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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Jch mußte einmahls in aller Frühe bey dem Koh-
len-Verkauffer einen Handkorb voll Schmiede-
Kohlen holen, da mich nun unterwegs jemand in
sein Haus rufte, setzte ich vorhero meinen mit Kohlen
gehäufften Korb, am Rathhause in einen Winckel,
und ging davon, mußte aber bey meiner Zurück-
kunfft, den Korb über die Helffte ausgeleeret erbli-
cken, dahero Noth halber zurück gehen, und densel-
ben vor mein eigen Geld wieder häuffen lassen.
Nachhero legte starcke Kundschafft auf diesen Dieb-
stahl, und erfuhr, daß die am Marckt, täglich sitzen-
den und allerhand Nasch-Waaren verkauffenden,
naseweisen Mägde, benebst den alten Weibern, sich
vereiniget hatten, mir diesen Streich zu spielen, wel-
ches um so viel desto eher zu glauben war, weil, so offt
ich diesen Weg sonsten mit Kohlen ging, und ein
oder zwey aus dem Korbe fallen ließ, selbige gleich
herzu lieffen wie die Katzen nach den Mäusen, denn
sie wußten diese gute Kohlen, gar zu wohl in den un-
ter sich habenden Kohlen-Töpfen zu gebrauchen.
Demnach war ich Tag und Nacht auf Revange,
wegen des letzt gespielten groben Possens, bedacht,
und endlich wurde folgender Streich so verbracht,
wie ausgesonnen. Jch nahm etliche Kohlen, hölete
dieselben aus, und setzte kleine Schwermer mit ge-
riebenen Schieß-Pulver hinein, vermachte die Lö-
cher wiederum so, daß an den Kohlen kein Betrug zu
mercken war, legte hernach selbige, indem ich aber-
mahls Kohlen vor den liederlichen Weibs-Bildern
vorbey tragen wolte, gantz zu oberst auf den Korb,
that als ob ich stolperte, und ließ dieselben gantz un-
achtsam herunter fallen, welche denn von ihnen begie-

rig

Jch mußte einmahls in aller Fruͤhe bey dem Koh-
len-Verkauffer einen Handkorb voll Schmiede-
Kohlen holen, da mich nun unterwegs jemand in
ſein Haus rufte, ſetzte ich vorhero meinen mit Kohlen
gehaͤufften Korb, am Rathhauſe in einen Winckel,
und ging davon, mußte aber bey meiner Zuruͤck-
kunfft, den Korb uͤber die Helffte ausgeleeret erbli-
cken, dahero Noth halber zuruͤck gehen, und denſel-
ben vor mein eigen Geld wieder haͤuffen laſſen.
Nachhero legte ſtarcke Kundſchafft auf dieſen Dieb-
ſtahl, und erfuhr, daß die am Marckt, taͤglich ſitzen-
den und allerhand Naſch-Waaren verkauffenden,
naſeweiſen Maͤgde, benebſt den alten Weibern, ſich
vereiniget hatten, mir dieſen Streich zu ſpielen, wel-
ches um ſo viel deſto eher zu glauben war, weil, ſo offt
ich dieſen Weg ſonſten mit Kohlen ging, und ein
oder zwey aus dem Korbe fallen ließ, ſelbige gleich
herzu lieffen wie die Katzen nach den Maͤuſen, denn
ſie wußten dieſe gute Kohlen, gar zu wohl in den un-
ter ſich habenden Kohlen-Toͤpfen zu gebrauchen.
Demnach war ich Tag und Nacht auf Revange,
wegen des letzt geſpielten groben Poſſens, bedacht,
und endlich wurde folgender Streich ſo verbracht,
wie ausgeſonnen. Jch nahm etliche Kohlen, hoͤlete
dieſelben aus, und ſetzte kleine Schwermer mit ge-
riebenen Schieß-Pulver hinein, vermachte die Loͤ-
cher wiederum ſo, daß an den Kohlen kein Betrug zu
mercken war, legte hernach ſelbige, indem ich aber-
mahls Kohlen vor den liederlichen Weibs-Bildern
vorbey tragen wolte, gantz zu oberſt auf den Korb,
that als ob ich ſtolperte, und ließ dieſelben gantz un-
achtſam herunter fallen, welche denn von ihnen begie-

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[188/0202] Jch mußte einmahls in aller Fruͤhe bey dem Koh- len-Verkauffer einen Handkorb voll Schmiede- Kohlen holen, da mich nun unterwegs jemand in ſein Haus rufte, ſetzte ich vorhero meinen mit Kohlen gehaͤufften Korb, am Rathhauſe in einen Winckel, und ging davon, mußte aber bey meiner Zuruͤck- kunfft, den Korb uͤber die Helffte ausgeleeret erbli- cken, dahero Noth halber zuruͤck gehen, und denſel- ben vor mein eigen Geld wieder haͤuffen laſſen. Nachhero legte ſtarcke Kundſchafft auf dieſen Dieb- ſtahl, und erfuhr, daß die am Marckt, taͤglich ſitzen- den und allerhand Naſch-Waaren verkauffenden, naſeweiſen Maͤgde, benebſt den alten Weibern, ſich vereiniget hatten, mir dieſen Streich zu ſpielen, wel- ches um ſo viel deſto eher zu glauben war, weil, ſo offt ich dieſen Weg ſonſten mit Kohlen ging, und ein oder zwey aus dem Korbe fallen ließ, ſelbige gleich herzu lieffen wie die Katzen nach den Maͤuſen, denn ſie wußten dieſe gute Kohlen, gar zu wohl in den un- ter ſich habenden Kohlen-Toͤpfen zu gebrauchen. Demnach war ich Tag und Nacht auf Revange, wegen des letzt geſpielten groben Poſſens, bedacht, und endlich wurde folgender Streich ſo verbracht, wie ausgeſonnen. Jch nahm etliche Kohlen, hoͤlete dieſelben aus, und ſetzte kleine Schwermer mit ge- riebenen Schieß-Pulver hinein, vermachte die Loͤ- cher wiederum ſo, daß an den Kohlen kein Betrug zu mercken war, legte hernach ſelbige, indem ich aber- mahls Kohlen vor den liederlichen Weibs-Bildern vorbey tragen wolte, gantz zu oberſt auf den Korb, that als ob ich ſtolperte, und ließ dieſelben gantz un- achtſam herunter fallen, welche denn von ihnen begie- rig

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/202>, abgerufen am 24.11.2024.