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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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bey sagte: Der Schand-Balg hat sich ohnfehlbar,
selbst mit Gifte hingerichtet, um des Schimpfs
und der Straffe zu entgehen, man muß es unter-
suchen, und das Aas auf den Schind-Anger be-
graben lassen. Allein, ich gab zur Antwort: Wir
werden besser thun, wenn wir die gantze Sache
vertuschen, und vorgeben, daß sie eines natür-
lichen Todes gestorben sey, damit den Leuten, und
sonderlich der heiligen Inquisition, nicht Gelegen-
heit gegeben wird, vieles Wesen davon zu machen,
ich werde denn Pater Laurentium zu mir ruffen las-
sen, und ihm eine Summe Geldes geben, daß er
nach seiner besondern Klugheit alles unterdrücke,
den unglückseeligen Cörper auf den Kirchhof be-
graben lasse, und etliche Seel-Messen vor densel-
ben lese. Jhr aber, mein Schatz! sagte ich fer-
ner, werdet, so es euch gefällig ist, die Güte haben,
und nebst mir immittelst zu einem unserer Nach-
barn reisen, und zwar, wohin euch beliebt, damit
unsere Gemüther, nicht etwa dieser verdrüßlichen
Begebenheit wegen, einige Unlust an sich nehmen,
sondern derselben bey lustiger Gesellschafft steuren
können.

Es schien, als ob ihr diese meine Reden gantz be-
sonders angenehm wären, auf mein ferneres Fra-
gen aber, wohin sie vor diesesmahl hin zu reisen be-
liebte? schlug sie so gleich Don Fabio de Canaria
vor, welcher 3 Meilen von uns wohnete, keine Ge-
mahlin hatte, sondern sich mit etlichen Huren be-
half, sonsten aber ein wohlgestalter, geschickter und
kluger Edelmann war. Jch stutzte ein klein wenig
über diesen Vorschlag, Eleonora aber, welche

solches
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bey ſagte: Der Schand-Balg hat ſich ohnfehlbar,
ſelbſt mit Gifte hingerichtet, um des Schimpfs
und der Straffe zu entgehen, man muß es unter-
ſuchen, und das Aas auf den Schind-Anger be-
graben laſſen. Allein, ich gab zur Antwort: Wir
werden beſſer thun, wenn wir die gantze Sache
vertuſchen, und vorgeben, daß ſie eines natuͤr-
lichen Todes geſtorben ſey, damit den Leuten, und
ſonderlich der heiligen Inquiſition, nicht Gelegen-
heit gegeben wird, vieles Weſen davon zu machen,
ich werde denn Pater Laurentium zu mir ruffen laſ-
ſen, und ihm eine Summe Geldes geben, daß er
nach ſeiner beſondern Klugheit alles unterdruͤcke,
den ungluͤckſeeligen Coͤrper auf den Kirchhof be-
graben laſſe, und etliche Seel-Meſſen vor denſel-
ben leſe. Jhr aber, mein Schatz! ſagte ich fer-
ner, werdet, ſo es euch gefaͤllig iſt, die Guͤte haben,
und nebſt mir immittelſt zu einem unſerer Nach-
barn reiſen, und zwar, wohin euch beliebt, damit
unſere Gemuͤther, nicht etwa dieſer verdruͤßlichen
Begebenheit wegen, einige Unluſt an ſich nehmen,
ſondern derſelben bey luſtiger Geſellſchafft ſteuren
koͤnnen.

Es ſchien, als ob ihr dieſe meine Reden gantz be-
ſonders angenehm waͤren, auf mein ferneres Fra-
gen aber, wohin ſie vor dieſesmahl hin zu reiſen be-
liebte? ſchlug ſie ſo gleich Don Fabio de Canaria
vor, welcher 3 Meilen von uns wohnete, keine Ge-
mahlin hatte, ſondern ſich mit etlichen Huren be-
half, ſonſten aber ein wohlgeſtalter, geſchickter und
kluger Edelmann war. Jch ſtutzte ein klein wenig
uͤber dieſen Vorſchlag, Eleonora aber, welche

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L l 3
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[533/0547] bey ſagte: Der Schand-Balg hat ſich ohnfehlbar, ſelbſt mit Gifte hingerichtet, um des Schimpfs und der Straffe zu entgehen, man muß es unter- ſuchen, und das Aas auf den Schind-Anger be- graben laſſen. Allein, ich gab zur Antwort: Wir werden beſſer thun, wenn wir die gantze Sache vertuſchen, und vorgeben, daß ſie eines natuͤr- lichen Todes geſtorben ſey, damit den Leuten, und ſonderlich der heiligen Inquiſition, nicht Gelegen- heit gegeben wird, vieles Weſen davon zu machen, ich werde denn Pater Laurentium zu mir ruffen laſ- ſen, und ihm eine Summe Geldes geben, daß er nach ſeiner beſondern Klugheit alles unterdruͤcke, den ungluͤckſeeligen Coͤrper auf den Kirchhof be- graben laſſe, und etliche Seel-Meſſen vor denſel- ben leſe. Jhr aber, mein Schatz! ſagte ich fer- ner, werdet, ſo es euch gefaͤllig iſt, die Guͤte haben, und nebſt mir immittelſt zu einem unſerer Nach- barn reiſen, und zwar, wohin euch beliebt, damit unſere Gemuͤther, nicht etwa dieſer verdruͤßlichen Begebenheit wegen, einige Unluſt an ſich nehmen, ſondern derſelben bey luſtiger Geſellſchafft ſteuren koͤnnen. Es ſchien, als ob ihr dieſe meine Reden gantz be- ſonders angenehm waͤren, auf mein ferneres Fra- gen aber, wohin ſie vor dieſesmahl hin zu reiſen be- liebte? ſchlug ſie ſo gleich Don Fabio de Canaria vor, welcher 3 Meilen von uns wohnete, keine Ge- mahlin hatte, ſondern ſich mit etlichen Huren be- half, ſonſten aber ein wohlgeſtalter, geſchickter und kluger Edelmann war. Jch ſtutzte ein klein wenig uͤber dieſen Vorſchlag, Eleonora aber, welche ſolches L l 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/547>, abgerufen am 25.11.2024.