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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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gen, damahls und nachhero seine Feinde öffentlich
zu schanden zu machen, denn mein, von dem Gene-
ral
eigenhändig unterschriebener Reise-Paß, konte
dißmahl Charlotten, mein Degen und Pistolen aber
weiterhin allen andern das Gegentheil zeigen.

Auf solche Art wurde die Zeit unserer ersten Wie-
derzusammenkunfft, mit lauter ernsthafften Ge-
sprächen verbracht, doch weil ich meinen getreuen
Engel umständig bat, mir wenigstens noch zwey-
mahl an selbigem Orte eine Nacht-Visite zu gön-
nen, um unsere fernern Anstalten zu überlegen, hat-
te ich dennoch die erwünschte Lust, auf ihren Rosen-
Lippen die meinigen zu weiden, ausser diesen aber
wurde von beyden Theilen die strengste Keuschheit
observirt, denn Charlotte hatte in Wahrheit ein
vollkommen Tugendhafftes Gemüthe, und ich hät-
te lieber sterben, als mich mit dem geringsten Zei-
chen der Geilheit bey ihr verdächtig machen wollen.
Unsere Abrede war demnach diese, daß ich sehr fleis-
sig an sie schreiben, iedoch den Titul des Briefs an
ein gantz unbekandtes Fräulein machen, diese Briefe
auch ohne Scheu an den Post-Meister des nächst-
gelegenen Städtgens addressiren, ihm aber nichts
darvon melden solte, weil sie bereit sey, um besse-
rer Sicherheit willen, diesen Mann selbst auf ihre
Seite zu ziehen, und ihm einzubilden, daß ihrer
Baasen eine, ein geheimes Liebes-Verständniß
mit einem gewissen Cavalier hätte, worinnen
Charlotte Unterhändlerin wäre. Mit dem ver-
änderten Nahmen und Petschafften, nahmen wir
auch indessen völlige Abrede, und nachdem sie mir
abermahls 100. Thlr. baar Geld offerirt, ich aber

selbi-

gen, damahls und nachhero ſeine Feinde oͤffentlich
zu ſchanden zu machen, denn mein, von dem Gene-
ral
eigenhaͤndig unterſchriebener Reiſe-Paß, konte
dißmahl Charlotten, mein Degen und Piſtolen aber
weiterhin allen andern das Gegentheil zeigen.

Auf ſolche Art wurde die Zeit unſerer erſten Wie-
derzuſammenkunfft, mit lauter ernſthafften Ge-
ſpraͤchen verbracht, doch weil ich meinen getreuen
Engel umſtaͤndig bat, mir wenigſtens noch zwey-
mahl an ſelbigem Orte eine Nacht-Viſite zu goͤn-
nen, um unſere fernern Anſtalten zu uͤberlegen, hat-
te ich dennoch die erwuͤnſchte Luſt, auf ihren Roſen-
Lippen die meinigen zu weiden, auſſer dieſen aber
wurde von beyden Theilen die ſtrengſte Keuſchheit
obſervirt, denn Charlotte hatte in Wahrheit ein
vollkommen Tugendhafftes Gemuͤthe, und ich haͤt-
te lieber ſterben, als mich mit dem geringſten Zei-
chen der Geilheit bey ihr verdaͤchtig machen wollen.
Unſere Abrede war demnach dieſe, daß ich ſehr fleiſ-
ſig an ſie ſchreiben, iedoch den Titul des Briefs an
ein gantz unbekandtes Fraͤulein machen, dieſe Briefe
auch ohne Scheu an den Poſt-Meiſter des naͤchſt-
gelegenen Staͤdtgens addreſſiren, ihm aber nichts
darvon melden ſolte, weil ſie bereit ſey, um beſſe-
rer Sicherheit willen, dieſen Mann ſelbſt auf ihre
Seite zu ziehen, und ihm einzubilden, daß ihrer
Baaſen eine, ein geheimes Liebes-Verſtaͤndniß
mit einem gewiſſen Cavalier haͤtte, worinnen
Charlotte Unterhaͤndlerin waͤre. Mit dem ver-
aͤnderten Nahmen und Petſchafften, nahmen wir
auch indeſſen voͤllige Abrede, und nachdem ſie mir
abermahls 100. Thlr. baar Geld offerirt, ich aber

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[144/0158] gen, damahls und nachhero ſeine Feinde oͤffentlich zu ſchanden zu machen, denn mein, von dem Gene- ral eigenhaͤndig unterſchriebener Reiſe-Paß, konte dißmahl Charlotten, mein Degen und Piſtolen aber weiterhin allen andern das Gegentheil zeigen. Auf ſolche Art wurde die Zeit unſerer erſten Wie- derzuſammenkunfft, mit lauter ernſthafften Ge- ſpraͤchen verbracht, doch weil ich meinen getreuen Engel umſtaͤndig bat, mir wenigſtens noch zwey- mahl an ſelbigem Orte eine Nacht-Viſite zu goͤn- nen, um unſere fernern Anſtalten zu uͤberlegen, hat- te ich dennoch die erwuͤnſchte Luſt, auf ihren Roſen- Lippen die meinigen zu weiden, auſſer dieſen aber wurde von beyden Theilen die ſtrengſte Keuſchheit obſervirt, denn Charlotte hatte in Wahrheit ein vollkommen Tugendhafftes Gemuͤthe, und ich haͤt- te lieber ſterben, als mich mit dem geringſten Zei- chen der Geilheit bey ihr verdaͤchtig machen wollen. Unſere Abrede war demnach dieſe, daß ich ſehr fleiſ- ſig an ſie ſchreiben, iedoch den Titul des Briefs an ein gantz unbekandtes Fraͤulein machen, dieſe Briefe auch ohne Scheu an den Poſt-Meiſter des naͤchſt- gelegenen Staͤdtgens addreſſiren, ihm aber nichts darvon melden ſolte, weil ſie bereit ſey, um beſſe- rer Sicherheit willen, dieſen Mann ſelbſt auf ihre Seite zu ziehen, und ihm einzubilden, daß ihrer Baaſen eine, ein geheimes Liebes-Verſtaͤndniß mit einem gewiſſen Cavalier haͤtte, worinnen Charlotte Unterhaͤndlerin waͤre. Mit dem ver- aͤnderten Nahmen und Petſchafften, nahmen wir auch indeſſen voͤllige Abrede, und nachdem ſie mir abermahls 100. Thlr. baar Geld offerirt, ich aber ſelbi-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/158>, abgerufen am 25.11.2024.