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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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allein mein Vetter hatte sich, vermöge seiner beson-
dern Klugheit in solche Verfassung gesetzt, daß ihm
nichts abzugewinnen war. Demnach machten die
Frantzosen mit unserm Könige Friede und Bündniß,
ja weil Ferdinandi Gemahlin Isabella eben im sel-
bigen Jahre gestorben war, nahm derselbe bald her-
nach eine Frantzösische Dame zur neuen Gemahlin,
und wolte seinen Schwieger-Sohn Philippum
verhindern, das, durch den Tod des Cron-Printzens
auf die Prinzeßin Johannam gefallene Castilien in
Besitz zu nehmen. Allein Philippus drunge durch,
und Ferdinandus muste nach Arragonien wei-
chen.

Mittlerweile hatte sich mein Vetter Gonsalvus
zu Neapolis in grosses Ansehen gesetzt, regierte da-
selbst, jedoch zu Ferdinandi grösten Nutzen, als ein
würcklicher König, indem alle Unterthanen Furcht
und Liebe vor ihm hegten. Allein so bald Ferdi-
nandus
dieses etwas genauer überlegte, entstund der
Argwohn bey ihm: Ob vielleicht mein Vetter da-
hin trachtete, dieses Königreich dem Philippo zuzu-
schantzen, oder sich wohl gar selbst dessen Krone auf
seinen Kopff zu setzen? Derowegen kam er unver-
muthet in eigener Person nach Neapolis, stellete sich
zwar gegen Gonsalvum ungemein gnädig, hielt
auch dessen gemachte Reichs-Anstalten vor genehm,
allein dieser verschlagene Mann merckte dennoch, daß
des Königs Freundlichkeit nicht von Hertzen gin-
ge, dem ohngeacht verließ er sich auf sein gut Ge-
wissen, und reisete, ohne einige Schwürigkeit zu ma-
chen, mit dem Könige nach Arragonien, allwo er
vor seine treu-geleisteten Dienste, mehr Hohn und

Spott
K k 5

allein mein Vetter hatte ſich, vermoͤge ſeiner beſon-
dern Klugheit in ſolche Verfaſſung geſetzt, daß ihm
nichts abzugewinnen war. Demnach machten die
Frantzoſen mit unſerm Koͤnige Friede und Buͤndniß,
ja weil Ferdinandi Gemahlin Iſabella eben im ſel-
bigen Jahre geſtorben war, nahm derſelbe bald her-
nach eine Frantzoͤſiſche Dame zur neuen Gemahlin,
und wolte ſeinen Schwieger-Sohn Philippum
verhindern, das, durch den Tod des Cron-Printzens
auf die Prinzeßin Johannam gefallene Caſtilien in
Beſitz zu nehmen. Allein Philippus drunge durch,
und Ferdinandus muſte nach Arragonien wei-
chen.

Mittlerweile hatte ſich mein Vetter Gonſalvus
zu Neapolis in groſſes Anſehen geſetzt, regierte da-
ſelbſt, jedoch zu Ferdinandi groͤſten Nutzen, als ein
wuͤrcklicher Koͤnig, indem alle Unterthanen Furcht
und Liebe vor ihm hegten. Allein ſo bald Ferdi-
nandus
dieſes etwas genauer uͤberlegte, entſtund der
Argwohn bey ihm: Ob vielleicht mein Vetter da-
hin trachtete, dieſes Koͤnigreich dem Philippo zuzu-
ſchantzen, oder ſich wohl gar ſelbſt deſſen Krone auf
ſeinen Kopff zu ſetzen? Derowegen kam er unver-
muthet in eigener Perſon nach Neapolis, ſtellete ſich
zwar gegen Gonſalvum ungemein gnaͤdig, hielt
auch deſſen gemachte Reichs-Anſtalten vor genehm,
allein dieſer verſchlagene Mann merckte dennoch, daß
des Koͤnigs Freundlichkeit nicht von Hertzen gin-
ge, dem ohngeacht verließ er ſich auf ſein gut Ge-
wiſſen, und reiſete, ohne einige Schwuͤrigkeit zu ma-
chen, mit dem Koͤnige nach Arragonien, allwo er
vor ſeine treu-geleiſteten Dienſte, mehr Hohn und

Spott
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[521/0535] allein mein Vetter hatte ſich, vermoͤge ſeiner beſon- dern Klugheit in ſolche Verfaſſung geſetzt, daß ihm nichts abzugewinnen war. Demnach machten die Frantzoſen mit unſerm Koͤnige Friede und Buͤndniß, ja weil Ferdinandi Gemahlin Iſabella eben im ſel- bigen Jahre geſtorben war, nahm derſelbe bald her- nach eine Frantzoͤſiſche Dame zur neuen Gemahlin, und wolte ſeinen Schwieger-Sohn Philippum verhindern, das, durch den Tod des Cron-Printzens auf die Prinzeßin Johannam gefallene Caſtilien in Beſitz zu nehmen. Allein Philippus drunge durch, und Ferdinandus muſte nach Arragonien wei- chen. Mittlerweile hatte ſich mein Vetter Gonſalvus zu Neapolis in groſſes Anſehen geſetzt, regierte da- ſelbſt, jedoch zu Ferdinandi groͤſten Nutzen, als ein wuͤrcklicher Koͤnig, indem alle Unterthanen Furcht und Liebe vor ihm hegten. Allein ſo bald Ferdi- nandus dieſes etwas genauer uͤberlegte, entſtund der Argwohn bey ihm: Ob vielleicht mein Vetter da- hin trachtete, dieſes Koͤnigreich dem Philippo zuzu- ſchantzen, oder ſich wohl gar ſelbſt deſſen Krone auf ſeinen Kopff zu ſetzen? Derowegen kam er unver- muthet in eigener Perſon nach Neapolis, ſtellete ſich zwar gegen Gonſalvum ungemein gnaͤdig, hielt auch deſſen gemachte Reichs-Anſtalten vor genehm, allein dieſer verſchlagene Mann merckte dennoch, daß des Koͤnigs Freundlichkeit nicht von Hertzen gin- ge, dem ohngeacht verließ er ſich auf ſein gut Ge- wiſſen, und reiſete, ohne einige Schwuͤrigkeit zu ma- chen, mit dem Koͤnige nach Arragonien, allwo er vor ſeine treu-geleiſteten Dienſte, mehr Hohn und Spott K k 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/535>, abgerufen am 25.11.2024.