nach Hause kommen, sondern bey dem Gouver- neur bleiben, übrigens wüste sie alle Anstalten schon so zu machen, daß unser Vergnügen auf keinerley Weise gestöhret werden solte, ich dürffte mich dem- nach nur mit andringender Demmerung getrost vor der Thür ihres Lust-Hauses einfinden.
Kaum waren wir mit dieser Verabredung fertig, als uns die Zurückkunfft der Alten eine andere Stel- lung anzunehmen nöthigte, es wurde auch das Ge- spräch auf unser Europaisches Frauenzimmer gekeh- ret, deren Manier zu leben, Moden und andere Be- schreibungen die Dame mit besonderer Aufmerck- samkeit anhörete, zumahlen, da die Alte mit ihren Darzwischen-Reden dieses und jenes bekräfftigte oder wohl noch vergrösserte. Jmmittelst hatten wir uns in solchen andächtigen Gesprächen dermas- sen vertiefft, daß an gar nichts anders gedacht wur- de, erschracken also desto hefftiger, als der Signor Canengo gantz unvermuthet zur Laub-Hütte und zwar mit funckelenden Augen eintrat. Er sagte an- fänglich kein Wort, gab aber der armen Alten eine dermassen tüchtige Ohrfeige, daß sie zur Thür hin- aus flog, und sich etlichemahl überpurtzelte. Meine schöne Brunette legte sich zu meiner grösten Ge- müths-Kränckung vor diesen Alten Maul-Esel auf die Erde, und kroch ihn mit niedergeschlagenem Ge- sichte als ein Hund entgegen. Doch er war so com- plaisant, sie aufzuheben und zu küssen. Endlich kam die Reyhe an mich, er fragte mit einer imperi- eusen Mine: Wer mich hierher gebracht, und was ich allhier zu suchen hätte? Signor, gab ich zur Ant- wort, Niemand anders als das Glücke hat mich
von
nach Hauſe kommen, ſondern bey dem Gouver- neur bleiben, uͤbrigens wuͤſte ſie alle Anſtalten ſchon ſo zu machen, daß unſer Vergnuͤgen auf keinerley Weiſe geſtoͤhret werden ſolte, ich duͤrffte mich dem- nach nur mit andringender Demmerung getroſt vor der Thuͤr ihres Luſt-Hauſes einfinden.
Kaum waren wir mit dieſer Verabredung fertig, als uns die Zuruͤckkunfft der Alten eine andere Stel- lung anzunehmen noͤthigte, es wurde auch das Ge- ſpraͤch auf unſer Europaiſches Frauenzimmer gekeh- ret, deren Manier zu leben, Moden und andere Be- ſchreibungen die Dame mit beſonderer Aufmerck- ſamkeit anhoͤrete, zumahlen, da die Alte mit ihren Darzwiſchen-Reden dieſes und jenes bekraͤfftigte oder wohl noch vergroͤſſerte. Jmmittelſt hatten wir uns in ſolchen andaͤchtigen Geſpraͤchen dermaſ- ſen vertiefft, daß an gar nichts anders gedacht wur- de, erſchracken alſo deſto hefftiger, als der Signor Canengo gantz unvermuthet zur Laub-Huͤtte und zwar mit funckelenden Augen eintrat. Er ſagte an- faͤnglich kein Wort, gab aber der armen Alten eine dermaſſen tuͤchtige Ohrfeige, daß ſie zur Thuͤr hin- aus flog, und ſich etlichemahl uͤberpurtzelte. Meine ſchoͤne Brunette legte ſich zu meiner groͤſten Ge- muͤths-Kraͤnckung vor dieſen Alten Maul-Eſel auf die Erde, und kroch ihn mit niedergeſchlagenem Ge- ſichte als ein Hund entgegen. Doch er war ſo com- plaiſant, ſie aufzuheben und zu kuͤſſen. Endlich kam die Reyhe an mich, er fragte mit einer imperi- euſen Mine: Wer mich hierher gebracht, und was ich allhier zu ſuchen haͤtte? Signor, gab ich zur Ant- wort, Niemand anders als das Gluͤcke hat mich
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nach Hauſe kommen, ſondern bey dem Gouver-
neur bleiben, uͤbrigens wuͤſte ſie alle Anſtalten ſchon
ſo zu machen, daß unſer Vergnuͤgen auf keinerley
Weiſe geſtoͤhret werden ſolte, ich duͤrffte mich dem-
nach nur mit andringender Demmerung getroſt vor
der Thuͤr ihres Luſt-Hauſes einfinden.
Kaum waren wir mit dieſer Verabredung fertig,
als uns die Zuruͤckkunfft der Alten eine andere Stel-
lung anzunehmen noͤthigte, es wurde auch das Ge-
ſpraͤch auf unſer Europaiſches Frauenzimmer gekeh-
ret, deren Manier zu leben, Moden und andere Be-
ſchreibungen die Dame mit beſonderer Aufmerck-
ſamkeit anhoͤrete, zumahlen, da die Alte mit ihren
Darzwiſchen-Reden dieſes und jenes bekraͤfftigte
oder wohl noch vergroͤſſerte. Jmmittelſt hatten
wir uns in ſolchen andaͤchtigen Geſpraͤchen dermaſ-
ſen vertiefft, daß an gar nichts anders gedacht wur-
de, erſchracken alſo deſto hefftiger, als der Signor
Canengo gantz unvermuthet zur Laub-Huͤtte und
zwar mit funckelenden Augen eintrat. Er ſagte an-
faͤnglich kein Wort, gab aber der armen Alten eine
dermaſſen tuͤchtige Ohrfeige, daß ſie zur Thuͤr hin-
aus flog, und ſich etlichemahl uͤberpurtzelte. Meine
ſchoͤne Brunette legte ſich zu meiner groͤſten Ge-
muͤths-Kraͤnckung vor dieſen Alten Maul-Eſel auf
die Erde, und kroch ihn mit niedergeſchlagenem Ge-
ſichte als ein Hund entgegen. Doch er war ſo com-
plaiſant, ſie aufzuheben und zu kuͤſſen. Endlich
kam die Reyhe an mich, er fragte mit einer imperi-
euſen Mine: Wer mich hierher gebracht, und was
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/58>, abgerufen am 23.11.2024.
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