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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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ein curieuser Kopf, und mir nicht so gewogen als
der Rector und Con-Rector wäre, iedoch eben den-
selben Respect verlangte, und vor einen gantz beson-
ders gelehrten Mann angesehen seyn wolte, war ich so
schalckhafft, ihn mit folgenden Griechischen Worten
anzureden: [fremdsprachliches Material - 5 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material - 6 Wörter fehlen] [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt] Teutsch: Hochgeehrter Herr Praeceptor!
Jch bitte, mir heute zu erlauben, einen Sack
voll Aepfel aus dem Garten zu holen.

Nun ist zu mercken, daß die drey obersten Herrn
Schul-Collegen dasiges Orts einen vortrefflichen
Baum-Garten zu nutzen hatten, aus welchen sie al-
lejährlich das Obst in drey gleiche Theile unter sich
zu theilen pflegten, allen Schülern aber, war bey har-
ter Strafe verboten, diesen Garten, ohne besondere
Erlaubniß des Garten-Inspectoris, nicht zu betre-
ten, vielweniger das geringste Stücke von Obste an-
zurühren, dieses Jahr hatte der Herr Cantor die In-
spection
darüber, und war gewißlich der Geitzigste
unter allen, derowegen mußte derjenige, welcher Ap-
petit
bekam, nur in den Garten ein wenig spaziren
zu gehen, ihm gewißlich mit den elegantesten lateini-
schen Schmeichel-Worten zu begegnen wissen. Jch
aber vermeynte meine Captationem benevolentiae
jocosam
desto glücklicher anzubringen, wenn ich ihn
auf Griechisch anredete, und damit seiner Erfahren-
heit in dieser Sprache, schmeichelte. Er lächelte
derowegen sehr gravitätisch und gab zur Antwort:
[fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen] Teutsch: Es ist von mir erlaubt.
Allein der gute Mann mochte meine Anrede nicht
völlig verstanden haben, wolte aber dennoch darvor

gehal-

ein curieuſer Kopf, und mir nicht ſo gewogen als
der Rector und Con-Rector waͤre, iedoch eben den-
ſelben Reſpect verlangte, und vor einen gantz beſon-
ders gelehrten Mann angeſehen ſeyn wolte, war ich ſo
ſchalckhafft, ihn mit folgenden Griechiſchen Worten
anzureden: [fremdsprachliches Material – 5 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material – 6 Wörter fehlen] [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt] Teutſch: Hochgeehrter Herr Præceptor!
Jch bitte, mir heute zu erlauben, einen Sack
voll Aepfel aus dem Garten zu holen.

Nun iſt zu mercken, daß die drey oberſten Herrn
Schul-Collegen daſiges Orts einen vortrefflichen
Baum-Garten zu nutzen hatten, aus welchen ſie al-
lejaͤhrlich das Obſt in drey gleiche Theile unter ſich
zu theilen pflegten, allen Schuͤlern aber, war bey har-
ter Strafe verboten, dieſen Garten, ohne beſondere
Erlaubniß des Garten-Inſpectoris, nicht zu betre-
ten, vielweniger das geringſte Stuͤcke von Obſte an-
zuruͤhren, dieſes Jahr hatte der Herr Cantor die In-
ſpection
daruͤber, und war gewißlich der Geitzigſte
unter allen, derowegen mußte derjenige, welcher Ap-
petit
bekam, nur in den Garten ein wenig ſpaziren
zu gehen, ihm gewißlich mit den eleganteſten lateini-
ſchen Schmeichel-Worten zu begegnen wiſſen. Jch
aber vermeynte meine Captationem benevolentiæ
jocoſam
deſto gluͤcklicher anzubringen, wenn ich ihn
auf Griechiſch anredete, und damit ſeiner Erfahren-
heit in dieſer Sprache, ſchmeichelte. Er laͤchelte
derowegen ſehr gravitaͤtiſch und gab zur Antwort:
[fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen] Teutſch: Es iſt von mir erlaubt.
Allein der gute Mann mochte meine Anrede nicht
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[182/0196] ein curieuſer Kopf, und mir nicht ſo gewogen als der Rector und Con-Rector waͤre, iedoch eben den- ſelben Reſpect verlangte, und vor einen gantz beſon- ders gelehrten Mann angeſehen ſeyn wolte, war ich ſo ſchalckhafft, ihn mit folgenden Griechiſchen Worten anzureden: _____ ______ _ Teutſch: Hochgeehrter Herr Præceptor! Jch bitte, mir heute zu erlauben, einen Sack voll Aepfel aus dem Garten zu holen. Nun iſt zu mercken, daß die drey oberſten Herrn Schul-Collegen daſiges Orts einen vortrefflichen Baum-Garten zu nutzen hatten, aus welchen ſie al- lejaͤhrlich das Obſt in drey gleiche Theile unter ſich zu theilen pflegten, allen Schuͤlern aber, war bey har- ter Strafe verboten, dieſen Garten, ohne beſondere Erlaubniß des Garten-Inſpectoris, nicht zu betre- ten, vielweniger das geringſte Stuͤcke von Obſte an- zuruͤhren, dieſes Jahr hatte der Herr Cantor die In- ſpection daruͤber, und war gewißlich der Geitzigſte unter allen, derowegen mußte derjenige, welcher Ap- petit bekam, nur in den Garten ein wenig ſpaziren zu gehen, ihm gewißlich mit den eleganteſten lateini- ſchen Schmeichel-Worten zu begegnen wiſſen. Jch aber vermeynte meine Captationem benevolentiæ jocoſam deſto gluͤcklicher anzubringen, wenn ich ihn auf Griechiſch anredete, und damit ſeiner Erfahren- heit in dieſer Sprache, ſchmeichelte. Er laͤchelte derowegen ſehr gravitaͤtiſch und gab zur Antwort: ___ Teutſch: Es iſt von mir erlaubt. Allein der gute Mann mochte meine Anrede nicht voͤllig verſtanden haben, wolte aber dennoch darvor gehal-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/196>, abgerufen am 23.11.2024.