Wenn ich anfanges was geschrieben habe, daß euch etwa verdriessen thut, so rechnet es mir nicht zu, denn ich bin ein Mensch darzu der Obrigkeit unterthan, die hat mirs befoh- len fein teutsch raus zu schreiben.Tic cur hic, pflegen wir Gelehrten an unsere Studier- Stuben zu schreiben, und also habe ich thun müssen, was mir der gestrenge Herr befohlen hat, wir bleiben deßwegen doch gute Freun- de, ihr habt mir nichts zu Leide gethan, und ich euch auch nicht, ein Schelm ders böse meynt.Fale amiceich verbleibe desselben.
Monsieur und Jnsonders Hochgeehrter Herr Fähnrich Dienstwilliger Freund N. N. R. Cantor und Ludimoder: in N.
Wer gläubts wohl nicht, (sprach hierauf Mons. Litzberg, nachdem er uns diesen Brief nochmahls vorlesen und Zeit lassen müssen, die von Lachen gantz zerschüttelten Cörper wieder in Ordnung zu brin- gen,) daß ich über diese verzweiffelte Schreib-Art hätte halb toll und halb närrisch werden mögen, doch ich will mich mit Wiederholung meiner entsetz- lich verwirrt-aufgestiegenen Affecten gantz und gar nicht aufhalten, sondern nur die listigen Anschlä- ge entdecken, welche ich Tag und Nacht schmiedete, um den gewissen Aufenthalt des Fräuleins Char- lottens zu erfahren. Der Schulmeister, dem ich wegen seines schändlichen Briefes in der ersten Fu- rie den Hals zerbrochen, iedoch wenn ich ihn nur erstlich bey mir gehabt hätte, wurde nach und nach
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Wenn ich anfanges was geſchrieben habe, daß euch etwa verdrieſſen thut, ſo rechnet es mir nicht zu, denn ich bin ein Menſch darzu der Obrigkeit unterthan, die hat mirs befoh- len fein teutſch raus zu ſchreiben.Tic cur hic, pflegen wir Gelehrten an unſere Studier- Stuben zu ſchreiben, und alſo habe ich thun muͤſſen, was mir der geſtrenge Herr befohlen hat, wir bleiben deßwegen doch gute Freun- de, ihr habt mir nichts zu Leide gethan, und ich euch auch nicht, ein Schelm ders boͤſe meynt.Fale amiceich verbleibe deſſelben.
Monſieur und Jnſonders Hochgeehrter Herr Faͤhnrich Dienſtwilliger Freund N. N. R. Cantor und Ludimoder: in N.
Wer glaͤubts wohl nicht, (ſprach hierauf Monſ. Litzberg, nachdem er uns dieſen Brief nochmahls vorleſen und Zeit laſſen muͤſſen, die von Lachen gantz zerſchuͤttelten Coͤrper wieder in Ordnung zu brin- gen,) daß ich uͤber dieſe verzweiffelte Schreib-Art haͤtte halb toll und halb naͤrriſch werden moͤgen, doch ich will mich mit Wiederholung meiner entſetz- lich verwirrt-aufgeſtiegenen Affecten gantz und gar nicht aufhalten, ſondern nur die liſtigen Anſchlaͤ- ge entdecken, welche ich Tag und Nacht ſchmiedete, um den gewiſſen Aufenthalt des Fraͤuleins Char- lottens zu erfahren. Der Schulmeiſter, dem ich wegen ſeines ſchaͤndlichen Briefes in der erſten Fu- rie den Hals zerbrochen, iedoch wenn ich ihn nur erſtlich bey mir gehabt haͤtte, wurde nach und nach
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Wenn ich anfanges was geſchrieben habe,
daß euch etwa verdrieſſen thut, ſo rechnet es
mir nicht zu, denn ich bin ein Menſch darzu
der Obrigkeit unterthan, die hat mirs befoh-
len fein teutſch raus zu ſchreiben. Tic cur hic,
pflegen wir Gelehrten an unſere Studier-
Stuben zu ſchreiben, und alſo habe ich thun
muͤſſen, was mir der geſtrenge Herr befohlen
hat, wir bleiben deßwegen doch gute Freun-
de, ihr habt mir nichts zu Leide gethan, und
ich euch auch nicht, ein Schelm ders boͤſe
meynt. Fale amice ich verbleibe deſſelben.
Monſieur
und Jnſonders Hochgeehrter Herr Faͤhnrich
Dienſtwilliger Freund
N. N. R.
Cantor und Ludimoder: in N.
Wer glaͤubts wohl nicht, (ſprach hierauf Monſ.
Litzberg, nachdem er uns dieſen Brief nochmahls
vorleſen und Zeit laſſen muͤſſen, die von Lachen gantz
zerſchuͤttelten Coͤrper wieder in Ordnung zu brin-
gen,) daß ich uͤber dieſe verzweiffelte Schreib-Art
haͤtte halb toll und halb naͤrriſch werden moͤgen,
doch ich will mich mit Wiederholung meiner entſetz-
lich verwirrt-aufgeſtiegenen Affecten gantz und
gar nicht aufhalten, ſondern nur die liſtigen Anſchlaͤ-
ge entdecken, welche ich Tag und Nacht ſchmiedete,
um den gewiſſen Aufenthalt des Fraͤuleins Char-
lottens zu erfahren. Der Schulmeiſter, dem ich
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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