Anhaͤnger waren ſo gluͤck- lich, ihre 4. Gegner zur Thuͤr hinaus zu fuchteln, ich II. Theil. o

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/223
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/223>, abgerufen am 22.11.2024.