Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

ckend vor, daß an statt der Antwort mir die Kühnheit
nahm, einen feurigen Kuß auf ihre Purpurrothen
und zierlich aufgeworffenen Lippen zu drücken, an
statt dieses zu verwehren, bezahlet sie meinen Kuß,
mit 10. biß 12. andern, weil ich nun nichts schuldig
bleiben wolte, wechselten wir eine gute Zeit mit ein-
ander ab, biß endlich beyde Mäuler gantz ermüdet
auf einander liegen blieben, worbey sie mich so hefftig
an ihre Brust drückte, daß mir fast der Athem hätte
vergehen mögen. Endlich ließ sie mich loß, und sa-
he sich um, ob uns etwa die Alte belauschen möchte,
da aber niemand vorhanden war, ergriff sie meine
Hand, legte dieselbe auf die, wegen des tieff ausge-
schnittenen Habits, überhalb entblöseten Brüste,
welche, durch das hefftige auf-und niedersteigen, die
Gluth des verliebten Hertzens abzukühlen suchten,
deren Flammen sich in den kohlpechschwartzen schö-
nen Augen zeigten. Das küssen wurde aufs neue
wiederhohlet, und ich glaube, daß ich dieses mal gantz
gewiß über das 6te Gebot hingestürtzt wäre, so aber
war es vor diesesmal nur gestolpert, weil sich noch
zum guten Glücke die Alte von ferne mit Husten
hören ließ, dahero wir uns eiligst von einander tren-
neten, und so bescheiden da sassen, als ob wir kein
Wasser betrübt hätten.

Die Alte brachte in einem Korbe 2. Bouteillen
delicaten Wein, eine Bouteillen Limonade, und
verschiedene Früchte und Confituren, worzu ich
mich gar nicht lange nöthigen ließ, sondern so wohl
als die Dame, welche mir nun noch 1000. mahl schö-
ner vorkam, mit grösten Appetit davon genoß. So
lange die Alte zugegen war, redeten wir von gantz

in-

ckend vor, daß an ſtatt der Antwort mir die Kuͤhnheit
nahm, einen feurigen Kuß auf ihre Purpurrothen
und zierlich aufgeworffenen Lippen zu druͤcken, an
ſtatt dieſes zu verwehren, bezahlet ſie meinen Kuß,
mit 10. biß 12. andern, weil ich nun nichts ſchuldig
bleiben wolte, wechſelten wir eine gute Zeit mit ein-
ander ab, biß endlich beyde Maͤuler gantz ermuͤdet
auf einander liegen blieben, worbey ſie mich ſo hefftig
an ihre Bruſt druͤckte, daß mir faſt der Athem haͤtte
vergehen moͤgen. Endlich ließ ſie mich loß, und ſa-
he ſich um, ob uns etwa die Alte belauſchen moͤchte,
da aber niemand vorhanden war, ergriff ſie meine
Hand, legte dieſelbe auf die, wegen des tieff ausge-
ſchnittenen Habits, uͤberhalb entbloͤſeten Bruͤſte,
welche, durch das hefftige auf-und niederſteigen, die
Gluth des verliebten Hertzens abzukuͤhlen ſuchten,
deren Flammen ſich in den kohlpechſchwartzen ſchoͤ-
nen Augen zeigten. Das kuͤſſen wurde aufs neue
wiederhohlet, und ich glaube, daß ich dieſes mal gantz
gewiß uͤber das 6te Gebot hingeſtuͤrtzt waͤre, ſo aber
war es vor dieſesmal nur geſtolpert, weil ſich noch
zum guten Gluͤcke die Alte von ferne mit Huſten
hoͤren ließ, dahero wir uns eiligſt von einander tren-
neten, und ſo beſcheiden da ſaſſen, als ob wir kein
Waſſer betruͤbt haͤtten.

Die Alte brachte in einem Korbe 2. Bouteillen
delicaten Wein, eine Bouteillen Limonade, und
verſchiedene Fruͤchte und Confituren, worzu ich
mich gar nicht lange noͤthigen ließ, ſondern ſo wohl
als die Dame, welche mir nun noch 1000. mahl ſchoͤ-
ner vorkam, mit groͤſten Appetit davon genoß. So
lange die Alte zugegen war, redeten wir von gantz

in-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0050" n="38"/>
ckend vor, daß an &#x017F;tatt der Antwort mir die Ku&#x0364;hnheit<lb/>
nahm, einen feurigen Kuß auf ihre Purpurrothen<lb/>
und zierlich aufgeworffenen Lippen zu dru&#x0364;cken, an<lb/>
&#x017F;tatt die&#x017F;es zu verwehren, bezahlet &#x017F;ie meinen Kuß,<lb/>
mit 10. biß 12. andern, weil ich nun nichts &#x017F;chuldig<lb/>
bleiben wolte, wech&#x017F;elten wir eine gute Zeit mit ein-<lb/>
ander ab, biß endlich beyde Ma&#x0364;uler gantz ermu&#x0364;det<lb/>
auf einander liegen blieben, worbey &#x017F;ie mich &#x017F;o hefftig<lb/>
an ihre Bru&#x017F;t dru&#x0364;ckte, daß mir fa&#x017F;t der Athem ha&#x0364;tte<lb/>
vergehen mo&#x0364;gen. Endlich ließ &#x017F;ie mich loß, und &#x017F;a-<lb/>
he &#x017F;ich um, ob uns etwa die Alte belau&#x017F;chen mo&#x0364;chte,<lb/>
da aber niemand vorhanden war, ergriff &#x017F;ie meine<lb/>
Hand, legte die&#x017F;elbe auf die, wegen des tieff ausge-<lb/>
&#x017F;chnittenen <hi rendition="#aq">Habit</hi>s, u&#x0364;berhalb entblo&#x0364;&#x017F;eten Bru&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
welche, durch das hefftige auf-und nieder&#x017F;teigen, die<lb/>
Gluth des verliebten Hertzens abzuku&#x0364;hlen &#x017F;uchten,<lb/>
deren Flammen &#x017F;ich in den kohlpech&#x017F;chwartzen &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Augen zeigten. Das ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wurde aufs neue<lb/>
wiederhohlet, und ich glaube, daß ich die&#x017F;es mal gantz<lb/>
gewiß u&#x0364;ber das 6te Gebot hinge&#x017F;tu&#x0364;rtzt wa&#x0364;re, &#x017F;o aber<lb/>
war es vor die&#x017F;esmal nur ge&#x017F;tolpert, weil &#x017F;ich noch<lb/>
zum guten Glu&#x0364;cke die Alte von ferne mit Hu&#x017F;ten<lb/>
ho&#x0364;ren ließ, dahero wir uns eilig&#x017F;t von einander tren-<lb/>
neten, und &#x017F;o be&#x017F;cheiden da &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en, als ob wir kein<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er betru&#x0364;bt ha&#x0364;tten.</p><lb/>
        <p>Die Alte brachte in einem Korbe 2. <hi rendition="#aq">Bouteill</hi>en<lb/><hi rendition="#aq">delicat</hi>en Wein, eine <hi rendition="#aq">Bouteillen Limonade,</hi> und<lb/>
ver&#x017F;chiedene Fru&#x0364;chte und <hi rendition="#aq">Confitur</hi>en, worzu ich<lb/>
mich gar nicht lange no&#x0364;thigen ließ, &#x017F;ondern &#x017F;o wohl<lb/>
als die <hi rendition="#aq">Dame,</hi> welche mir nun noch 1000. mahl &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ner vorkam, mit gro&#x0364;&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Appetit</hi> davon genoß. So<lb/>
lange die Alte zugegen war, redeten wir von gantz<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">in-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0050] ckend vor, daß an ſtatt der Antwort mir die Kuͤhnheit nahm, einen feurigen Kuß auf ihre Purpurrothen und zierlich aufgeworffenen Lippen zu druͤcken, an ſtatt dieſes zu verwehren, bezahlet ſie meinen Kuß, mit 10. biß 12. andern, weil ich nun nichts ſchuldig bleiben wolte, wechſelten wir eine gute Zeit mit ein- ander ab, biß endlich beyde Maͤuler gantz ermuͤdet auf einander liegen blieben, worbey ſie mich ſo hefftig an ihre Bruſt druͤckte, daß mir faſt der Athem haͤtte vergehen moͤgen. Endlich ließ ſie mich loß, und ſa- he ſich um, ob uns etwa die Alte belauſchen moͤchte, da aber niemand vorhanden war, ergriff ſie meine Hand, legte dieſelbe auf die, wegen des tieff ausge- ſchnittenen Habits, uͤberhalb entbloͤſeten Bruͤſte, welche, durch das hefftige auf-und niederſteigen, die Gluth des verliebten Hertzens abzukuͤhlen ſuchten, deren Flammen ſich in den kohlpechſchwartzen ſchoͤ- nen Augen zeigten. Das kuͤſſen wurde aufs neue wiederhohlet, und ich glaube, daß ich dieſes mal gantz gewiß uͤber das 6te Gebot hingeſtuͤrtzt waͤre, ſo aber war es vor dieſesmal nur geſtolpert, weil ſich noch zum guten Gluͤcke die Alte von ferne mit Huſten hoͤren ließ, dahero wir uns eiligſt von einander tren- neten, und ſo beſcheiden da ſaſſen, als ob wir kein Waſſer betruͤbt haͤtten. Die Alte brachte in einem Korbe 2. Bouteillen delicaten Wein, eine Bouteillen Limonade, und verſchiedene Fruͤchte und Confituren, worzu ich mich gar nicht lange noͤthigen ließ, ſondern ſo wohl als die Dame, welche mir nun noch 1000. mahl ſchoͤ- ner vorkam, mit groͤſten Appetit davon genoß. So lange die Alte zugegen war, redeten wir von gantz in-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/50
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/50>, abgerufen am 24.11.2024.