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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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mit weinenden Augen, daß ihr Severin schändli-
che Unzucht zugemuthet, und versprochen hätte, sie
auf dem Cap der guten Hoffnung nebst mir, als sei-
ne Kebs-Frau beyzubehalten, allein, sie hatte ihm
ins Angesicht gespyen, davor aber eine derbe Maul-
schelle hinnehmen müssen. Meiner zarten und fast
noch nicht mannbaren Stieff-Tochter, der Ger-
traud,
hatte der Schand-Bock ebenfalls seine Geil-
heit angetragen, und fast Willens gehabt, dieses
sromme Kind zu nothzüchtigen, der Himmel aber
führete mich noch bey Zeiten dahin, diese Unschuldi-
ge zu retten.

Solchergestalt war nun mein Jammer-Stand
abermahls auf der höchsten Stuffe des Unglücks,
die Hülffe des Höchsten aber desto näher. Jch will
aber nicht weiter beschreiben, welchergestalt ich nebst
meiner Tochter und Aufwärterin von den Kindern
und Befreundten des theuren Alt-Vaters Albert
Juhi
aus dieser Angst gerissen und errettet worden,
weil ich doch versichert bin, daß selbiger solches alles
in seiner Geschichts-Beschreibung so wohl, als mein
übriges Schicksal, nebst andern mit aufgezeichnet
hat, sondern hiermit meine Lebens-Beschreibung
schliessen, und das Urtheil darüber andern überlassen.
GOtt und mein Gewissen überzeugen mich keiner
muthwilligen und groben Sünden, wäre ich aber
ja eine lasterhaffte Weibs-Person gewesen/ so hätte
thöricht gehandelt, alles mit solchen Umständen zu
beschreiben, woraus vielleicht mancher etwas schlim-
meres von mir muthmassen könte.

Dieses

mit weinenden Augen, daß ihr Severin ſchaͤndli-
che Unzucht zugemuthet, und verſprochen haͤtte, ſie
auf dem Cap der guten Hoffnung nebſt mir, als ſei-
ne Kebs-Frau beyzubehalten, allein, ſie hatte ihm
ins Angeſicht geſpyen, davor aber eine derbe Maul-
ſchelle hinnehmen muͤſſen. Meiner zarten und faſt
noch nicht mannbaren Stieff-Tochter, der Ger-
traud,
hatte der Schand-Bock ebenfalls ſeine Geil-
heit angetragen, und faſt Willens gehabt, dieſes
ſromme Kind zu nothzuͤchtigen, der Himmel aber
fuͤhrete mich noch bey Zeiten dahin, dieſe Unſchuldi-
ge zu retten.

Solchergeſtalt war nun mein Jammer-Stand
abermahls auf der hoͤchſten Stuffe des Ungluͤcks,
die Huͤlffe des Hoͤchſten aber deſto naͤher. Jch will
aber nicht weiter beſchreiben, welchergeſtalt ich nebſt
meiner Tochter und Aufwaͤrterin von den Kindern
und Befreundten des theuren Alt-Vaters Albert
Juhi
aus dieſer Angſt geriſſen und errettet worden,
weil ich doch verſichert bin, daß ſelbiger ſolches alles
in ſeiner Geſchichts-Beſchreibung ſo wohl, als mein
uͤbriges Schickſal, nebſt andern mit aufgezeichnet
hat, ſondern hiermit meine Lebens-Beſchreibung
ſchlieſſen, und das Urtheil daruͤber andern uͤberlaſſen.
GOtt und mein Gewiſſen uͤberzeugen mich keiner
muthwilligen und groben Suͤnden, waͤre ich aber
ja eine laſterhaffte Weibs-Perſon geweſen/ ſo haͤtte
thoͤricht gehandelt, alles mit ſolchen Umſtaͤnden zu
beſchreiben, woraus vielleicht mancher etwas ſchlim-
meres von mir muthmaſſen koͤnte.

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[415/0429] mit weinenden Augen, daß ihr Severin ſchaͤndli- che Unzucht zugemuthet, und verſprochen haͤtte, ſie auf dem Cap der guten Hoffnung nebſt mir, als ſei- ne Kebs-Frau beyzubehalten, allein, ſie hatte ihm ins Angeſicht geſpyen, davor aber eine derbe Maul- ſchelle hinnehmen muͤſſen. Meiner zarten und faſt noch nicht mannbaren Stieff-Tochter, der Ger- traud, hatte der Schand-Bock ebenfalls ſeine Geil- heit angetragen, und faſt Willens gehabt, dieſes ſromme Kind zu nothzuͤchtigen, der Himmel aber fuͤhrete mich noch bey Zeiten dahin, dieſe Unſchuldi- ge zu retten. Solchergeſtalt war nun mein Jammer-Stand abermahls auf der hoͤchſten Stuffe des Ungluͤcks, die Huͤlffe des Hoͤchſten aber deſto naͤher. Jch will aber nicht weiter beſchreiben, welchergeſtalt ich nebſt meiner Tochter und Aufwaͤrterin von den Kindern und Befreundten des theuren Alt-Vaters Albert Juhi aus dieſer Angſt geriſſen und errettet worden, weil ich doch verſichert bin, daß ſelbiger ſolches alles in ſeiner Geſchichts-Beſchreibung ſo wohl, als mein uͤbriges Schickſal, nebſt andern mit aufgezeichnet hat, ſondern hiermit meine Lebens-Beſchreibung ſchlieſſen, und das Urtheil daruͤber andern uͤberlaſſen. GOtt und mein Gewiſſen uͤberzeugen mich keiner muthwilligen und groben Suͤnden, waͤre ich aber ja eine laſterhaffte Weibs-Perſon geweſen/ ſo haͤtte thoͤricht gehandelt, alles mit ſolchen Umſtaͤnden zu beſchreiben, woraus vielleicht mancher etwas ſchlim- meres von mir muthmaſſen koͤnte. Dieſes

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/429>, abgerufen am 24.11.2024.