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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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mich wird versuchen und proben, wird mich
rühmen und loben.
Nachdem ich nun von die-
sem Tobacks-Briefe das andere unnütze Bilder-
werck abgeschnitten, beschmierte ich denselben auf
der lincken Seite mit Vogel-Leim, und legte das
Blätgen hinter dem Ofen, auf denjenigen Sessel,
welchen unsere faule Magd gemeiniglich des Tages
sehr offte zu besitzen pflegte, und zwar also, daß die
Schrifft, nachdem die Magd aufgestanden, accu-
rat
auf ihrem Wulste des Rocks zu lesen war. Sel-
bige wurde kurtz hernach zu Marckte geschickt, in un-
serm Hause hatte kein Mensch diese Inscription be-
merckt, allem auf dem Marckte finden sich desto
mehr curieuse Leute solche zu betrachten. Was es
vor ein Gelächter gegeben, zumahlen da einige Schü-
ler darzu kommen, und darüber glossiren, ist leicht zu
erachten, allein mir bekam diese Naseweisigkeit sehr
übel, denn mein hitziger Vetter schlug mir, so bald
ich nur vor den Thäter ausgerufen worden, dieser-
wegen in der Furie den lincken Arm entzwey. Daß
dieses von mir eine grosse Leichtfertigkeit, aber doch
keine gar zu grausame Bosheit gewesen, kan ied-
weder so leicht begreiffen, als eine proportionirliche
Strafe darauf dictiren, allein ob diese Strafe mit
dem Verbrechen quadriret? gebe ich zur Uberlegung
anheim. Jmmittelst hatte die Curiosite zu em-
pfinden, wiewohl es düncke, wenn man 6. Wochen
unter den Händen eines unverständigen, Tölpelhaf-
ten, dabey aber dennoch unbarmhertzigen Chirurgi
liegt, denn mein krumm geheilter Arm mußte noch ein-
mahl zerbrochen, und durch einen geschicktern Mann
geheilet werden. Noch eins! meine Muhme hatte

einen
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mich wird verſuchen und proben, wird mich
ruͤhmen und loben.
Nachdem ich nun von die-
ſem Tobacks-Briefe das andere unnuͤtze Bilder-
werck abgeſchnitten, beſchmierte ich denſelben auf
der lincken Seite mit Vogel-Leim, und legte das
Blaͤtgen hinter dem Ofen, auf denjenigen Seſſel,
welchen unſere faule Magd gemeiniglich des Tages
ſehr offte zu beſitzen pflegte, und zwar alſo, daß die
Schrifft, nachdem die Magd aufgeſtanden, accu-
rat
auf ihrem Wulſte des Rocks zu leſen war. Sel-
bige wurde kurtz hernach zu Marckte geſchickt, in un-
ſerm Hauſe hatte kein Menſch dieſe Inſcription be-
merckt, allem auf dem Marckte finden ſich deſto
mehr curieuſe Leute ſolche zu betrachten. Was es
vor ein Gelaͤchter gegeben, zumahlen da einige Schuͤ-
ler darzu kommen, und daruͤber gloſſiren, iſt leicht zu
erachten, allein mir bekam dieſe Naſeweiſigkeit ſehr
uͤbel, denn mein hitziger Vetter ſchlug mir, ſo bald
ich nur vor den Thaͤter ausgerufen worden, dieſer-
wegen in der Furie den lincken Arm entzwey. Daß
dieſes von mir eine groſſe Leichtfertigkeit, aber doch
keine gar zu grauſame Bosheit geweſen, kan ied-
weder ſo leicht begreiffen, als eine proportionirliche
Strafe darauf dictiren, allein ob dieſe Strafe mit
dem Verbrechen quadriret? gebe ich zur Uberlegung
anheim. Jmmittelſt hatte die Curioſité zu em-
pfinden, wiewohl es duͤncke, wenn man 6. Wochen
unter den Haͤnden eines unverſtaͤndigen, Toͤlpelhaf-
ten, dabey aber dennoch unbarmhertzigen Chirurgi
liegt, denn mein krum̃ geheilter Arm mußte noch ein-
mahl zerbrochen, und durch einen geſchicktern Mann
geheilet werden. Noch eins! meine Muhme hatte

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[179/0193] mich wird verſuchen und proben, wird mich ruͤhmen und loben. Nachdem ich nun von die- ſem Tobacks-Briefe das andere unnuͤtze Bilder- werck abgeſchnitten, beſchmierte ich denſelben auf der lincken Seite mit Vogel-Leim, und legte das Blaͤtgen hinter dem Ofen, auf denjenigen Seſſel, welchen unſere faule Magd gemeiniglich des Tages ſehr offte zu beſitzen pflegte, und zwar alſo, daß die Schrifft, nachdem die Magd aufgeſtanden, accu- rat auf ihrem Wulſte des Rocks zu leſen war. Sel- bige wurde kurtz hernach zu Marckte geſchickt, in un- ſerm Hauſe hatte kein Menſch dieſe Inſcription be- merckt, allem auf dem Marckte finden ſich deſto mehr curieuſe Leute ſolche zu betrachten. Was es vor ein Gelaͤchter gegeben, zumahlen da einige Schuͤ- ler darzu kommen, und daruͤber gloſſiren, iſt leicht zu erachten, allein mir bekam dieſe Naſeweiſigkeit ſehr uͤbel, denn mein hitziger Vetter ſchlug mir, ſo bald ich nur vor den Thaͤter ausgerufen worden, dieſer- wegen in der Furie den lincken Arm entzwey. Daß dieſes von mir eine groſſe Leichtfertigkeit, aber doch keine gar zu grauſame Bosheit geweſen, kan ied- weder ſo leicht begreiffen, als eine proportionirliche Strafe darauf dictiren, allein ob dieſe Strafe mit dem Verbrechen quadriret? gebe ich zur Uberlegung anheim. Jmmittelſt hatte die Curioſité zu em- pfinden, wiewohl es duͤncke, wenn man 6. Wochen unter den Haͤnden eines unverſtaͤndigen, Toͤlpelhaf- ten, dabey aber dennoch unbarmhertzigen Chirurgi liegt, denn mein krum̃ geheilter Arm mußte noch ein- mahl zerbrochen, und durch einen geſchicktern Mann geheilet werden. Noch eins! meine Muhme hatte einen m 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/193>, abgerufen am 22.11.2024.