Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Wochen den verlangten Pardon-Brief, und konte
nach genommenen zärtlichen Abschiede von meinem
Freunde sicher in meine Geburths-Stadt reisen,
nachdem ich in Dantzig die Zeit ungemein vergnügt
zugebracht, und mit den vornehmsten Kauff-und an-
dern Leuten genaue Kund-und Freundschafft gepflo-
gen hatte.

Meine Geschwister, Bluts-und Muths-Freun-
de empfingen mich mit gantz ausserordentlichen Ver-
gnügen, konte also in den ersten 4. Wochen wenig
thun, als zu Gaste gehen, nachhero ließ mich zwar be-
reden daselbst in Ruhe zu bleiben, zu welchem Ende
ich ein schönes Gut kauffen, und eine vortheilhaffte
Mariage treffen solte, allein, weil es vielleicht nicht
seyn solte, muste mir eine unverhoffte Verdrüßlich-
keit zustossen, die zwar an sich selbst wenig importir-
te, allein ich ward auf einmahl capricieus, setzte mei-
nen Kopff auf, resolvirte mich wieder zur See zu ge-
hen, und reisete, nachdem ich mich über ein Jahr zu
Hause aufgehalten, meine Verwandten und Freun-
de auch reichlich beschenckt, ohne sernern Zeit-Ver-
lust wieder nach Amsterdam.

Es hielt daselbst nicht schwer einen neuen Brief
vor mich, als Capitain eines Frey-Beuter Schiffs
heraus zu kriegen, zumahl da mich selbst equippi-
ren wolte, ich warb Leute an, bekam aber, wie ich
nachhero erfahren muste, zu meinem Unglücke den
Abschaum aller Schelmen, Diebe, und des aller-
liederlichsten Gesindels auf mein Schiff, mit
selbigen wolte ich nun eine neue Tour nach West-
Jndien vornehmen, so bald mich aber nur auf dem

grossen
F

Wochen den verlangten Pardon-Brief, und konte
nach genommenen zaͤrtlichen Abſchiede von meinem
Freunde ſicher in meine Geburths-Stadt reiſen,
nachdem ich in Dantzig die Zeit ungemein vergnuͤgt
zugebracht, und mit den vornehmſten Kauff-und an-
dern Leuten genaue Kund-und Freundſchafft gepflo-
gen hatte.

Meine Geſchwiſter, Bluts-und Muths-Freun-
de empfingen mich mit gantz auſſerordentlichen Ver-
gnuͤgen, konte alſo in den erſten 4. Wochen wenig
thun, als zu Gaſte gehen, nachhero ließ mich zwar be-
reden daſelbſt in Ruhe zu bleiben, zu welchem Ende
ich ein ſchoͤnes Gut kauffen, und eine vortheilhaffte
Mariage treffen ſolte, allein, weil es vielleicht nicht
ſeyn ſolte, muſte mir eine unverhoffte Verdruͤßlich-
keit zuſtoſſen, die zwar an ſich ſelbſt wenig importir-
te, allein ich ward auf einmahl capricieus, ſetzte mei-
nen Kopff auf, reſolvirte mich wieder zur See zu ge-
hen, und reiſete, nachdem ich mich uͤber ein Jahr zu
Hauſe aufgehalten, meine Verwandten und Freun-
de auch reichlich beſchenckt, ohne ſernern Zeit-Ver-
luſt wieder nach Amſterdam.

Es hielt daſelbſt nicht ſchwer einen neuen Brief
vor mich, als Capitain eines Frey-Beuter Schiffs
heraus zu kriegen, zumahl da mich ſelbſt equippi-
ren wolte, ich warb Leute an, bekam aber, wie ich
nachhero erfahren muſte, zu meinem Ungluͤcke den
Abſchaum aller Schelmen, Diebe, und des aller-
liederlichſten Geſindels auf mein Schiff, mit
ſelbigen wolte ich nun eine neue Tour nach Weſt-
Jndien vornehmen, ſo bald mich aber nur auf dem

groſſen
F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0093" n="18[81]"/>
Wochen den verlangten <hi rendition="#aq">Pardon-</hi>Brief, und konte<lb/>
nach genommenen za&#x0364;rtlichen Ab&#x017F;chiede von meinem<lb/>
Freunde &#x017F;icher in meine Geburths-Stadt rei&#x017F;en,<lb/>
nachdem ich in Dantzig die Zeit ungemein vergnu&#x0364;gt<lb/>
zugebracht, und mit den vornehm&#x017F;ten Kauff-und an-<lb/>
dern Leuten genaue Kund-und Freund&#x017F;chafft gepflo-<lb/>
gen hatte.</p><lb/>
        <p>Meine Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter, Bluts-und Muths-Freun-<lb/>
de empfingen mich mit gantz au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen, konte al&#x017F;o in den er&#x017F;ten 4. Wochen wenig<lb/>
thun, als zu Ga&#x017F;te gehen, nachhero ließ mich zwar be-<lb/>
reden da&#x017F;elb&#x017F;t in Ruhe zu bleiben, zu welchem Ende<lb/>
ich ein &#x017F;cho&#x0364;nes Gut kauffen, und eine vortheilhaffte<lb/><hi rendition="#aq">Mariage</hi> treffen &#x017F;olte, allein, weil es vielleicht nicht<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olte, mu&#x017F;te mir eine unverhoffte Verdru&#x0364;ßlich-<lb/>
keit zu&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, die zwar an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wenig <hi rendition="#aq">importir-</hi><lb/>
te, allein ich ward auf einmahl <hi rendition="#aq">capricieus,</hi> &#x017F;etzte mei-<lb/>
nen Kopff auf, <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvir</hi>te mich wieder zur See zu ge-<lb/>
hen, und rei&#x017F;ete, nachdem ich mich u&#x0364;ber ein Jahr zu<lb/>
Hau&#x017F;e aufgehalten, meine Verwandten und Freun-<lb/>
de auch reichlich be&#x017F;chenckt, ohne &#x017F;ernern Zeit-Ver-<lb/>
lu&#x017F;t wieder nach Am&#x017F;terdam.</p><lb/>
        <p>Es hielt da&#x017F;elb&#x017F;t nicht &#x017F;chwer einen neuen Brief<lb/>
vor mich, als <hi rendition="#aq">Capitain</hi> eines Frey-Beuter Schiffs<lb/>
heraus zu kriegen, zumahl da mich &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">equippi-</hi><lb/>
ren wolte, ich warb Leute an, bekam aber, wie ich<lb/>
nachhero erfahren mu&#x017F;te, zu meinem Unglu&#x0364;cke den<lb/>
Ab&#x017F;chaum aller Schelmen, Diebe, und des aller-<lb/>
liederlich&#x017F;ten Ge&#x017F;indels auf mein Schiff, mit<lb/>
&#x017F;elbigen wolte ich nun eine neue <hi rendition="#aq">Tour</hi> nach We&#x017F;t-<lb/>
Jndien vornehmen, &#x017F;o bald mich aber nur auf dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F</fw><fw place="bottom" type="catch">gro&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18[81]/0093] Wochen den verlangten Pardon-Brief, und konte nach genommenen zaͤrtlichen Abſchiede von meinem Freunde ſicher in meine Geburths-Stadt reiſen, nachdem ich in Dantzig die Zeit ungemein vergnuͤgt zugebracht, und mit den vornehmſten Kauff-und an- dern Leuten genaue Kund-und Freundſchafft gepflo- gen hatte. Meine Geſchwiſter, Bluts-und Muths-Freun- de empfingen mich mit gantz auſſerordentlichen Ver- gnuͤgen, konte alſo in den erſten 4. Wochen wenig thun, als zu Gaſte gehen, nachhero ließ mich zwar be- reden daſelbſt in Ruhe zu bleiben, zu welchem Ende ich ein ſchoͤnes Gut kauffen, und eine vortheilhaffte Mariage treffen ſolte, allein, weil es vielleicht nicht ſeyn ſolte, muſte mir eine unverhoffte Verdruͤßlich- keit zuſtoſſen, die zwar an ſich ſelbſt wenig importir- te, allein ich ward auf einmahl capricieus, ſetzte mei- nen Kopff auf, reſolvirte mich wieder zur See zu ge- hen, und reiſete, nachdem ich mich uͤber ein Jahr zu Hauſe aufgehalten, meine Verwandten und Freun- de auch reichlich beſchenckt, ohne ſernern Zeit-Ver- luſt wieder nach Amſterdam. Es hielt daſelbſt nicht ſchwer einen neuen Brief vor mich, als Capitain eines Frey-Beuter Schiffs heraus zu kriegen, zumahl da mich ſelbſt equippi- ren wolte, ich warb Leute an, bekam aber, wie ich nachhero erfahren muſte, zu meinem Ungluͤcke den Abſchaum aller Schelmen, Diebe, und des aller- liederlichſten Geſindels auf mein Schiff, mit ſelbigen wolte ich nun eine neue Tour nach Weſt- Jndien vornehmen, ſo bald mich aber nur auf dem groſſen F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/93
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 18[81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/93>, abgerufen am 24.11.2024.