Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

ten könte. Dem ohngeacht, ließ sich der schon so offt
betrogene Hojez abermahls betriegen, indem ihn
die gefangenen Jndianer viel Wesens von einer
austräglichen Gold-Grube machten, welche bey
dem 12000. Schritt von unserm Schloß gelegenen
Dorffe Tirafi, anzutreffen wäre. Wir zogen also
dahin, vermeynten die Einwohner plötzlich zu über-
fallen und alle zu erschlagen, allein selbige empfien-
gen uns mit ihren vergiffteten Pfeilen dermassen be-
hertzt, daß wir mit Zurücklassung etlicher Todten
und vieler verwundeten schimpflich zurück eilen mu-
sten.

Folgendes Tages kamen wir in einem andern
Dorffe eben so übel, ja fast noch schlimmer an, auf
dem Rück-Wege aber begegnete dem Gouverneur
Hojez
der allerschlimmste und gefährlichste Streich,
denn es kam ein kleiner König, dessen Ehefrau von
dem Hojez gefangen genommen war, und gab
vor, dieselbe mit 20. Pfund Goldes auszulösen, wie
denn auch 8. Jndianer bey ihm waren, welche, unse-
rer Meynung nach, das Gold bey sich trügen, allein
über alles Vermuthen schoß derselbe einen frisch
vergiffteten Pfeil in des Gouverneurs Hüffte, und
wolte sich mit seinen Gefährten auf die Flucht bege-
ben, wurden aber von der Leib-Wacht ergriffen, und
sämtlich in Stücken zerhauen. Jedoch hier-
mit war dem Gouverneur wenig geholffen, weiln
er in Ermangelung kräfftiger Artzeneyen, die dem
Giffte in der Wunde Widerstand zu thun vermö-
gend, entsetzliche Quaal und Schmertzen ausstehen
muste, wie er sich denn seiner Lebens-Erhaltung we-
gen, etliche mahl ein glüend Eisen-Blech auf die

Wun-
M m 5

ten koͤnte. Dem ohngeacht, ließ ſich der ſchon ſo offt
betrogene Hojez abermahls betriegen, indem ihn
die gefangenen Jndianer viel Weſens von einer
austraͤglichen Gold-Grube machten, welche bey
dem 12000. Schritt von unſerm Schloß gelegenen
Dorffe Tirafi, anzutreffen waͤre. Wir zogen alſo
dahin, vermeynten die Einwohner ploͤtzlich zu uͤber-
fallen und alle zu erſchlagen, allein ſelbige empfien-
gen uns mit ihren vergiffteten Pfeilen dermaſſen be-
hertzt, daß wir mit Zuruͤcklaſſung etlicher Todten
und vieler verwundeten ſchimpflich zuruͤck eilen mu-
ſten.

Folgendes Tages kamen wir in einem andern
Dorffe eben ſo uͤbel, ja faſt noch ſchlimmer an, auf
dem Ruͤck-Wege aber begegnete dem Gouverneur
Hojez
der allerſchlim̃ſte und gefaͤhrlichſte Streich,
denn es kam ein kleiner Koͤnig, deſſen Ehefrau von
dem Hojez gefangen genommen war, und gab
vor, dieſelbe mit 20. Pfund Goldes auszuloͤſen, wie
denn auch 8. Jndianer bey ihm waren, welche, unſe-
rer Meynung nach, das Gold bey ſich truͤgen, allein
uͤber alles Vermuthen ſchoß derſelbe einen friſch
vergiffteten Pfeil in des Gouverneurs Huͤffte, und
wolte ſich mit ſeinen Gefaͤhrten auf die Flucht bege-
ben, wurden aber von der Leib-Wacht ergriffen, und
ſaͤmtlich in Stuͤcken zerhauen. Jedoch hier-
mit war dem Gouverneur wenig geholffen, weiln
er in Ermangelung kraͤfftiger Artzeneyen, die dem
Giffte in der Wunde Widerſtand zu thun vermoͤ-
gend, entſetzliche Quaal und Schmertzen ausſtehen
muſte, wie er ſich denn ſeiner Lebens-Erhaltung we-
gen, etliche mahl ein gluͤend Eiſen-Blech auf die

Wun-
M m 5
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0567" n="553"/>
ten ko&#x0364;nte. Dem ohngeacht, ließ &#x017F;ich der &#x017F;chon &#x017F;o offt<lb/>
betrogene <hi rendition="#aq">Hojez</hi> abermahls betriegen, indem ihn<lb/>
die gefangenen Jndianer viel We&#x017F;ens von einer<lb/>
austra&#x0364;glichen Gold-Grube machten, welche bey<lb/>
dem 12000. Schritt von un&#x017F;erm Schloß gelegenen<lb/>
Dorffe <hi rendition="#aq">Tirafi,</hi> anzutreffen wa&#x0364;re. Wir zogen al&#x017F;o<lb/>
dahin, vermeynten die Einwohner plo&#x0364;tzlich zu u&#x0364;ber-<lb/>
fallen und alle zu er&#x017F;chlagen, allein &#x017F;elbige empfien-<lb/>
gen uns mit ihren vergiffteten Pfeilen derma&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
hertzt, daß wir mit Zuru&#x0364;ckla&#x017F;&#x017F;ung etlicher Todten<lb/>
und vieler verwundeten &#x017F;chimpflich zuru&#x0364;ck eilen mu-<lb/>
&#x017F;ten.</p><lb/>
          <p>Folgendes Tages kamen wir in einem andern<lb/>
Dorffe eben &#x017F;o u&#x0364;bel, ja fa&#x017F;t noch &#x017F;chlimmer an, auf<lb/>
dem Ru&#x0364;ck-Wege aber begegnete dem <hi rendition="#aq">Gouverneur<lb/>
Hojez</hi> der aller&#x017F;chlim&#x0303;&#x017F;te und gefa&#x0364;hrlich&#x017F;te Streich,<lb/>
denn es kam ein kleiner Ko&#x0364;nig, de&#x017F;&#x017F;en Ehefrau von<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Hojez</hi> gefangen genommen war, und gab<lb/>
vor, die&#x017F;elbe mit 20. Pfund Goldes auszulo&#x0364;&#x017F;en, wie<lb/>
denn auch 8. Jndianer bey ihm waren, welche, un&#x017F;e-<lb/>
rer Meynung nach, das Gold bey &#x017F;ich tru&#x0364;gen, allein<lb/>
u&#x0364;ber alles Vermuthen &#x017F;choß der&#x017F;elbe einen fri&#x017F;ch<lb/>
vergiffteten Pfeil in des <hi rendition="#aq">Gouverneurs</hi> Hu&#x0364;ffte, und<lb/>
wolte &#x017F;ich mit &#x017F;einen Gefa&#x0364;hrten auf die Flucht bege-<lb/>
ben, wurden aber von der Leib-Wacht ergriffen, und<lb/>
&#x017F;a&#x0364;mtlich in Stu&#x0364;cken zerhauen. Jedoch hier-<lb/>
mit war dem <hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> wenig geholffen, weiln<lb/>
er in Ermangelung kra&#x0364;fftiger Artzeneyen, die dem<lb/>
Giffte in der Wunde Wider&#x017F;tand zu thun vermo&#x0364;-<lb/>
gend, ent&#x017F;etzliche Quaal und Schmertzen aus&#x017F;tehen<lb/>
mu&#x017F;te, wie er &#x017F;ich denn &#x017F;einer Lebens-Erhaltung we-<lb/>
gen, etliche mahl ein glu&#x0364;end Ei&#x017F;en-Blech auf die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Wun-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[553/0567] ten koͤnte. Dem ohngeacht, ließ ſich der ſchon ſo offt betrogene Hojez abermahls betriegen, indem ihn die gefangenen Jndianer viel Weſens von einer austraͤglichen Gold-Grube machten, welche bey dem 12000. Schritt von unſerm Schloß gelegenen Dorffe Tirafi, anzutreffen waͤre. Wir zogen alſo dahin, vermeynten die Einwohner ploͤtzlich zu uͤber- fallen und alle zu erſchlagen, allein ſelbige empfien- gen uns mit ihren vergiffteten Pfeilen dermaſſen be- hertzt, daß wir mit Zuruͤcklaſſung etlicher Todten und vieler verwundeten ſchimpflich zuruͤck eilen mu- ſten. Folgendes Tages kamen wir in einem andern Dorffe eben ſo uͤbel, ja faſt noch ſchlimmer an, auf dem Ruͤck-Wege aber begegnete dem Gouverneur Hojez der allerſchlim̃ſte und gefaͤhrlichſte Streich, denn es kam ein kleiner Koͤnig, deſſen Ehefrau von dem Hojez gefangen genommen war, und gab vor, dieſelbe mit 20. Pfund Goldes auszuloͤſen, wie denn auch 8. Jndianer bey ihm waren, welche, unſe- rer Meynung nach, das Gold bey ſich truͤgen, allein uͤber alles Vermuthen ſchoß derſelbe einen friſch vergiffteten Pfeil in des Gouverneurs Huͤffte, und wolte ſich mit ſeinen Gefaͤhrten auf die Flucht bege- ben, wurden aber von der Leib-Wacht ergriffen, und ſaͤmtlich in Stuͤcken zerhauen. Jedoch hier- mit war dem Gouverneur wenig geholffen, weiln er in Ermangelung kraͤfftiger Artzeneyen, die dem Giffte in der Wunde Widerſtand zu thun vermoͤ- gend, entſetzliche Quaal und Schmertzen ausſtehen muſte, wie er ſich denn ſeiner Lebens-Erhaltung we- gen, etliche mahl ein gluͤend Eiſen-Blech auf die Wun- M m 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/567
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/567>, abgerufen am 25.11.2024.