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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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in meiner damahligen allergrösten Lebens-Gesahr,
nun zwar folgender Gestalt wunderlich erhalten:

Als ich mich nach Zurückbleibung der Wasser-
Fluth in eine Felsen-Klufft hinein geschmieget, und
unter beständigen lauten Seuffzen und Bethen mit
geschlossenen Augen eine baldige Endigung meiner
Quaal wünschte, hörete ich eine Stimme in Teut-
scher Sprache folgende Worte nahe bey mir spre-
chen: Guter Freund, wer seynd ihr? und warum ge-
habt ihr euch so übel? So bald ich nun die Augen
aufschlug, und 6. Männer in gantz besonderer Klei-
dung mit Schieß-und Seiten-Gewehr vor mir ste-
hen sahe, kam mein auf der Reise nach der Ewigkeit
begriffener Geist plötzlich wieder zurücke, ich konte
aber, ich glaube, theils vor Schrecken, theils vor
Freuden kein eintzig Wort antworten, sie redeten
mir derowegeu weiter zu, erquickten mich mit einem
besonders wohlschmeckenden Geträncke und etwas
Brodt, worauf ihnen meine gehabten Fatalitäten
kürtzlich erzehlete, um alle möglichste Hülffe gegen
bevorstehende Gefahr zu ve[rh]ungern anhielt, und
mich anbey erkundigte, wie es möglich wäre, an die-
sem wüsten Orthe solche Leute anzutreffen, die meine
Mutter-Sprache redeten? Sie bezeigten durch Ge-
bärden ein besonderes Mitleyden wegen meines ge-
habten Unglücks, sagten aber: Guter Freund, sor-
get vor nichts, ihr werdet an diesem wüsten und un-
fruchtbar scheinenden Orthe alles finden, was zu eu-
rer Lebens-Fristung nöthig seyn wird, gehet nur mit
uns, so soll euch in dem, was ihr zu wissen verlanget,
vollkommenes Gnügen geleistet werden.

Jch

in meiner damahligen allergroͤſten Lebens-Geſahr,
nun zwar folgender Geſtalt wunderlich erhalten:

Als ich mich nach Zuruͤckbleibung der Waſſer-
Fluth in eine Felſen-Klufft hinein geſchmieget, und
unter beſtaͤndigen lauten Seuffzen und Bethen mit
geſchloſſenen Augen eine baldige Endigung meiner
Quaal wuͤnſchte, hoͤrete ich eine Stimme in Teut-
ſcher Sprache folgende Worte nahe bey mir ſpre-
chen: Guter Freund, wer ſeynd ihr? und warum ge-
habt ihr euch ſo uͤbel? So bald ich nun die Augen
aufſchlug, und 6. Maͤnner in gantz beſonderer Klei-
dung mit Schieß-und Seiten-Gewehr vor mir ſte-
hen ſahe, kam mein auf der Reiſe nach der Ewigkeit
begriffener Geiſt ploͤtzlich wieder zuruͤcke, ich konte
aber, ich glaube, theils vor Schrecken, theils vor
Freuden kein eintzig Wort antworten, ſie redeten
mir derowegeu weiter zu, erquickten mich mit einem
beſonders wohlſchmeckenden Getraͤncke und etwas
Brodt, worauf ihnen meine gehabten Fatalitaͤten
kuͤrtzlich erzehlete, um alle moͤglichſte Huͤlffe gegen
bevorſtehende Gefahr zu ve[rh]ungern anhielt, und
mich anbey erkundigte, wie es moͤglich waͤre, an die-
ſem wuͤſten Orthe ſolche Leute anzutreffen, die meine
Mutter-Sprache redeten? Sie bezeigten durch Ge-
baͤrden ein beſonderes Mitleyden wegen meines ge-
habten Ungluͤcks, ſagten aber: Guter Freund, ſor-
get vor nichts, ihr werdet an dieſem wuͤſten und un-
fruchtbar ſcheinenden Orthe alles finden, was zu eu-
rer Lebens-Friſtung noͤthig ſeyn wird, gehet nur mit
uns, ſo ſoll euch in dem, was ihr zu wiſſen verlanget,
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[86/0098] in meiner damahligen allergroͤſten Lebens-Geſahr, nun zwar folgender Geſtalt wunderlich erhalten: Als ich mich nach Zuruͤckbleibung der Waſſer- Fluth in eine Felſen-Klufft hinein geſchmieget, und unter beſtaͤndigen lauten Seuffzen und Bethen mit geſchloſſenen Augen eine baldige Endigung meiner Quaal wuͤnſchte, hoͤrete ich eine Stimme in Teut- ſcher Sprache folgende Worte nahe bey mir ſpre- chen: Guter Freund, wer ſeynd ihr? und warum ge- habt ihr euch ſo uͤbel? So bald ich nun die Augen aufſchlug, und 6. Maͤnner in gantz beſonderer Klei- dung mit Schieß-und Seiten-Gewehr vor mir ſte- hen ſahe, kam mein auf der Reiſe nach der Ewigkeit begriffener Geiſt ploͤtzlich wieder zuruͤcke, ich konte aber, ich glaube, theils vor Schrecken, theils vor Freuden kein eintzig Wort antworten, ſie redeten mir derowegeu weiter zu, erquickten mich mit einem beſonders wohlſchmeckenden Getraͤncke und etwas Brodt, worauf ihnen meine gehabten Fatalitaͤten kuͤrtzlich erzehlete, um alle moͤglichſte Huͤlffe gegen bevorſtehende Gefahr zu verhungern anhielt, und mich anbey erkundigte, wie es moͤglich waͤre, an die- ſem wuͤſten Orthe ſolche Leute anzutreffen, die meine Mutter-Sprache redeten? Sie bezeigten durch Ge- baͤrden ein beſonderes Mitleyden wegen meines ge- habten Ungluͤcks, ſagten aber: Guter Freund, ſor- get vor nichts, ihr werdet an dieſem wuͤſten und un- fruchtbar ſcheinenden Orthe alles finden, was zu eu- rer Lebens-Friſtung noͤthig ſeyn wird, gehet nur mit uns, ſo ſoll euch in dem, was ihr zu wiſſen verlanget, vollkommenes Gnuͤgen geleiſtet werden. Jch

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/98>, abgerufen am 24.11.2024.