Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Staube seine Augen an den Hochadelichen
Stern-Himmel gehoben, und mit einem sol-
chen
Venus Sterne geliebäugelt. Aber Amor
fincit omnia,
das heist die Liebe ist blind. Jch
habe solches wohl dem gestrengen Herrn
auch vorgehalten, allein ich bekam ein zor-
niger Gesichte, als wenn ich seinen Ketten-
Hund mit einem Steine geworffen hätte.
So wahr ich ein ehrlicher
Cantor bin, Herr
Fähndrich Litzberg, der Juncker
August und
der Juncker
Ferdinand haben euch alle beyde
den Todt geschworen, ich rathe euch nicht,
daß ihr ihnen auf dem Felde begegnet, denn
sie gehen mit unserm jüngsten Juncker alle
Tage mit der Flinte
spaziren herum. Cavetevos,
Das heisset hütet euch. Aber doch will
euch noch der gestrenge Herr, die Gnade er-
zeigen und thun, und euch euren Kuffert,
den ihr hier stehen gelassen, hin schicken
lassen, wo ihr ihn hin haben wollet, denn
ich habe den Kuffert schon in meinem Hause
unter meinem Bette stehen, da soll ihn leicht-
lich kein Dieb hervor langen, ich will nur
wissen, wo ich ihn hinschicken soll, auf der
Post oder durch einen Bothen, welchen ihr
aber bezahlen müsset, denn es heisset ein Ar-
beiter, also auch ein Bothe ist seines Lohnes
werth. Ja ich hätte es bald vergessen, ich
soll euch auch schreiben, daß ihr nur nicht
gedencken sollet das Fräulein
Charlotte wieder
zu sehen, ehe sie einen Edelmann gekriegt
hat. Denn eine solche schöne Fräulein soll

nun

Staube ſeine Augen an den Hochadelichen
Stern-Himmel gehoben, und mit einem ſol-
chen
Venus Sterne geliebaͤugelt. Aber Amor
fincit omnia,
das heiſt die Liebe iſt blind. Jch
habe ſolches wohl dem geſtrengen Herrn
auch vorgehalten, allein ich bekam ein zor-
niger Geſichte, als wenn ich ſeinen Ketten-
Hund mit einem Steine geworffen haͤtte.
So wahr ich ein ehrlicher
Cantor bin, Herr
Faͤhndrich Litzberg, der Juncker
Auguſt und
der Juncker
Ferdinand haben euch alle beyde
den Todt geſchworen, ich rathe euch nicht,
daß ihr ihnen auf dem Felde begegnet, denn
ſie gehen mit unſerm juͤngſten Juncker alle
Tage mit der Flinte
ſpaziren herum. Cavetevos,
Das heiſſet huͤtet euch. Aber doch will
euch noch der geſtrenge Herr, die Gnade er-
zeigen und thun, und euch euren Kuffert,
den ihr hier ſtehen gelaſſen, hin ſchicken
laſſen, wo ihr ihn hin haben wollet, denn
ich habe den Kuffert ſchon in meinem Hauſe
unter meinem Bette ſtehen, da ſoll ihn leicht-
lich kein Dieb hervor langen, ich will nur
wiſſen, wo ich ihn hinſchicken ſoll, auf der
Poſt oder durch einen Bothen, welchen ihr
aber bezahlen muͤſſet, denn es heiſſet ein Ar-
beiter, alſo auch ein Bothe iſt ſeines Lohnes
werth. Ja ich haͤtte es bald vergeſſen, ich
ſoll euch auch ſchreiben, daß ihr nur nicht
gedencken ſollet das Fraͤulein
Charlotte wieder
zu ſehen, ehe ſie einen Edelmann gekriegt
hat. Denn eine ſolche ſchoͤne Fraͤulein ſoll

nun
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p>
                  <pb facs="#f0144" n="130"/> <hi rendition="#fr">Staube &#x017F;eine Augen an den Hochadelichen<lb/>
Stern-Himmel gehoben, und mit einem &#x017F;ol-<lb/>
chen</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Venus</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Sterne gelieba&#x0364;ugelt. Aber</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Amor<lb/>
fincit omnia,</hi> </hi> <hi rendition="#fr">das hei&#x017F;t die Liebe i&#x017F;t blind. Jch<lb/>
habe &#x017F;olches wohl dem ge&#x017F;trengen Herrn<lb/>
auch vorgehalten, allein ich bekam ein zor-<lb/>
niger Ge&#x017F;ichte, als wenn ich &#x017F;einen Ketten-<lb/>
Hund mit einem Steine geworffen ha&#x0364;tte.<lb/>
So wahr ich ein ehrlicher</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cantor</hi> </hi> <hi rendition="#fr">bin, Herr<lb/>
Fa&#x0364;hndrich Litzberg, der Juncker</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Augu&#x017F;t</hi> </hi> <hi rendition="#fr">und<lb/>
der Juncker</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Ferdinand</hi> </hi> <hi rendition="#fr">haben euch alle beyde<lb/>
den Todt ge&#x017F;chworen, ich rathe euch nicht,<lb/>
daß ihr ihnen auf dem Felde begegnet, denn<lb/>
&#x017F;ie gehen mit un&#x017F;erm ju&#x0364;ng&#x017F;ten Juncker alle<lb/>
Tage mit der Flinte</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">&#x017F;pazi</hi> </hi> <hi rendition="#fr">ren herum.</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cavetevos,</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Das hei&#x017F;&#x017F;et hu&#x0364;tet euch. Aber doch will<lb/>
euch noch der ge&#x017F;trenge Herr, die Gnade er-<lb/>
zeigen und thun, und euch euren Kuffert,<lb/>
den ihr hier &#x017F;tehen gela&#x017F;&#x017F;en, hin &#x017F;chicken<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, wo ihr ihn hin haben wollet, denn<lb/>
ich habe den Kuffert &#x017F;chon in meinem Hau&#x017F;e<lb/>
unter meinem Bette &#x017F;tehen, da &#x017F;oll ihn leicht-<lb/>
lich kein Dieb hervor langen, ich will nur<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, wo ich ihn hin&#x017F;chicken &#x017F;oll, auf der<lb/>
Po&#x017F;t oder durch einen Bothen, welchen ihr<lb/>
aber bezahlen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, denn es hei&#x017F;&#x017F;et ein Ar-<lb/>
beiter, al&#x017F;o auch ein Bothe i&#x017F;t &#x017F;eines Lohnes<lb/>
werth. Ja ich ha&#x0364;tte es bald verge&#x017F;&#x017F;en, ich<lb/>
&#x017F;oll euch auch &#x017F;chreiben, daß ihr nur nicht<lb/>
gedencken &#x017F;ollet das Fra&#x0364;ulein</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Charlotte</hi> </hi> <hi rendition="#fr">wieder<lb/>
zu &#x017F;ehen, ehe &#x017F;ie einen Edelmann gekriegt<lb/>
hat. Denn eine &#x017F;olche &#x017F;cho&#x0364;ne Fra&#x0364;ulein &#x017F;oll</hi><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">nun</hi> </fw><lb/>
                </p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0144] Staube ſeine Augen an den Hochadelichen Stern-Himmel gehoben, und mit einem ſol- chen Venus Sterne geliebaͤugelt. Aber Amor fincit omnia, das heiſt die Liebe iſt blind. Jch habe ſolches wohl dem geſtrengen Herrn auch vorgehalten, allein ich bekam ein zor- niger Geſichte, als wenn ich ſeinen Ketten- Hund mit einem Steine geworffen haͤtte. So wahr ich ein ehrlicher Cantor bin, Herr Faͤhndrich Litzberg, der Juncker Auguſt und der Juncker Ferdinand haben euch alle beyde den Todt geſchworen, ich rathe euch nicht, daß ihr ihnen auf dem Felde begegnet, denn ſie gehen mit unſerm juͤngſten Juncker alle Tage mit der Flinte ſpaziren herum. Cavetevos, Das heiſſet huͤtet euch. Aber doch will euch noch der geſtrenge Herr, die Gnade er- zeigen und thun, und euch euren Kuffert, den ihr hier ſtehen gelaſſen, hin ſchicken laſſen, wo ihr ihn hin haben wollet, denn ich habe den Kuffert ſchon in meinem Hauſe unter meinem Bette ſtehen, da ſoll ihn leicht- lich kein Dieb hervor langen, ich will nur wiſſen, wo ich ihn hinſchicken ſoll, auf der Poſt oder durch einen Bothen, welchen ihr aber bezahlen muͤſſet, denn es heiſſet ein Ar- beiter, alſo auch ein Bothe iſt ſeines Lohnes werth. Ja ich haͤtte es bald vergeſſen, ich ſoll euch auch ſchreiben, daß ihr nur nicht gedencken ſollet das Fraͤulein Charlotte wieder zu ſehen, ehe ſie einen Edelmann gekriegt hat. Denn eine ſolche ſchoͤne Fraͤulein ſoll nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/144
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/144>, abgerufen am 24.11.2024.