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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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gantzes Lebens-Alter wenig Wochen über 24. Jahr
erstreckt, und ich Zeit meines Ehe-Standes nur
zwey Kinder zur Welt gebracht habe. Derowe-
gen würde mich auch nicht wegern, in die andere
Ehe zu treten, allein, mein ungestümer Liebhaber
ist die allerlasterhaffteste Manns-Person von der
Welt, der sich nicht scheuen solte, Mutter, Toch-
ter, und Magd auf einmahl zu lieben, demnach
hat mein Hertz einen recht natürlichen Abscheu vor
seiner Person, ja ich wolte nicht allein meines seel.
Mannes Verlassenschafft, die sich höher als 10000.
Thlr. belauffen soll, sondern noch ein mehreres
darum willig hergeben, wenn ich entweder in Hol-
land, oder an einen andern ehrlichen Orte, in un-
gezwungener Einsamkeit hinzubringen Gelegenheit
finden könte.

Schimmer thut hierauf noch verschiedene Fra-
gen an dieselbe, und da er diese Frau vollkommen
also gesinnet befindet, wie er wünscht, ermahnet
er sie, ihr Hertz in Gedult zu fassen, weil ihrem
Begehren gar leicht ein Genügen geleistet werden
könne, daferne sie sich seiner Tugend und guten
Raths völlig anvertrauen wolle. Nur müste er
vorhero erstlich mit einigen seiner Gesellschaffter von
dieser Sache reden, damit er etwa Morgen um diese
Zeit und auf selbiger Stelle fernere Abrede mit ihr
nehmen könne.

Die tugendhaffte Wittbe fängt hierauf gleich
an, diesen Mann vor einen ihr von GOTT zuge-
schickten menschlichen Engel zu halten, und wischet
mit hertzlichen Vertrauen die Thränen aus ihren
bekümmerten Augen. Schimmer verläst also die-

selbe,

gantzes Lebens-Alter wenig Wochen uͤber 24. Jahr
erſtreckt, und ich Zeit meines Ehe-Standes nur
zwey Kinder zur Welt gebracht habe. Derowe-
gen wuͤrde mich auch nicht wegern, in die andere
Ehe zu treten, allein, mein ungeſtuͤmer Liebhaber
iſt die allerlaſterhaffteſte Manns-Perſon von der
Welt, der ſich nicht ſcheuen ſolte, Mutter, Toch-
ter, und Magd auf einmahl zu lieben, demnach
hat mein Hertz einen recht natuͤrlichen Abſcheu vor
ſeiner Perſon, ja ich wolte nicht allein meines ſeel.
Mannes Verlaſſenſchafft, die ſich hoͤher als 10000.
Thlr. belauffen ſoll, ſondern noch ein mehreres
darum willig hergeben, wenn ich entweder in Hol-
land, oder an einen andern ehrlichen Orte, in un-
gezwungener Einſamkeit hinzubringen Gelegenheit
finden koͤnte.

Schimmer thut hierauf noch verſchiedene Fra-
gen an dieſelbe, und da er dieſe Frau vollkommen
alſo geſinnet befindet, wie er wuͤnſcht, ermahnet
er ſie, ihr Hertz in Gedult zu faſſen, weil ihrem
Begehren gar leicht ein Genuͤgen geleiſtet werden
koͤnne, daferne ſie ſich ſeiner Tugend und guten
Raths voͤllig anvertrauen wolle. Nur muͤſte er
vorhero erſtlich mit einigen ſeiner Geſellſchaffter von
dieſer Sache reden, damit er etwa Morgen um dieſe
Zeit und auf ſelbiger Stelle fernere Abrede mit ihr
nehmen koͤnne.

Die tugendhaffte Wittbe faͤngt hierauf gleich
an, dieſen Mann vor einen ihr von GOTT zuge-
ſchickten menſchlichen Engel zu halten, und wiſchet
mit hertzlichen Vertrauen die Thraͤnen aus ihren
bekuͤmmerten Augen. Schimmer verlaͤſt alſo die-

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[381/0395] gantzes Lebens-Alter wenig Wochen uͤber 24. Jahr erſtreckt, und ich Zeit meines Ehe-Standes nur zwey Kinder zur Welt gebracht habe. Derowe- gen wuͤrde mich auch nicht wegern, in die andere Ehe zu treten, allein, mein ungeſtuͤmer Liebhaber iſt die allerlaſterhaffteſte Manns-Perſon von der Welt, der ſich nicht ſcheuen ſolte, Mutter, Toch- ter, und Magd auf einmahl zu lieben, demnach hat mein Hertz einen recht natuͤrlichen Abſcheu vor ſeiner Perſon, ja ich wolte nicht allein meines ſeel. Mannes Verlaſſenſchafft, die ſich hoͤher als 10000. Thlr. belauffen ſoll, ſondern noch ein mehreres darum willig hergeben, wenn ich entweder in Hol- land, oder an einen andern ehrlichen Orte, in un- gezwungener Einſamkeit hinzubringen Gelegenheit finden koͤnte. Schimmer thut hierauf noch verſchiedene Fra- gen an dieſelbe, und da er dieſe Frau vollkommen alſo geſinnet befindet, wie er wuͤnſcht, ermahnet er ſie, ihr Hertz in Gedult zu faſſen, weil ihrem Begehren gar leicht ein Genuͤgen geleiſtet werden koͤnne, daferne ſie ſich ſeiner Tugend und guten Raths voͤllig anvertrauen wolle. Nur muͤſte er vorhero erſtlich mit einigen ſeiner Geſellſchaffter von dieſer Sache reden, damit er etwa Morgen um dieſe Zeit und auf ſelbiger Stelle fernere Abrede mit ihr nehmen koͤnne. Die tugendhaffte Wittbe faͤngt hierauf gleich an, dieſen Mann vor einen ihr von GOTT zuge- ſchickten menſchlichen Engel zu halten, und wiſchet mit hertzlichen Vertrauen die Thraͤnen aus ihren bekuͤmmerten Augen. Schimmer verlaͤſt alſo die- ſelbe,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/395>, abgerufen am 22.11.2024.