Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

ausser, daß er im 1648ten Jahre noch im guten Stan-
de gelebt hätte. Hergegen wuste Robert, der biß-
hero wenig Worte gemacht, sich noch gantz wohl zu
erinnern, daß er zu der Zeit, als er noch ein Knabe von
12. oder 13. Jahren gewesen, vernommen, wie dem
Banquier Plürs eine Tochter, Nahmens Concor-
dia,
von einem Cavalier entführet worden sey, wo
sie aber hin, oder ob dieselbe wieder zurück gebracht
worden, wisse er nicht eigentlich zu sagen.

Wir berichteten ihnen demnach, daß sie allhier
eben diese Concordia Plürs vor sich sehen, verspra-
chen aber unsere Geschichte morgendes Tages aus-
führlicher zu erzehlen, und legten uns, nachdem wir
die Abend-Beth-Stunde in Englischer Sprache
gehalten, sämtlich zur Ruhe.

Jch nahm mir nebst meiner Hauß-Frauen von
nun an nicht das geringste Bedencken, diesen beyden
Gästen und Landes-Leuten, welchen die Redlichkeit
aus den Augen leuchtete, und denen die GOttes-
furcht sehr angenehm zu seyn schien, alles zu offenba-
ren, was sich von Jugend an, und sonderlich auf die-
ser Jnsul mit uns zugetragen hatte. Nur eintzig
und allein verschwiegen wir ihnen des Don Cyrillo
vermaureten grossen Schätze, hatten aber dennoch
ausser diesem, so viel Reich thümer an Gold, Silber,
edlen Steinen und andern Kostbarkeiten aufzuwei-
sen, daß sie darüber erstauneten, und vermeyneten:
es wäre weder in Engelland, noch sonst wo, ein
Kauffmann, oder wol noch weit grössere Standes-
Person, ausser grossen Potentaten anzutreffen, die
sich bemittelter zeigen könte als wir. Dem ohn-
geacht, gab ich ihnen deutlich zu vernehmen, daß ich

und

auſſer, daß er im 1648ten Jahre noch im guten Stan-
de gelebt haͤtte. Hergegen wuſte Robert, der biß-
hero wenig Worte gemacht, ſich noch gantz wohl zu
erinnern, daß er zu der Zeit, als er noch ein Knabe von
12. oder 13. Jahren geweſen, vernommen, wie dem
Banquier Plürs eine Tochter, Nahmens Concor-
dia,
von einem Cavalier entfuͤhret worden ſey, wo
ſie aber hin, oder ob dieſelbe wieder zuruͤck gebracht
worden, wiſſe er nicht eigentlich zu ſagen.

Wir berichteten ihnen demnach, daß ſie allhier
eben dieſe Concordia Plürs vor ſich ſehen, verſpra-
chen aber unſere Geſchichte morgendes Tages aus-
fuͤhrlicher zu erzehlen, und legten uns, nachdem wir
die Abend-Beth-Stunde in Engliſcher Sprache
gehalten, ſaͤmtlich zur Ruhe.

Jch nahm mir nebſt meiner Hauß-Frauen von
nun an nicht das geringſte Bedencken, dieſen beyden
Gaͤſten und Landes-Leuten, welchen die Redlichkeit
aus den Augen leuchtete, und denen die GOttes-
furcht ſehr angenehm zu ſeyn ſchien, alles zu offenba-
ren, was ſich von Jugend an, und ſonderlich auf die-
ſer Jnſul mit uns zugetragen hatte. Nur eintzig
und allein verſchwiegen wir ihnen des Don Cyrillo
vermaureten groſſen Schaͤtze, hatten aber dennoch
auſſer dieſem, ſo viel Reich thuͤmer an Gold, Silber,
edlen Steinen und andern Koſtbarkeiten aufzuwei-
ſen, daß ſie daruͤber erſtauneten, und vermeyneten:
es waͤre weder in Engelland, noch ſonſt wo, ein
Kauffmann, oder wol noch weit groͤſſere Standes-
Perſon, auſſer groſſen Potentaten anzutreffen, die
ſich bemittelter zeigen koͤnte als wir. Dem ohn-
geacht, gab ich ihnen deutlich zu vernehmen, daß ich

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0310" n="296"/>
au&#x017F;&#x017F;er, daß er im 1648ten Jahre noch im guten Stan-<lb/>
de gelebt ha&#x0364;tte. Hergegen wu&#x017F;te <hi rendition="#aq">Robert,</hi> der biß-<lb/>
hero wenig Worte gemacht, &#x017F;ich noch gantz wohl zu<lb/>
erinnern, daß er zu der Zeit, als er noch ein Knabe von<lb/>
12. oder 13. Jahren gewe&#x017F;en, vernommen, wie dem<lb/><hi rendition="#aq">Banquier Plürs</hi> eine Tochter, Nahmens <hi rendition="#aq">Concor-<lb/>
dia,</hi> von einem <hi rendition="#aq">Cavalier</hi> entfu&#x0364;hret worden &#x017F;ey, wo<lb/>
&#x017F;ie aber hin, oder ob die&#x017F;elbe wieder zuru&#x0364;ck gebracht<lb/>
worden, wi&#x017F;&#x017F;e er nicht eigentlich zu &#x017F;agen.</p><lb/>
        <p>Wir berichteten ihnen demnach, daß &#x017F;ie allhier<lb/>
eben die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Concordia Plürs</hi> vor &#x017F;ich &#x017F;ehen, ver&#x017F;pra-<lb/>
chen aber un&#x017F;ere Ge&#x017F;chichte morgendes Tages aus-<lb/>
fu&#x0364;hrlicher zu erzehlen, und legten uns, nachdem wir<lb/>
die Abend-Beth-Stunde in Engli&#x017F;cher Sprache<lb/>
gehalten, &#x017F;a&#x0364;mtlich zur Ruhe.</p><lb/>
        <p>Jch nahm mir neb&#x017F;t meiner Hauß-Frauen von<lb/>
nun an nicht das gering&#x017F;te Bedencken, die&#x017F;en beyden<lb/>
Ga&#x0364;&#x017F;ten und Landes-Leuten, welchen die Redlichkeit<lb/>
aus den Augen leuchtete, und denen die GOttes-<lb/>
furcht &#x017F;ehr angenehm zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, alles zu offenba-<lb/>
ren, was &#x017F;ich von Jugend an, und &#x017F;onderlich auf die-<lb/>
&#x017F;er Jn&#x017F;ul mit uns zugetragen hatte. Nur eintzig<lb/>
und allein ver&#x017F;chwiegen wir ihnen des <hi rendition="#aq">Don Cyrillo</hi><lb/>
vermaureten gro&#x017F;&#x017F;en Scha&#x0364;tze, hatten aber dennoch<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;em, &#x017F;o viel Reich thu&#x0364;mer an Gold, Silber,<lb/>
edlen Steinen und andern Ko&#x017F;tbarkeiten aufzuwei-<lb/>
&#x017F;en, daß &#x017F;ie daru&#x0364;ber er&#x017F;tauneten, und vermeyneten:<lb/>
es wa&#x0364;re weder in Engelland, noch &#x017F;on&#x017F;t wo, ein<lb/>
Kauffmann, oder wol noch weit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Standes-<lb/>
Per&#x017F;on, au&#x017F;&#x017F;er gro&#x017F;&#x017F;en Potentaten anzutreffen, die<lb/>
&#x017F;ich bemittelter zeigen ko&#x0364;nte als wir. Dem ohn-<lb/>
geacht, gab ich ihnen deutlich zu vernehmen, daß ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0310] auſſer, daß er im 1648ten Jahre noch im guten Stan- de gelebt haͤtte. Hergegen wuſte Robert, der biß- hero wenig Worte gemacht, ſich noch gantz wohl zu erinnern, daß er zu der Zeit, als er noch ein Knabe von 12. oder 13. Jahren geweſen, vernommen, wie dem Banquier Plürs eine Tochter, Nahmens Concor- dia, von einem Cavalier entfuͤhret worden ſey, wo ſie aber hin, oder ob dieſelbe wieder zuruͤck gebracht worden, wiſſe er nicht eigentlich zu ſagen. Wir berichteten ihnen demnach, daß ſie allhier eben dieſe Concordia Plürs vor ſich ſehen, verſpra- chen aber unſere Geſchichte morgendes Tages aus- fuͤhrlicher zu erzehlen, und legten uns, nachdem wir die Abend-Beth-Stunde in Engliſcher Sprache gehalten, ſaͤmtlich zur Ruhe. Jch nahm mir nebſt meiner Hauß-Frauen von nun an nicht das geringſte Bedencken, dieſen beyden Gaͤſten und Landes-Leuten, welchen die Redlichkeit aus den Augen leuchtete, und denen die GOttes- furcht ſehr angenehm zu ſeyn ſchien, alles zu offenba- ren, was ſich von Jugend an, und ſonderlich auf die- ſer Jnſul mit uns zugetragen hatte. Nur eintzig und allein verſchwiegen wir ihnen des Don Cyrillo vermaureten groſſen Schaͤtze, hatten aber dennoch auſſer dieſem, ſo viel Reich thuͤmer an Gold, Silber, edlen Steinen und andern Koſtbarkeiten aufzuwei- ſen, daß ſie daruͤber erſtauneten, und vermeyneten: es waͤre weder in Engelland, noch ſonſt wo, ein Kauffmann, oder wol noch weit groͤſſere Standes- Perſon, auſſer groſſen Potentaten anzutreffen, die ſich bemittelter zeigen koͤnte als wir. Dem ohn- geacht, gab ich ihnen deutlich zu vernehmen, daß ich und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/310
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/310>, abgerufen am 24.11.2024.