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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Schiffs abzuwarten. Er habe die zu ihr tragende
hefftige Liebe nicht vergessen können, derowegen
Gelegenheit gesucht und gefunden, sie vor 2. Jah-
ren in 17ten Jahre thres Alters, auf gantz listige
Art von den Jhrigen zu entführen, und auf das
Cap zu bringen. Das Lust-Hauß worinnen ich sie
angetroffen, gehöre, nebst den meisten herum lie-
genden Weinbergen und Gärten, ihm zu, allwo sie
sich die meiste Zeit des Jahres aufhalten müste,
weiln er diese seine liebste Maitresse nicht gern von
andern Manns-Personen sehen liesse, und selbige
sonderlich verborgen hielte, wenn frembde Euro-
päische Schiffe in dem Cap vor Ancker lägen. Er
weiß zwar wohl, setzte die Alte letzlich hinzu, daß sie
ihm, ohngeachtet er schon ein Herr von 60. Jahren
ist, dennoch allein getreu und beständig ist, jedoch, zu
allem Uberfluß, hat er mich zur Aufseherin über ih-
re Ehre bestellet, allein ich habe es heute vor eine
Sünde erkannt, wenn man dem armen Kinde allen
Umgang mit andern fremdden Menschen abschnei-
den wolte, derowegen habe ich euch, weil ich weiß,
daß mein Herr vor Nachts nicht zu Hause kömmt,
diesen Mittag zu ihr geführet. Jhr könnet auch
morgen um selbige Zeit wiederkommen, aber das
sage ich, wo ihr verliebt in sie seyd, so lasset euch nur
auf einmal alle Hoffnung vergehen, denn sie ist die
Keuschheit selber, und würde eher sterben, als sich
von einer frembden Manns-Person nur ein eintzig
mal küssen zu lassen, da doch dieses bey andern ein ge-
ringes ist. Jnzwischen seyd versichert, daß, wo ihr
meiner Gebietherin etwas rares aus Europa mit-
bringen werdet, sie euch den Werth desselben mit

baaren

Schiffs abzuwarten. Er habe die zu ihr tragende
hefftige Liebe nicht vergeſſen koͤnnen, derowegen
Gelegenheit geſucht und gefunden, ſie vor 2. Jah-
ren in 17ten Jahre thres Alters, auf gantz liſtige
Art von den Jhrigen zu entfuͤhren, und auf das
Cap zu bringen. Das Luſt-Hauß worinnen ich ſie
angetroffen, gehoͤre, nebſt den meiſten herum lie-
genden Weinbergen und Gaͤrten, ihm zu, allwo ſie
ſich die meiſte Zeit des Jahres aufhalten muͤſte,
weiln er dieſe ſeine liebſte Maitreſſe nicht gern von
andern Manns-Perſonen ſehen lieſſe, und ſelbige
ſonderlich verborgen hielte, wenn frembde Euro-
paͤiſche Schiffe in dem Cap vor Ancker laͤgen. Er
weiß zwar wohl, ſetzte die Alte letzlich hinzu, daß ſie
ihm, ohngeachtet er ſchon ein Herr von 60. Jahren
iſt, dennoch allein getreu und beſtaͤndig iſt, jedoch, zu
allem Uberfluß, hat er mich zur Aufſeherin uͤber ih-
re Ehre beſtellet, allein ich habe es heute vor eine
Suͤnde erkannt, wenn man dem armen Kinde allen
Umgang mit andern fremdden Menſchen abſchnei-
den wolte, derowegen habe ich euch, weil ich weiß,
daß mein Herr vor Nachts nicht zu Hauſe koͤmmt,
dieſen Mittag zu ihr gefuͤhret. Jhr koͤnnet auch
morgen um ſelbige Zeit wiederkommen, aber das
ſage ich, wo ihr verliebt in ſie ſeyd, ſo laſſet euch nur
auf einmal alle Hoffnung vergehen, denn ſie iſt die
Keuſchheit ſelber, und wuͤrde eher ſterben, als ſich
von einer frembden Manns-Perſon nur ein eintzig
mal kuͤſſen zu laſſen, da doch dieſes bey andern ein ge-
ringes iſt. Jnzwiſchen ſeyd verſichert, daß, wo ihr
meiner Gebietherin etwas rares aus Europa mit-
bringen werdet, ſie euch den Werth deſſelben mit

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[40/0052] Schiffs abzuwarten. Er habe die zu ihr tragende hefftige Liebe nicht vergeſſen koͤnnen, derowegen Gelegenheit geſucht und gefunden, ſie vor 2. Jah- ren in 17ten Jahre thres Alters, auf gantz liſtige Art von den Jhrigen zu entfuͤhren, und auf das Cap zu bringen. Das Luſt-Hauß worinnen ich ſie angetroffen, gehoͤre, nebſt den meiſten herum lie- genden Weinbergen und Gaͤrten, ihm zu, allwo ſie ſich die meiſte Zeit des Jahres aufhalten muͤſte, weiln er dieſe ſeine liebſte Maitreſſe nicht gern von andern Manns-Perſonen ſehen lieſſe, und ſelbige ſonderlich verborgen hielte, wenn frembde Euro- paͤiſche Schiffe in dem Cap vor Ancker laͤgen. Er weiß zwar wohl, ſetzte die Alte letzlich hinzu, daß ſie ihm, ohngeachtet er ſchon ein Herr von 60. Jahren iſt, dennoch allein getreu und beſtaͤndig iſt, jedoch, zu allem Uberfluß, hat er mich zur Aufſeherin uͤber ih- re Ehre beſtellet, allein ich habe es heute vor eine Suͤnde erkannt, wenn man dem armen Kinde allen Umgang mit andern fremdden Menſchen abſchnei- den wolte, derowegen habe ich euch, weil ich weiß, daß mein Herr vor Nachts nicht zu Hauſe koͤmmt, dieſen Mittag zu ihr gefuͤhret. Jhr koͤnnet auch morgen um ſelbige Zeit wiederkommen, aber das ſage ich, wo ihr verliebt in ſie ſeyd, ſo laſſet euch nur auf einmal alle Hoffnung vergehen, denn ſie iſt die Keuſchheit ſelber, und wuͤrde eher ſterben, als ſich von einer frembden Manns-Perſon nur ein eintzig mal kuͤſſen zu laſſen, da doch dieſes bey andern ein ge- ringes iſt. Jnzwiſchen ſeyd verſichert, daß, wo ihr meiner Gebietherin etwas rares aus Europa mit- bringen werdet, ſie euch den Werth deſſelben mit baaren

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/52>, abgerufen am 22.11.2024.