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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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so geschickt seyn, einmahl einen menschlichen Cöper
auf unser Theatrum anatomicum zu verschaffen,
damit wir an selbigen, diejenige curiosite untersu-
chen könten, welche sich der Professor einer be-
nachbarten Universität jüngsthin gantz neu erfun-
den zu haben rühmet? Es gibt ja Leute gnug, die
sich eben kein überflüßiges Gewissen machen solten,
uns einen todten Cörper zuverkauffen, daferne
man ihnen nur die gute Manier inspiriret, wie es
zu practiciren und heimlich zu halten ist. Und wir
werden ja alle zusammen auch noch etwa ein 100. Thl.
daran spendiren können, ich gebe 10. Thlr. vor
meine Person, hoffe, die Herren werden ein paar
lumpichte Thaler auch nicht aestimiren, und sich
die Sache angelegen seyn lassen, denn es ist hierbey
Ehre, Ruhm und Nutzen zuerwerben.

Wie gesagt, dieser Vortrag fällt dem armen
Studioso eben in der letzten Nacht ein, da er die
Wache gantz allein bey der im Sarge liegenden
Mutter halten muß, und weil seine Schwester sehr
feste schläft, nimmt er den todten Leichnam aus
dem Sarge heraus, wickelt denselben in ein altes
Tuch versteckt ihn auf dem Boden hinter das Feuer-
Gemäure, an dessen Stelle aber legt er etwas Heu,
Stroh und Steine in den Sarg, und vernagelt
denselben aufs allerfesteste. Folgenden Morgen
kam er in aller Frühe zu unserm Professore gelauf-
fen, meldete, daß er ein Subjectum anatomicum
humanum
ausgekundschafft habe, selbiges aber
unter 100. Thlr. nicht erhandeln können, derowe-
gen er sich bey ihm erkundigen wolle, ob es davor
anständig sey oder nicht. Viele haben nachhero

zwar

ſo geſchickt ſeyn, einmahl einen menſchlichen Coͤper
auf unſer Theatrum anatomicum zu verſchaffen,
damit wir an ſelbigen, diejenige curioſité unterſu-
chen koͤnten, welche ſich der Profeſſor einer be-
nachbarten Univerſitaͤt juͤngſthin gantz neu erfun-
den zu haben ruͤhmet? Es gibt ja Leute gnug, die
ſich eben kein uͤberfluͤßiges Gewiſſen machen ſolten,
uns einen todten Coͤrper zuverkauffen, daferne
man ihnen nur die gute Manier inſpiriret, wie es
zu practiciren und heimlich zu halten iſt. Und wir
werden ja alle zuſam̃en auch noch etwa ein 100. Thl.
daran ſpendiren koͤnnen, ich gebe 10. Thlr. vor
meine Perſon, hoffe, die Herren werden ein paar
lumpichte Thaler auch nicht æſtimiren, und ſich
die Sache angelegen ſeyn laſſen, denn es iſt hierbey
Ehre, Ruhm und Nutzen zuerwerben.

Wie geſagt, dieſer Vortrag faͤllt dem armen
Studioſo eben in der letzten Nacht ein, da er die
Wache gantz allein bey der im Sarge liegenden
Mutter halten muß, und weil ſeine Schweſter ſehr
feſte ſchlaͤft, nimmt er den todten Leichnam aus
dem Sarge heraus, wickelt denſelben in ein altes
Tuch verſteckt ihn auf dem Boden hinter das Feuer-
Gemaͤure, an deſſen Stelle aber legt er etwas Heu,
Stroh und Steine in den Sarg, und vernagelt
denſelben aufs allerfeſteſte. Folgenden Morgen
kam er in aller Fruͤhe zu unſerm Profeſſore gelauf-
fen, meldete, daß er ein Subjectum anatomicum
humanum
ausgekundſchafft habe, ſelbiges aber
unter 100. Thlr. nicht erhandeln koͤnnen, derowe-
gen er ſich bey ihm erkundigen wolle, ob es davor
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[204/0218] ſo geſchickt ſeyn, einmahl einen menſchlichen Coͤper auf unſer Theatrum anatomicum zu verſchaffen, damit wir an ſelbigen, diejenige curioſité unterſu- chen koͤnten, welche ſich der Profeſſor einer be- nachbarten Univerſitaͤt juͤngſthin gantz neu erfun- den zu haben ruͤhmet? Es gibt ja Leute gnug, die ſich eben kein uͤberfluͤßiges Gewiſſen machen ſolten, uns einen todten Coͤrper zuverkauffen, daferne man ihnen nur die gute Manier inſpiriret, wie es zu practiciren und heimlich zu halten iſt. Und wir werden ja alle zuſam̃en auch noch etwa ein 100. Thl. daran ſpendiren koͤnnen, ich gebe 10. Thlr. vor meine Perſon, hoffe, die Herren werden ein paar lumpichte Thaler auch nicht æſtimiren, und ſich die Sache angelegen ſeyn laſſen, denn es iſt hierbey Ehre, Ruhm und Nutzen zuerwerben. Wie geſagt, dieſer Vortrag faͤllt dem armen Studioſo eben in der letzten Nacht ein, da er die Wache gantz allein bey der im Sarge liegenden Mutter halten muß, und weil ſeine Schweſter ſehr feſte ſchlaͤft, nimmt er den todten Leichnam aus dem Sarge heraus, wickelt denſelben in ein altes Tuch verſteckt ihn auf dem Boden hinter das Feuer- Gemaͤure, an deſſen Stelle aber legt er etwas Heu, Stroh und Steine in den Sarg, und vernagelt denſelben aufs allerfeſteſte. Folgenden Morgen kam er in aller Fruͤhe zu unſerm Profeſſore gelauf- fen, meldete, daß er ein Subjectum anatomicum humanum ausgekundſchafft habe, ſelbiges aber unter 100. Thlr. nicht erhandeln koͤnnen, derowe- gen er ſich bey ihm erkundigen wolle, ob es davor anſtaͤndig ſey oder nicht. Viele haben nachhero zwar

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/218>, abgerufen am 22.11.2024.